Richard Holden: Korinth und die Sekten (1877)


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In Korinth gab es in den Tagen der Apostel eine Anzahl Leute, welche dem Evangelium geglaubt hatten; welche durch den Heiligen Geist wiedergeboren, aus Juden und Heiden gesammelt, durch Ihn zu „einem Leibe" getauft und in dem Namen Jesu vereinigt waren.

An jedem ersten Tag der Woche (von andern Gelegenheiten nicht zu sprechen), waren diese durch den gleichen Heiligen Geist mit einander „versammelt" im Namen des Herrn (Matth. 18, 20. 1. Kor. 5, 4), denn Er hatte versprochen, dass, wenn sie so versammelt seien, Er in ihrer Mitte sein würde, und, als durch den Heiligen Geist versammelt, vereinigten sie sich oder kamen zusammen, um dem Herrn zu begegnen (1. Kor. 14, 23; 26. Hebr. 10, 25).

Sie versammelten sich nicht als eine freiwillige, von Menschen ins Leben gerufene oder gegründete Gesellschaft, sondern als die Kirche oder Versammlung Gottes (1. Kor. 12, als eine Gemeinde oder ein Körper, den Er gebildet hatte, worin alle sich an den besonderen Plätzen befanden, an welche sie nicht durch eigene Wahl, sondern durch Ihn gesetzt worden waren (1. Kor. 12, 18). In allem diesem hatten sie weder Freiheit noch Recht zu wählen; auch war bis zu jener Zeit in dieser Stadt nichts anderes unter christlichem Namen vorhanden, was sie hätte versuchen können, irgend eine andere Stellung einzunehmen.

Wir wissen aus Apostelgeschichte 18, dass der Apostel Paulus das Werkzeug des Heiligen Geistes für die ursprüngliche Berufung dieser Versammlung gewesen war. Ebenso wissen wir aus Stellen in seinen Briefen (1. Kor. 12, 8—11; 29; 30. 14, 13; 23 ff.), dass sich in ihrer Mitte wenigstens einige der Klassen von begabten Personen befanden, von denen der Apostel ihnen erklärte, dass Gott solche in die Versammlung gesetzt hatte (1. Kor. 12, 28).

Es scheint indessen nicht, dass sie unter sich etwas hatten gleich dem, was unter „regelmäßigem" oder „eingesetztem Dienst oder Amt" verstanden wird. Wir finden keine Anspielung weder in der Apostelgeschichte noch in den Episteln auf irgendetwas wie „Geistlicher" oder „Vorsitzender Ältester", oder irgend eine andere Amtsperson, die in ihren Versammlungen die Gottesdienste leitete oder ordnete, oder an dem Tisch des Herrn den Vorsitz führte. Dass keine solche Persönlichkeit vorhanden war, ist augenscheinlich, erstens aus dem Nichtvorhandensein jeglicher bezüglichen Anspielung in den Zurechtweisungen, Belehrungen und Grüßen des Apostels, zweitens aus der Tatsache, die klar aus dem ganzen Ton der Ermahnungen und Belehrungen des Apostels in Kap. 12—14 hervorgeht, nämlich dass die freie Ausübung des Dienstes in ihren Versammlungen gar nicht durch die Gegenwart irgendwelcher Autoritätsperson gehindert war.

Wir sehen ferner klar aus den Episteln, dass, obgleich diese Leute von dem Heiligen Geiste „Heilige" genannt wurden, doch noch immer in und unter ihnen ein schlechtes Element vorhanden war, das in der Schrift „Fleisch" genannt wird und das auch seine Gegenwart durch wenigstens einige der Werke kundtat, welche der Apostel in Gal. 5, 19—21 als demselben eigen bezeichnet. In Kap. 5 seines ersten Briefes an sie hatte er sie für eines der hässlichsten Werke desselben zu tadeln und sie vor verschiedenen andern zu warnen. In Kap. 11, 21 musste er sie noch eines andern beschuldigen — der Trunkenheit, und zwar der Trunkenheit und Unmäßigkeit unter Umständen und an einem Orte, die sie als äußerst schrecklich erscheinen ließen: am Tisch des Herrn. In Kap. 1, 11 hatte er ihnen „Streitigkeiten" zu verweisen, in Kap. 3, 3 „Eifer, Streit und Zwietracht", in Kap. 4, 19 „Aufgeblasenheit", in Kap. 6, 1, dass sie mit den Brüdern vor Gericht gingen, in Kap. 11 und 14 solche Missbräuche des Dienstes und des Abendmahls des Herrn, dass ihr Zusammenkommen „nicht zum Bessern, sondern zum Schlechtem" gereichte, indem „Spaltungen" unter ihnen waren (1. Kor. 11,17; 18). Den Frauen war es gestattet, in den Versammlungen das Wort zu nehmen, und Worte zur Erbauung wurden verdrängt durch die Sucht in Sprachen zu glänzen, und eine ungeziemende Unordnung in dem Gebrauch der Prophezeiungen bewies, dass sie nicht im Geiste wandelten, da „Gott nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens" ist.

Es scheint ferner, dass diese „Streitigkeiten" und „Spaltungen" anfingen, die Form von Parteien anzunehmen, indem die Christen sich unter verschiedenen Namen, wie Paulus, Apollos, Kephas zusammentaten, ja selbst der heilige Name Christi wurde unter ihnen zu einem Parteinamen gemacht.

Aus dem Schweigen über diesen Gegenstand in der zweiten Epistel an sie ergibt sich als ziemlich gewiss, dass die Ermahnung des Apostels nicht ohne Wirkung blieb, sondern, was sehr erfreulich war, die Entwicklung dieses sektiererischen Geistes unterdrückte, ehe es zu offenem Bruche kam.

Stellen wir uns indessen den Zustand der Dinge vor, wie er eingetreten wäre, wenn die Korinther der Ermahnung des Apostels nicht gehorcht hätten. Dies mag uns einige wichtige Grundsätze verstehen helfen, die auf unsere eigene Stellung Bezug haben.

Setzen wir voraus, dass die Spaltungen in Korinth zuletzt so weit gediehen waren, dass an einem gewissen ersten Tag der Woche alle diese von dem Apostel Genannten sich entschieden hätten, getrennt von den andern, an einem besonderen Orte sich zu versammeln. An jenem Tage also würde man, außer der einen ursprünglichen Versammlung, mit der wir bis dahin beschäftigt waren, in Korinth noch vier andere gefunden haben, jede in ihrem eigenen Gebäude und unter ihrem besonderen Namen von Paulisten, Apollisten, Kephiten und Christiten. Wie würden nun die Sachen stehen und wie wären diese fünf Versammlungen zu beurteilen?

Erstens würden demnach vier verschiedene Versammlungen vorhanden sein, jede mit einem besonderen, zu dem Zwecke angenommenen Namen, sich dadurch von allen andern Christen in Korinth zu unterscheiden. Nicht dass sie dem Christennamen entsagt hätten; sie nennen sich selbst immer noch darnach; aber sie wünschen sich nun von ihren Mitchristen, von deren Gemeinschaft sie sich losgemacht, zu unterscheiden und sie auch aus ihrer Gemeinschaft auszuschließen, insofern sie sich mit ihnen auf ihrem Standpunkt nicht vereinigen wollen. Einmal geistig getrennt, hatten sie nun neben dem Namen von Christen noch einen andern nötig, um sich zu bezeichnen. Vorher genügte dieser Name, um sie von Juden und Heiden zu unterscheiden, jetzt aber wünschen sie Christen von Christen zu unterscheiden. Sie sind noch immer Christen, aber Christen von einer besonderen Art, sie sind Paulistische und apollistische Christen u. s. w. Und wären sie dann auch örtlich getrennt gewesen, und hätten ihre eigenen Versammlungsorte gehabt, so würden auch diese den Namen derjenigen bekommen haben, die sich darin versammelten, und so würden das Paulistische Versammlungshaus und die apollistische Kapelle, oder wie immer sie dieselben genannt hätten, entstanden sein.

Der Grundsatz, nach welchem Leute sich in einem gewissen Versammlungsort zusammenfinden, ist die Ursache, warum sie sich gerade dort versammeln. Die Heiligen oder Brüder in Korinth versammelten sich bis dahin an einem Orte, weil sie alle einen gemeinsamen Zweck, einen gemeinsamen Mittelpunkt hatten. Ihr Zweck war, sich um den Herrn zu vereinigen, Ihm zu begegnen; ihr Name war der Name Christi, der Mittelpunkt, um den sie versammelt waren, Christus. Dieser Name, Zweck und Mittelpunkt trennte sie vom Heidentum und unterschied sie von diesem auf der einen und vom Judentum auf der andern Seite.

Einmal aber getrennt, würden die Ursachen, warum sie an verschiedenen Orten sich zusammengefunden anstatt an einem Orte und auf einem gemeinsamen Grund, ganz verschiedene gewesen sein.

Wenn ein Paulist an einem Sonntagmorgen auf seinem Gang in das paulistische Versammlungshaus gefragt worden wäre, warum er dorthin gehe anstatt dahin, wohin er bis jetzt gewohntermaßen ging, so müsste seine ehrliche Antwort gewesen sein, weil er ein Paulist sei, und weil die Paulisten sich dort versammeln. Sie versammelten sich nun eben als Paulisten, in dem Namen Pauli. Sie hatten ihr Christentum nicht weggeworfen und würden immer noch darauf bestanden haben, als Christen anerkannt zu werden; aber sie hatten ihrem Christentum etwas hinzugefügt. Vorausgesetzt auch, dass es nichts weiter als ein Name war, so führte dies doch eine neue Art von Christentum ein, einen neuen Grund, worauf man sich versammelte; es war nicht das, was von Anfang war und daher nicht das Christentum Christi auf dem Grunde Gottes. Wären diese Paulisten zufrieden gewesen mit dem Christentum wie Gott es gab, so hätten sie weder einen neuen Namen noch einen neuen Versammlungsort nötig gehabt, sondern sich mit dem alten Namen und Versammlungsort begnügt. Es war die neue Sache, der neue Standpunkt gegenüber ihren Mitchristen, der neue Grund, auf dem man sich versammelte, wodurch der neue Name entstand. Der Standpunkt dieser Paulisten gegenüber den noch immer auf dem ursprünglichen Grund Feststehenden, sowie gegenüber den andern würde dieser gewesen sein:

Gegenüber beiden würden sie behauptet haben: Wir sind so gut Christen wie ihr; wir versammeln uns im Namen des Herrn ebensowohl wie ihr und kommen auch für den ganz gleichen Zweck zusammen. Wir ziehen uns von euch, die ihr höchst unverständig darauf beharrt, euch nur Christen zu nennen, nur zurück, weil wir es für gut halten, in unsre Kirchenordnung und unsern Dienst einige kleine Veränderungen einzuführen, die, wie wir ganz gewiss glauben, Paulus billigen würde, obschon er sie nicht vorgeschrieben haben mag. Und da ihr dies nicht dulden und nicht Gemeinschaft mit uns darin haben wollt, so halten wir es für das Beste, euch eurem eignen Willen zu überlassen und sagen euch „Lebewohl", wir alle, die wir in der Sache übereinstimmen, und versammeln uns nun, wo wir Freiheit haben, in diesem Punkt zu handeln wie es uns gefällt. Und um uns von euch und von andern zu unterscheiden, die sich aus verschiedenen Gründen von euch getrennt haben, nennen wir uns Paulisten, d. h. Paulistische Christen. Wir sind so gut Christen wie ihr; nur ist dieser Name allein jetzt kaum genügend für unsre Benennung, man würde uns mit euch verwechseln. — Was nun euch andere betrifft, die ihr euch Apollisten oder Kephiten nennt, so anerkennen wir völlig eure Freiheit, zu tun was euch gefällt, sowohl wie wir es tun; jedoch scheint es uns nicht, dass die Veränderungen, die ihr in der alten Ordnung gemacht habt, so gut sind wie die unsrigen, und so, seht ihr, können wir auch mit euch nicht gemeinschaftlich weiter gehen, obschon wir weniger an euch auszusetzen haben als an jenen andern, engherzigen Leuten, die nicht einen Zoll von dem abgehen wollen, was sie für sich niedergeschrieben finden. Wir müssen uns eben darein finden, verschiedener Meinung zu sein, und uns getrennt, in unsern besonderen Lokalen und unter unsern besonderen Namen zu versammeln.

Jedoch möchten wir dabei nicht engherzig sein, und wir werden gern erlauben, dass irgendjemand von euch manchmal zu uns komme und an unserm Abendmahlstisch sitze, und vielleicht werden ebenso einige von uns manchmal euch besuchen, um der Welt zu zeigen, dass wir, obgleich getrennt, doch immer noch Eins sind. Wir würden ganz willig gegenüber diesen andern Leuten das Gleiche tun; aber ausschließlich und engherzig, wie sie sind, wollen sie nicht solche Höflichkeiten mit uns wechseln.

Dies würde notwendigerweise der Standpunkt jeder dieser neuen Körperschaften oder Gemeinschaften gegenüber den andern gewesen sein. — Und welches derjenige der ursprünglichen Körperschaft?

Gewiss würden sie Folgendes zu diesen sich Absondernden gesagt haben: Wir haben den Brief Pauli in Händen, in welchem er uns vor Namen, Parteiungen und Trennungen warnt, und uns sagt, dass „der Leib Einer sei", und dass nach Gottes Gedanke und Wunsch „keine Spaltung im Leibe" sein dürfe, da Er ihn selbst geformt habe durch den Heiligen Geist, und ihn „zusammengefügt" und „die Glieder gesetzt habe, ein jegliches am Leibe wie Er gewollt hat". Wir können daher nicht unsere Beistimmung zu dem Versuch geben, Verbesserungen an dem anzubringen, was Gott getan hat. Wenn Er diese Dinge, die ihr eingeführt habt, für nötig und gut erachtet hätte, so würde er sie uns gezeigt haben, und wir würden sie in irgend einem Teile seines Wortes erwähnt finden. So lange Paulus hier war, konnten wir uns auf ihn berufen, aber obschon er jetzt fort ist, so haben wir doch seine Schriften und die der andern Apostel, und können nicht Veränderungen billigen, die nicht auf diese gegründet sind. Würden wir es tun, so würden wir uns von dem Grund entfernen, auf den Gott uns gesetzt hat. Wir verneinen nicht, dass ihr ganz gute Absichten haben mögt und aufrichtig seid in dem, was ihr angenommen habt, und wir müssen zu unserer Schande und unserm Kummer anerkennen, dass die Unordnungen, die von Zeit zu Zeit durch Mangel an Selbstgericht und fleischliche Nachlässigkeit unter uns entstanden sind, zur Trauer Anlass geben. Wir anerkennen völlig, dass das Vorkommen von Trunkenheit und solcherlei Unordnung am Tisch des Herrn schändlich ist, und dass ihr gute Ursache habt, es tief zu fühlen. Aber wenn ihr, als Heilmittel dagegen, etwas erfindet und einführt, wozu euch das Wort gar keine Berechtigung gibt, und wenn ihr eine Person wählt, die am Tische des Herrn den Vorsitz führt und das auszuteilen hat, was ihr nun ein Sakrament nennt, so ist es offenbar, liebe Brüder, dass wir unmöglich mit euch darin einig gehen oder die geringste Gemeinschaft mit euch darin haben können. Ihr erhebt euch gegen Gottes Anordnung, und ohne seine Befehle können wir nicht handeln. Würden wir es tun, so würden wir uns von dem Grund entfernen, auf den Er uns gesetzt, und daher aufhören, den wahren Platz der Versammlung Gottes auf der Erde einzunehmen.

Im Augenblick, da wir unsrer Weisheit oder unserm Willen erlauben würden, unsre Organisationen zu gestalten, würden wir zu einer freiwilligen Gesellschaft herabsinken, in welcher der Wille des Menschen tätig wäre, während wir als Versammlung Gottes, als eine Gesellschaft, die Er gebildet hat, und deren Organisation von Ihm kommt, keinen andern Willen als den seinigen anerkennen oder befolgen können in irgendetwas, was unsre Ordnung oder den Grund betrifft, worauf wir stehen.

Ferner, wenn einige von euch der Ansicht sind, man sollte, um Missbräuche im Dienste des Wortes, Unwissenheit oder Schwerfälligkeit im Sprechen, Eifersucht und ähnliche Dinge zu verhindern, eine besondere Klasse von Personen zum Dienst erziehen und ordinieren, um ihnen alle gottesdienstlichen Handlungen zu übertragen: so zweifeln wir auch hierin nicht, dass ihr es gut dabei meint, und nach menschlichen Ideen über Schicklichkeit scheint dies das Geeignete zu sein. Aber wir haben kein Wort von Gott über eine solche Einrichtung, und wir wagen nicht darüber hinauszugehen und menschliche Schicklichkeit an die Stelle von göttlicher Anordnung zu setzen. Wir zittern davor, über den Wunsch und Willen des Herrn hinauszugehen. Wir können nicht vergessen, wie diese Übelstände, die ihr jetzt zu verbessern sucht, sich schon früher zeigten, und ihr wisst, wie uns Paulus in seinem ersten Brief sehr darüber getadelt hat. Und wenn die Einrichtungen, die ihr nun angenommen habt, das Beste oder nach dem Sinne Gottes wären, so würde er durch den Geist geleitet worden sein, das Nötige unter uns einzurichten; aber da er das nicht tat, so können wir es ebenso wenig tun. Obschon es uns sehr schmerzt, dass ihr euch aus solchen Gründen von uns trennt — und wir fühlen, dass es den Herrn sehr verunehrt — so wagen wir doch nicht, selbst eine so köstliche Sache wie die Einheit auf Kosten der Wahrheit und der wichtigsten Grundsätze unsers Charakters als „Versammlung Gottes" zu erkaufen. Eure neuerfundenen Organisationen setzen tatsächlich Gottes eigene Organisation bei Seite; er hat den „einen Leib" organisiert wie es Ihm gefallen hat, und uns in seinem Wort die vollständige Offenbarung seines Willens darüber gelassen. Wenn ihr euch in besondere, selbst organisierte Körperschaften auflöst, so macht ihr Gottes Wort, dass „der Leib einer ist", zum Lügner, und wir können weder Teil mit euch haben in irgend einer solchen Stellung, noch euch darin anerkennen. Ihr nennt uns engherzig und ausschließlich, weil wir nicht Gemeinschaft mit euch haben können an diesen Tischen, die ihr aufgerichtet habt; aber wir müssen unserm Herrn treu sein, was für Schmach es auch über uns bringen mag.

Was nun euch betrifft, die ihr Auslegung des Wortes in Bezug auf Lehrsätze zum Grund eurer Trennung von andern und eurer gegenseitigen Vereinigung macht, so können wir ebenso wenig mit euch gehen als mit den Übrigen. Wir geben zu, dass es sehr schlecht ist, wenn wir über den Sinn des Wortes Gottes verschiedener Ansicht sind, und wir denken, es müsse da, wo Verschiedenheit des Urteils herrscht, Sünde und der verfinsternde Einfluss des Fleisches auf dieser oder jener Seite vorhanden sein, da das Wort Gottes nur eine Bedeutung haben kann. Wir sind wohl eingedenk der feierlichen Ermahnung des Apostels, dass wir „alle dasselbe reden", „einerlei gesinnt sein, dieselbe Liebe haben, einmütig, eines Sinnes" sein sollen; aber nicht weniger erinnern wir uns daran, dass das Wort uns gegeben ist, nicht damit diejenigen sich in Sekten zusammen tun sollen, die in ihren bezüglichen Gedanken und Urteilen übereinstimmen, sondern damit „keine Spaltung" unter uns sei. Es scheint ein verkehrtes Verfahren, wenn wir uns durch unsern Eifer für Gleichgesinntheit über schwierige Punkte in Lehre und Auslegung dahin leiten lassen, gerade das zu tun, für dessen Verhütung so sehr auf Gleichgesinntheit gedrungen ward. Wo das Wort Gottes einfach, in klarer, bestimmter Weise spricht, zögern wir nicht, uns zu unterwerfen, können es aber durchaus nicht tun, wo es sich darum handelt, die aus dem Wort gezogenen Folgerungen des Menschen auf eine Höhe mit diesem selbst zu stellen. Wir sehen, dass ihr euch auf Grund eurer festen Überzeugung von der Gesundheit gewisser Folgerungen, welche ihr aus gewissen Schriftstellen zieht, in zwei Parteien trennt, die sich voneinander und von uns abschließen, und unter ihren bezüglichen Parteinamen selbstorganisierte, besondere Körperschaften (Gemeinschaften) bilden. Ihr haltet diese eure Meinungen ohne Zweifel für sehr wichtig und seid in eurem Herzen fest überzeugt, ihr tuet recht und euer Weg sei Gottes Weg. Aber ihr scheint die Tatsache ganz zu übersehen, dass ihr in eurem Eifer für die Wahrheit solcher Folgerungen dahin gelangt, klare und festgestellte Wahrheit mit Füßen zu treten; denn Gott hat Trennungen klar verboten, und ihr trennt euch voneinander. Zu unserm Kummer müssen wir nun freilich anerkennen, dass wir gegenwärtig nicht alle eines Urteils über diese Punkte sein können, und solche unter uns haben, die es mit der einen oder andern eurer Parteien halten; aber wir können, ja dürfen dieses Übel nicht zu heilen suchen durch Ausübung von Zwang gegen das Gewissen unserer Brüder. Gewiss entspringen unerfreuliche Zustände aus dem Mangel an Übereinstimmung über diese Punkte; aber wir dürfen die Sachen nicht in unsere Hände nehmen, wie ihr getan habt, und es uns bequemer machen, indem wir Sekten für uns organisieren und uns mit denjenigen verbinden, welche denken wie wir. Das ist nicht Gottes Heilmittel, sondern das des Menschen, und indem ihr es ergriffen, liebe Brüder, seid ihr zu „Sekten" geworden und habt euch von Gottes Grund entfernt, so dass wir, wenn wir treu sein wollen, nichts mit euern Organisationen zu tun haben können, da Gottes Wort uns in dem Brief Pauli an die Römer (Kap. 16, 17) sagt, wir sollen Acht haben auf die, welche Zwiespalt anrichten, und uns von ihnen abwenden.

So, liebe Brüder, müssen wir zu jedem einzelnen von euch und zu euch allen sagen: Wir anerkennen euch persönlich als unsre Mitchristen und Brüder im Herrn, und werden uns freuen, euch wieder an eurem Platz in der Versammlung Gottes und am Tisch des Herrn willkommen zu heißen. Aber wir können uns weder mit euch auf dem Grund eurer neuen Körperschaften (Gemeinschaften), Organisationen und Namen vereinigen, noch euch darin anerkennen. Wir werden durch die Gnade Gottes unentwegt da bleiben, wo er selbst uns hingesetzt hat, in der Einheit des Leibes Christi, werden keine Veränderungen einführen, sondern uns fest an das geschriebene Wort halten in allem, was unser Versammeln betrifft, indem wir zu gleicher Zeit den Brüdern in Dingen, worin Gott uns nichts Besonderes vorgeschrieben, Freiheit lassen, wie im Brief Pauli an die Römer Er selbst uns tun lehrt (Kap. 14, 1 — 5).

Und was die Mängel unter uns betrifft, so wollen wir sie weder entschuldigen noch ihr Vorhandensein leugnen, sondern wir wollen suchen uns vor dem Herrn darüber zu demütigen und Ihn um Gnade zu bitten, damit wir nach seiner eigenen göttlichen Anweisung gegen dieselben Vorgehen können. Würden sie zu irgendwelcher Zeit die Form von Irrlehre annehmen und die Grundwahrheiten der „Lehre des Christus" angreifen, so würden wir damit verfahren, wie Johannes uns in seinem zweiten Briefe Anweisung gibt. Und sollten sie den Charakter der Dinge annehmen, über die Paulus im fünften Kapitel seines ersten Briefes an uns schreibt, so würden wir um Kraft bitten, damit verfahren zu können wie er uns befiehlt, und wie wir es schon taten in der Sache, über die er spricht. Was untergeordnetere Dinge betrifft, so wollen wir unter Gebet, unter Treue gegen einander und unter Selbstgericht darnach streben, das Fleisch darnieder zu halten und seine bösen Werke zu verhindern.

Hier haben wir also, nach unsrer Voraussetzung, in der Stadt Korinth fünf verschiedene Versammlungen von Christen: die eine von ihnen hält fest an dem Namen, dem Grund und der Ordnung, in die sie am Anfang von Gott gesetzt worden waren; die andern vier sind Parteien oder Sekten, getrennt von dem ursprünglichen Grund, damit sie eine besondere Ordnung oder Ansicht in Bezug auf Lehre aufrecht halten könnten, die man als wichtig genug erachtete, um sie zu einem Gemeinschaftsgrund zu machen — zu einer Umzäunung, welche diejenigen, die damit übereinstimmten, auf der einen Seite einschloss und diejenigen, die dies nicht taten, auf der andern von voller Gemeinschaft und Vereinigung ausschloss. Dies ist der Unterschied zwischen göttlichem und sektiererischem Gemeinschaftsgrund.

Gottes Grund der Gemeinschaft schließt alle ein, welche Gott als Einzuschließende bezeichnet, nämlich alle wahren Kinder Gottes, die nicht von ketzerischer Lehre angesteckt oder in Verbindung mit solchen sind, welche dieselben haben, und die ferner nicht durch unheiliges Leben verunreinigt sind. Er schließt alle aus, die nicht Gottes Kinder sind, und auch solche von seinen Kindern, die sich mit Bösem in Bezug aus Lehre oder Wandel befleckt haben.

Sektiererischer Grund der Gemeinschaft schließt alle ein, welche der Mensch einzuschließen wünscht, nämlich diejenigen, welche übereinstimmend die besondere Ordnung oder Lehre annehmen. Er schließt alle aus, welche sich weigern, dies zu tun[1]. Der Grad, in welchem Gottes eigene Vorschriften in Bezug auf Gemeinschaft beachtet werden, mag ein verschiedener sein. Einige mögen darauf bestehen, nur wahre Kinder Gottes unter sich zu haben, welche ihre Grundsätze angenommen haben, andre mögen ohne Unterschied alle Annehmenden zulassen. In jedem Fall aber, wo man auf sektiererischem Grund steht, ist nicht rein und einfach das Christentum der Mitglieder, sondern vielmehr die Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Sekte der Grund der Gemeinschaft oder Vereinigung.

Stellen wir uns nun vor, dass der Apostel einmal am Tag des Herrn Korinth besuchte, als dieser Zustand der Dinge existierte. Wie würde er gehandelt haben? Wohin würde er gegangen sein, um das Brot zu brechen? Sicher kann man nicht einen Augenblick im Ernst dies fragen. Er würde die ursprüngliche Versammlung ausgesucht haben, die er selbst gegründet, und zu der er als zu der „Versammlung Gottes, die in Korinth ist" gesprochen hatte. Würde er irgendwie diese getrennten Körper anerkannt haben? Ich denke nicht. Ich kann mir vorstellen, mit welcher Energie er gegen ihren Ungehorsam gezeugt, und wie unbeugsam er Gottes Grund aufrecht gehalten hätte, wären sie zu ihm gekommen, um ihn zu ihren Versammlungen und zu ihren Abendmahlstischen einzuladen. Und würden sie ihm vielleicht gesagt haben, dass er es an christlicher Liebe fehlen lasse und ihr Christentum in Frage stelle und die Gemeinschaft vieler lieber Kinder Gottes zurückweise, indem er sich weigere sie anzuerkennen, so kann ich mir denken, wie er sich an sie gewendet und sie angeredet haben würde: Dass ihr Christen, Kinder Gottes seid, verneine ich nicht, noch zweifle ich daran. Aber ihr seid unartige, ungehorsame, eigenwillige, vermessene Kinder. Ihr habt euch selbst für weiser gehalten als Gott, und in der Meinung, ihr seiet fähig, an dem zu verbessern, was Er euch als vollkommen gegeben hat, habt ihr seine Ordnung mit Füßen getreten und in einer höchst offenkundigen Weise die christliche Liebe und Gemeinschaft verletzt, die ihr auszuüben vorgebt und die ich, wie ihr mich tadelt, vernachlässigen soll. Wisst ihr nicht, dass ich euch durch den Heiligen Geist schrieb: „Die Liebe freuet sich nicht mit der Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber mit der Wahrheit?" Und ihr, die ihr unrechter Weise euch von der Wahrheit Gottes entfernt habt, möchtet nun, dass ich aus Liebe die Augen zudrücke über eure Ungerechtigkeiten und mit euch Gemeinschaft darin habe? Nein, Brüder, ich weiß besser, was christliche Liebe ist, und die wahrste, aufrichtigste, heiligste Liebe, die ich euch zeigen kann, ist, dass ich protestiere wider eueren Ungehorsam gegen Gott, mich fern von euch halte, wie ich es auch tue, bis ihr euch von euerm Übeln Tun abwendet, jede eurer Erfindungen bei Seite legt und zu dem einfachen Grunde Gottes und seiner Kirche zurückkehrt. Ich liebe euch und meinen Herrn zu sehr, als dass ich mich mit euch vereinigen könnte, ehe ihr dieses tut. Ich freue mich, dass ich euch persönlich als Brüder im Herrn, obschon irrende Brüder, betrachten kann, aber eure Organisationen will ich weder anerkennen, noch etwas damit zu tun haben. Weg mit denselben!

Vielleicht aber wendet der Leser nun ein: Gut, wir anerkennen dies alles als wahr. Es würde ohne Zweifel alles ziemlich so gewesen sein in dem Fall, der vorausgesetzt wurde; aber dieser Fall läuft nicht auf eins heraus mit demjenigen, auf welchen man ihn anwenden will. Ihr sagt, dass die ganze Kirche sich von Gottes Grund entfernt habe, und es gab, als ihr anfingt euch zu versammeln, keine Versammlung, die noch auf diesem Grund stand. So lange dies der Fall war, war die Sache leicht und einfach genug, jetzt aber ist sie verschieden.

Nun ich bin ganz bereit, diese Verschiedenheit zwischen den beiden Fällen anzuerkennen, obschon dies in Wirklichkeit den Grundsatz nicht angreift. Will man mir indessen erlauben, die Sache ein wenig weiter auszuführen, so werde ich meinen Lesern zeigen, dass jene beiden Fälle wirklich auf eins hinauslaufen.

Wir nehmen unsern vorausgesetzten Fall wieder auf, wie wir ihn verlassen haben, nämlich Korinth mit einer ursprünglichen und vier sektiererischen Versammlungen. Wir nehmen ferner an, dass diese Seelen aus wirklich ernsten Leuten bestehen, die in ihrer Weise einen aufrichtigen Eifer für Christum und eine wahre Liebe zu den Seelen haben. Ihr Eifer leitet sie zu ernsten Missions-Unternehmungen, und sie verbreiten die Wahrheit des Evangeliums, begleitet vom Segen des Herrn, indem Seelen durch sie errettet werden, die von ihnen natürlich nach ihren speziellen Grundsätzen belehrt und unter besonderen Formen und Namen als Körperschaften (Gemeinschaften), Kirchen oder Versammlungen organisiert werden. Nehmen wir an, dass alle vier in einer gewissen Stadt, in einem weit von Korinth entfernten Land, wo das Christentum vorher unbekannt war, ihre Versammlungen gegründet haben, in denen sich einige Hundert Bekehrte befinden. Diese Bekehrten haben, wie es natürlich ist, ihre Ideen über das Christentum von denjenigen bekommen, von welchen sie dieses selbst empfingen, und obschon die Schrift in ihre Hände gelegt wurde, haben sie doch diejenigen Auslegungen derselben angenommen, die ihre Lehrer ihnen gaben. Und so gehen sie glücklich in ihren bezüglichen Gemeinschaften vorwärts, indem sie vielleicht gelegentlich ein wenig Disput miteinander führen in Bezug auf Punkte, in denen sie verschiedener Ansicht sind.

Ein ernster, die Schrift erforschender Kephite indessen fängt eines Tages während seines Lesens an, die Entdeckung zu machen, dass nicht alles so im richtigen Geleise sei, wie er gelehrt worden war es anzunehmen. Er findet in der Schrift, dass der Leib Christi einer und dass Trennung Sünde ist. Er denkt nach, er liest und betet, und die Überzeugung in ihm wird immer tiefer, dass die Dinge außer der Ordnung sind. Er sucht sich Einsicht in die verschiedenen Kirchen-Systeme zu verschaffen und kann erkennen, dass die Punkte, die sie voneinander trennen, gar keine solchen sind, welche im Wort Gottes gefunden werden, und dass über die letztem gar nicht so viel Meinungsverschiedenheit herrscht, als über diejenigen, welche keinen Platz im Worte haben. Er beginnt bald ein wenig darüber mit andern zu sprechen, wird aber nur verwundert angeschaut oder ausgelacht. Einige denken, dass der gegenwärtige Zustand ganz ein rechter sei. Andere geben das Vorhandensein von viel Bösem zu, glauben aber eben an keine Abhülfe. Niemand scheint bereit, durch Suchen nach der Wahrheit und durch Handeln darnach seiner Frage entgegenzukommen. Das Gewissen des Mannes wird beschwert und beunruhigt. Je mehr er liest und betet, desto schlimmer erscheint ihm die Sache, bis er eines Tages zu der Stelle im zweiten Brief Pauli an Timotheus kommt, wo befohlen ist, dass „jeder, der den Namen des Herrn nennt, abstehe von der Ungerechtigkeit" (Kap. 2, 19). Er kann nicht zweifeln, dass es Ungerechtigkeit ist, zu tun was Gott verbietet, und so scheint es ihm, als müsste er sich von seinen gegenwärtigen Verbindungen trennen, die, wie er jetzt erkennt, ganz auf falschem Boden stehen. Aber was soll er dann tun, wohin soll er gehen? Er hat nie von etwas anderem gehört, weiß nicht, ob noch irgendwelche der ursprünglichen Kirchen bestehen, oder ob alle den gleichen Weg gegangen sind. Er ist sehr ratlos und verlegen. Der Sonntagmorgen kommt und er muss sich entscheiden, ob er wieder an den Ort gehen kann oder nicht, gegen den sein Gewissen endlich entschieden gesprochen hat. Er fühlt, dass er es nicht tun kann, und bleibt daher ruhig in seinem Zimmer, allein mit Gott und seinem Wort (Apg. 20, 32).

Bald darauf begegnet er einem Paulisten, mit dem er früher etwas bekannt war, aber den er für einige Zeit nicht gesehen hat. Da er ihn als einen gottesfürchtigen, den Herrn liebenden, obschon einer andern Gemeinschaft angehörenden Christen kennt, so grüßt er ihn, um einige Worte mit ihm zu wechseln. Mit einigem Zögern beginnt er von der Sache zu sprechen, um welcher willen er so viele harte Worte von den Mitgliedern seiner eigenen Sekte hatte hinnehmen müssen, und zu seinem Erstaunen wird ihm eine herzliche Antwort zu teil. Er findet, dass sein Freund in ähnlicher Weise wie er selbst geübt worden sei und erfährt, dass dieser ebenfalls letzten Sonntag von seinem gewöhnlichen Platz fern geblieben und die Zeit allein zugebracht habe. Die Frage steigt zwischen ihnen auf: Könnten wir nicht nächsten Sonntag zusammenkommen und, nach der Einfachheit des Wortes, des Herrn gedenken? Sie sehen keinen Grund, warum sie dieses nicht tun sollten, und so entscheiden sie sich dafür. Ehe der nächste Tag des Herrn kommt, hat jeder einen gleichgesinnten Freund gefunden, so dass ihrer vier an diesem Morgen einfach im Namen des Herrn versammelt sind, und indem sie alles auf die Seite legen, was ihren besonderen Sekten angehört, schauen sie zum Herrn empor um Leitung durch sein Wort und finden sie auch. Sie haben sich auf Gottes Grund gestellt, der Geist leitete sie dorthin durch das Wort.

Sobald dies bekannt wird, entsteht großes Aufsehen; sie werden als selbstgerecht und verwegen getadelt, als Schismatiker, als Gründer einer neuen Sekte, als Verächter von Gottes Ordnung, und als anderes noch. Dennoch leitet ihr festes Standhalten einige zum Nachdenken und zum Forschen in der Schrift, und nach und nach kommt der eine und andere zur Erkenntnis, dass sie Recht haben, dem geschriebenen Wort zu gehorchen, ohne etwas hinzuzufügen oder Hinwegzutun, und dass sie so auf dem Grund stehen, auf welchem, wie sie durch die Schrift erkennen können, die Kirche ursprünglich stand. Und auf diese Weise vermehrt sich die kleine Versammlung nach und nach.

Stellen wir uns nun vor, dass der Apostel Paulus auf seinen Reisen einmal in diese Gegend gekommen sei, und sich eines Sonntagmorgens in der Stadt befunden habe, in der sich diese Dinge zugetragen. Wohin wird er diesen Morgen gehen? Etwa in die Versammlungen, die er in Korinth verurteilte? Würde Verschiedenheit des Ortes eine Verschiedenheit der Grundsätze in dem Apostel Jesu bewirken können? Gewiss nicht. Er würde sich erkundigt haben, und hätte er erfahren, dass Versammlungen der verschiedenen Sekten da sind, gewiss würde er sich mit schwerem Herzen davon abgewendet haben. Und wäre eine „andere neue Sekte" erwähnt worden, die von den andern ausgegangen sei, so möchte er vielleicht zuerst gefürchtet haben, dass das Böse sich darin nur noch in schlimmerer Form offenbare. Aber wären die Einzelheiten ihres Vorgehens ihm erzählt worden, sicher würden seine Augen sich erhellt und er würde gesagt haben: Ich muss diese Leute sehen. Und hätte er sie gesehen und gefunden, dass sie, obschon in großer Schwachheit und unter vielem Fehlen, doch die alten Pfade aufzufinden und darin zu wandeln suchten, sicher würde er sich gefreut haben, sie, obschon unbedeutend an Zahl, als die wirklichen Vertreter der Versammlung Gottes an diesem Orte anerkennen zu können.

Wenn er gefunden hätte, dass sie offenbar Böses unter sich duldeten. Böses von solcher Art, dass Gott es zu einem Grund der Ausschließung macht, so würde er sie gewiss nicht als solche anerkannt haben. Wenn er dagegen Mangel an Einigkeit, Eifersucht, Neid, Zwist oder solche Sachen gefunden hätte, die nicht auf dem vorhin bezeichneten Grad des Bösen stehen, so würde er doch gewiss darin keinen Grund gesehen haben, ihnen irgend eine der verschiedenen Sekten vorzuziehen, selbst wenn er eine derselben gänzlich frei von dem Bösen gefunden hätte, das ihm unter denen, welche auf Gottes Grund standen, Ursache zur Klage gab, so laut er auch gegen dieses Böse gesprochen und für seine Ausrottung gearbeitet und gebetet haben möchte. Oder denkt ihr, dass er anders hätte handeln können, als ich vorausgesetzt habe?

Nehmen wir an, die Gegend, über die wir gesprochen haben, sei diejenige, in welcher der Leser lebt, und die Zeit das neunzehnte anstatt des ersten Jahrhunderts und er selbst habe anstatt des Apostels Paulus zu wählen. Was würde er tun? Ich lasse diese Frage mit ihm vor dem Herrn.



[1] Vielleicht nicht von gelegentlicher, wohl aber von voller und anerkannter Gemeinschaft.


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