CHM- Absonderung, nicht Vermengung


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andere Schriften von C.H. Mackintosh

„Wenn du umkehrst, so will ich dich zurückbringen, dass du vor mir stehest: und wenn du das Köstliche vom Gemeinen ausscheidest, so sollst du wie mein Mund sein." (Jer. 15,19.)

Der in obigem Schriftwort aufgestellte Grundsatz ist von äußerster Wichtigkeit für alle, welche in Wirklichkeit mit Gott wandeln wollen. Er ist durchaus nicht ein bei den Menschen beliebtes Prinzip; aber das nimmt ihm seinen Wert nicht in dem Urteil derjenigen, welche von Gott belehrt sind. Das, was in der Welt beliebt und volkstümlich ist, kann man in den meisten Fällen von vornherein für falsch und verkehrt Hallen; und andrerseits ist das, was den Gedanken Gottes am meisten entspricht, was am meisten von Christus, am meisten die reine Wahrheit ist, am wenigsten in der Welt beliebt.

Eine Lieblingsidee nun in der Welt ist von jeher die Vereinigung oder Verschmelzung, und alle, welche für weitherzig und frei gelten wollen, treten entschieden für diesen Gedanken ein. Doch wir erkühnen uns zu behaupten, dass derselbe in vollem Gegenspruch mit den geoffenbarten Gedanken Gottes steht. Wir sind uns wohl bewusst, dass wir uns dadurch dem allgemeinen Urteil der religiösen Welt gegensetzen, aber wir sind darauf gefasst. Nicht als ob wir Gegenspruch suchten; wir haben indes gelernt, dem Urteil der sogenannten religiösen Welt zu misstrauen, weil wir immer wieder gefunden haben, dass dieses Urteil der klaren Lehre der Heiligen Schrift gegenspricht, und wir wünschen aufrichtig auf der Seite des Wortes Gottes zu stehen, da nichts bestehen kann, was nicht auf der unvergänglichen Grundlage dieses Wortes beruht.

Was lehrt nun die Schrift über unser Thema? Ist es Absonderung oder Vermengung? Was für Unterweisung über diesen Punkt bekam Jeremia seinerzeit? Sollte er den Versuch machen, sich mit denen zu verständigen, die ihn umgaben? Sollte er die Treuen mit den Untreuen zu vereinigen suchen? Sollte er das Köstliche mit dem Gemeinen vermengen? Im Gegenteil, er wurde von Gott unterwiesen, sich von solchen getrennt zu halten, welche sich wohl zu dem Volke Gottes zählten, deren Wege und Betragen aber Seinem Worte und Willen gegensprachen. Sodann wurde ihm gesagt: „Ich will dich zurückbringen. . . . Jene sollen zu dir umkehren, du aber sollst nicht zu ihnen umkehren."

Hier sehen wir also den persönlichen Pfad des Propheten inmitten des Bösen. Er sollte umkehren und in strengster Absonderung von der Ungerechtigkeit sich auf die Seite Gottes stellen. Das war seine Pflicht und Schuldigkeit, mochten die Menschen, mochten seine Brüder darüber denken, was sie wollten. Mochten sie ihn auch für engherzig, unduldsam und dergl. erklären — er hatte nichts damit zu tun. Seine Sache war einfach, dem Worte Gottes zu gehorchen. Absonderung von dem Bösen war jetzt der göttliche Grundsatz der Einheit geworden, und nicht Vereinigung oder Verschmelzung mit demselben. Nach menschlichem Ermessen würde ihm die Vereinigung vielleicht ein weiteres Feld nützlicher Tätigkeit erschlossen haben, aber die erste Pflicht eines wahren Dieners ist nicht Tätigkeit sondern Unterwürfigkeit. Das Geschäft des Knechtes besteht darin, das zu tun, was ihm befohlen wird, nicht aber das, was der Mensch für recht oder gut hält. Wenn dies mehr von den Gläubigen verstanden würde, so würde es ihren Pfad sehr vereinfachen. Wenn Gott uns auffordert, von Ungerechtigkeit abzustehen, und wir bilden uns ein, mehr Gutes tun zu können, wenn wir damit in Verbindung bleiben, wie werden wir uns am Ende vor dem Herrn verantworten können? Wie sollen wir Ihm begegnen? Wird Er das gut nennen, was aus dem eignen Willen, aus dem Ungehorsam gegen Sein Wort hervorgegangen ist? Ist es nicht klar, dass unsere erste und letzte Pflicht als Gläubige darin besteht, zu gehorchen? Gehorsam ist die Grundlage und die Summe von allem, was wahrhaft gut genannt werden kann.

Gab es denn nichts für Jeremia zu tun auf dem engen Pfade der Absonderung? O gewiss. Seine Tätigkeit wurde ihm mit möglichster Klarheit vorgeschrieben. Worin bestand sie? „Wenn du das Köstliche vom Gemeinen ausscheidest, so sollst du wie mein Mund sein." Er sollte nicht nur für sich selbst den engen Pfad der Absonderung von Ungerechtigkeit betreten, sondern er sollte sich bemühen auch andere mit auf denselben Weg der Trennung vom Bösen zu bringen. Dies mochte ihm in den Augen der Menschen das Ansehen eines Proselytenmachers geben, d. h. eines Mannes, der andere durchaus für seine religiösen Ansichten gewinnen wollte; aber auch hierbei musste er sich über die Gedanken der Menschen Hinwegsetzen lernen. Es war weit besser und gesegneter für ihn, der Mund Gottes zu sein, als auf gutem Fuß mit den Untreuen und Ungerechten zu stehen. Was haben die Gedanken des Menschen für einen Wert? Gar keinen. In demselben Augenblick, da der Odem ihn verlässt, werden seine Gedanken vernichtet. Aber Gottes Gedanken bestehen ewiglich. Wenn Jeremia sich darangegeben hätte, das Köstliche mit dem Gemeinen zu vereinigen und zu vermengen, so würde er nicht wie Gottes Mund gewesen sein, sondern würde geradezu das Werk des Feindes getan haben. Absonderung vom Bösen ist Gottes Grundsatz der Einheit, während die Vermengung mit demselben der Grundsatz des Satans ist.

Man wird für weitherzig, liebenswürdig, liberal und dergl. gehalten, wenn man sich bereit erklärt, mit allen gehen zu können. Vereinigungen, Bündnisse, Allianzen und dergl. sind an der Tagesordnung. Der Gläubige soll aber von diesen menschlichen Verbindungen abstehen, und zwar nicht deshalb, weil er besser ist wie Andere, sondern weil Gott ihm gesagt hat: „Sei nicht in einem ungleichen Joche." Nicht weil Jeremia besser war als Andere, musste er sich absondern, sondern einfach, weil Der es für notwendig hielt, dessen Wort stets unseren Pfad bestimmen, unser Verhalten leiten und unseren Charakter bilden soll. Auch dürfen wir versichert sein, dass Jeremia nicht aus Ärger oder Erbitterung gegen andere von ihren Verbindungen Abstand nahm, sondern es geschah mit tiefem Schmerz und in wahrer Herzensdemut vor Gott. Er konnte Tag und Nacht über den geistlichen Zustand seines Volkes weinen, aber die Notwendigkeit der Absonderung war so klar, wie das Wort Gottes sie machen konnte. Mochte er den engen Pfad mit schwerem Herzen und tränendem Auge betreten, aber er musste ihn betreten, wollte er anders wie Gottes Mund sein. Hätte er einen anderen Weg eingeschlagen, so würde er damit gesagt haben, dass er weiser sei als Gott. Seine Brüder und Freunde mochten sein Verhalten weder schätzen noch verstehen, ja es ganz falsch beurteilen; aber damit hatte er es nicht zu tun. Seine Sache war es zu gehorchen, nicht aber sich zu verteidigen. Alles das konnte er Gott überlassen. Sie mochten zu ihm umkehren, aber er sollte nicht zu ihnen umkehren.

So ist es stets. Es heißt: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit mit Gesetzlosigkeit? oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? und welch einen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzendienst? . . . Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige." (2.Kor. 6,14— 18.) Wir wissen wohl, was man dagegen einwendet: „Wie können wir wissen, wer gläubig ist oder nicht? Es ist nicht an uns, uns heiliger hinzustellen als andere. Die Liebe hofft alles. Wenn jemand nur aufrichtig ist, was hat es dann zu sagen, welcher Konfession er angehöre? Ein jeder hat das Recht, seine eigene Meinung zu haben. Es sind doch am Ende nur Ansichten." u. s. w.

Auf alles das ergegnen wir nur: Gottes Wort gebietet den Gläubigen, zu urteilen, zwischen Gutem und Bösem zu unterscheiden, auszugehen und sich abzusondern. Wenn das so ist, was sind dann alle Einwendungen und Vernunftschlüsse des Menschen wert? Für das Urteil eines aufrichtigen, treuen Dieners des Herrn haben sie weniger Gewicht als ein Sandkorn auf der Waagschale.

Achten wir auf die ernsten, gewichtigen Worte des Apostels an sein geliebtes Kind im Glauben, Timotheus — Worte, welche den Kindern Gottes zu allen Zeiten mit nicht misszuverstehender Klarheit ihren Weg vorzeichnen: „Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt, die Sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit! In einem großen Hause aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene; und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre. Wenn sich nun jemand von diesen (den Gefäßen zur Unehre) reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet." (2. Tim. 2, 19—21.)


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