CHM- Gedanken über die Auferstehung des Herrn


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andere Schriften von C.H. Mackintosh

Jede Wahrheit an und für sich, welche die Person und das Werk des Herrn Jesu betrifft, birgt einen besonderen Segen für die Versammlung Gottes in sich, und gerade dadurch, dass der Knecht des Herrn das Wort der Wahrheit recht teilt, stellt er sich Gott bewährt dar „als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat". (2. Tim. 2, 15.) Mit anbetendem Herzen dürfen wir Schritt für Schritt den Pfad der Erniedrigung Dessen verfolgen, der, da Er reich war, um unsertwillen arm wurde, der, „da Er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem Er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem Er gehorsam ward bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze." Die Herrlichkeit, die Er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war (Joh. 17, 5) — Seine durch die Schöpfung geoffenbarte Macht und Göttlichkeit — Seine Ihm als Sohn Gottes zukommende Herrlichkeit — sollten dem Gläubigen stets vor Augen stehen, sodass sein Glaube diese Wahrheiten ebenso klar auf dem Kreuze erkennt, als wenn er Jesus auf dem Berge der Verklärung erblickt. Denken wir an den Ausspruch: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns". — Wie deutlich zeigt uns der Geist Gottes durch den Apostel im Hebräerbrief, dass gerade diese Wahrheit unserm ganzen Heil zugrunde liegt! (Kap. 2, 14.) Ja, wir dürfen sagen, dass es auf dem Pfade des Herrn von der Herrlichkeit hernieder und dann wieder zur Herrlichkeit zurück Stätten gibt, wo uns der Geist Gottes zu verweilen einladet, um unsere Seelen zu erquicken und Jesu Namen zu verherrlichen. Ist uns allen nicht wohl bekannt, wie die mannigfaltigen Begebenheiten Seines Erdenlebens — Seine vielen Taten der Gnade und Liebe — unseren Seelen gerade die Segnungen besonders nahebringen, die zu jener Zeit in so hohen: Maße genossen wurden? — Ein ausgegossenes Salböl ist Sein Name. (Hohel. 1, 3.) Ja, „Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit." (Ps. 1.) Wie völlig muss doch ein Herz von Ihm entfremdet sein, das irgendwelche Erniedrigung des Herrn dazu benutzen kann, Ihn zu verunehren, wo doch jeder Schritt bis zu Seinem letzten den Grund bildet, weshalb Gott Ihn so hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben hat, der über jeden Namen ist!

Die Auferstehung Christi ist eine Tatsache, die eine Fülle ganz besonderer Unterweisungen und Segnungen in sich birgt. Die Wirkung, welche dieselbe in den Herzen der Jünger hervorbrachte, findet in den Worten des Petrus einen angemessenen Ausdruck: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der nach Seiner großen Barmherzigkeit uns wieder- gezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten". (1. Petr. 1, 3.) Die armen Jünger waren durch die Kreuzigung und den Tod des Herrn in große Traurigkeit und Niedergeschlagenheit geraten. Zwar hatte der Herr in Seiner Gnade sie schon vorher von allem in Kenntnis gesetzt, was Ihm gegenfahren würde, aber ihr Glaube hielt nicht stand, die Umstände beschäftigten sie ganz und gar, und sie hatten die Worte vergessen, die in jener finstern Stunde hätten die Leuchte ihrer Füße sein können. Allein, mit der Auferstehung des Herrn wurde alles anders: ihr Friede, ihre Freude, ihre Hoffnungen lebten wieder auf, als Jesus aus den Toten auferstanden war — „da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen" (Joh. 20, 20) — und die Auferstehung des Herrn war es fortan, um die sich, wie wir aus der Apostelgeschichte sehen, ihr ganzes Zeugnis drehte; uns aber ist sie das Zeugnis von einer Stellung, wo es keine Verdammnis mehr gibt (Röm. 8, 1), ja von einem neuen Leben in Vereinigung mit Ihm: wir sind „mitauferweckt" (Kol. 2, 12) mit Dem, „der unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist." (Röm. 4, 25.) In Seiner Auferstehung sehen wir das Unterpfand und Vorbild unserer eignen Auferstehung, denn es steht geschrieben: „der Erstling, Christus; sodann die, welche des Christus sind, bei Seiner Ankunft". (1. Kor. 15, 23.) In seinen an die Juden gerichteten Reden konnte der Apostel sagen: „wir verkündigen euch die gute Botschaft von der zu den Vätern geschehenen Verheißung, dass Gott dieselbe uns, ihren Kindern, erfüllt hat, indem Er Jesus erweckte; wie auch in dem zweiten Psalm geschrieben steht: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt'." (Apg. 13, 32 u. 33.) Mir ist jedoch besonders daran gelegen, hiermit auf das Zeugnis über die Person des Herrn Jesu hinzuweisen. Der Glaube durchdringt den Vorhang, der mit jedem Schritt Seiner freiwilligen Erniedrigung immer dichter wird, und deshalb ist der Geist Gottes unaufhörlich bemüht, unsre Seelen im Blick auf diese Tatsache gegen jeden Angriff des Feindes stark zu machen. So könnte in uns die Frage aufsteigen: Ward Jesus von einem Weibe geboren? Der Heilige Geist antwortet: „darum wird auch das Heilige, das von ihr geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden." (Luk. 1, 35.) Oder: Wurde Er wirklich vom Teufel versucht? — Die Antwort lautet: „der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde." (Hebr. 4,15.) Hat Er mit Zöllnern und Sündern gegessen? — Ja, aber Er war „heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern" (Hebr. 7, 26) und Der, „welcher keine Sünde tat, noch wurde Trug in Seinem Munde erfunden" (1. Petr. 2, 22); „das Gesetz bestellt Menschen zu Hohenpriestern, die Schwachheit haben; das Wort des Eidschwurs aber, der nach dem Gesetz gekommen ist, einen Sohn, vollendet in Ewigkeit." (Hebr. 7, 28.) Ferner: Starb Er wie Einer, der dem Tode unterworfen war?—- Die Schrift sagt: „Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich es wiedernehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Gewalt es zu lassen, und habe Gewalt es wieder zunehmen." (Joh. 10, 17 u. 18.) Lag Er tatsächlich in der stillen Gruft? — Ja; „Der aber, den Gott auferweckt hat, sah die Verwesung nicht" (Apg. 13, 37), Sein Frommer konnte unmöglich die Verwesung sehen. (Apg. 2, 27.) — Wie nötig aber ist es, dass unsere Herzen bei der Betrachtung der wunderbaren Gnade Dessen, der sich dem allen unterzog und sich also zu nichts machte, voll von dem sind, was Gott darin so kostbar ist. Ein richtiges Verständnis der Liebe, die unseren Herrn in den schmachvollen Tod am Kreuze, ja ins Grab führte, würde Seine Jünger ihrem Herrn und Meister gegenüber mit Lob und Dank und Anbetung erfüllt haben, anstatt ihren Lippen die trostlosen Worte zu entringen: „Wir aber hofften, dass Er Der sei, der Israel erlösen solle." (Luk. 24, 21.) Lehrreich ist es übrigens, zu beachten, wie die beiden Apostel Petrus und Paulus die Auferstehung des Herrn Jesu dazu benutzen, die Herrlichkeit Seiner Person aufrecht zu halten, indem sie ihr sowohl den Tod als auch das Begräbnis Davids gegenüberstellen, wie wir aus folgendem ersehen: „Brüder, es sei erlaubt, mit Freimütigkeit zu euch zu reden über den Patriarchen David, dass er sowohl gestorben als auch begraben ist, und sein Grab ist unter uns bis auf diesen Tag. Da er nun ein Prophet war und wusste, dass Gott ihm mit einem Eide geschworen hatte, von der Frucht seiner Lenden auf seinen Thron zu setzen, hat er, voraussehend, von der Auferstehung des Christus geredet, dass Er nicht im Hades zurückgelassen worden ist, noch Sein Fleisch die Verwesung gesehen hat." (Apg. 2, 29—31.) Und wiederum: „Denn David freilich, als er zu seiner Zeit dem Willen Gottes gedient hatte, entschlief und wurde zu seinen Vätern beigesetzt und sah die Verwesung. Der aber, den Gott auferweckt hat, sah die Verwesung nicht." Der nachfolgende Vers zeigt uns sodann die gesegneten Folgen für uns: „So sei es euch nun kund, Brüder, dass durch Diesen euch Vergebung der Sünden verkündigt wird/« (Apg. 13, 36—39.) Wie anerkannt groß ist doch das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleische! (1. Tim. 3, 16.)

Das Wort Gottes will vor allem Christus verherrlichen, und die überschwängliche Weisheit Gottes offenbart sich uns gerade in dem Lichte, das von allem, was unser Erlöser tat, nach allen Seiten hin ausstrahlt, sodass wir nirgends fehlgehen können.

Wenn wir uns wie die Jünger von dem Dunkel der Umstände leiten lassen, kommen wir von dem Worte ab und trauern dort, wo wir uns freuen, und vermehren den Herrn, wo wir Ihn erheben sollten. Es kann nichts köstlicheres geben als die Art und Weise, wie der Geist Gottes hier die Person des Sohnes dem David in nahezu gleichen Umständen gegenüberstellt.

David, ein erretteter Sünder, eine Beute des Todes, im Grabe gebunden, bleibt immer noch von ihm gefangen gehalten, und in jeder Weise seiner Macht unterworfen bis der Schall der Posaune ertönt. (1. Thess. 4, 16.)

Allein, Jesus, der Heiland, geht in das Grab, jedoch nicht als ein Untertan desselben, — denn es war unmöglich, dass Er von ihm behalten würde, — sondern als ein Durchbrecher seiner Bande. Das Grab umschloss in Seiner Person Den, der dessen ganzer Macht Trotz bot, einerlei ob sich dieselbe in der Zurückbehaltung oder der Verwesung des ihm Übergebenen zeigte, und deshalb kann auch das so unendlich wichtige Wort an uns ergehen: „So sei es euch nun kund, Brüder, dass durch Diesen euch Vergebung der Sünden verkündigt wird." Wir dürfen auf Den vertrauen, der in jedweder Erniedrigung niemals besiegt wurde oder unterlag, sondern in allem mehr als Überwinder war.

In dieser Weise wird uns der Herr Jesus stets in dem Worte vor Augen gestellt, und der Glaube lernt Ihn so als den Felsen kennen, den des Hades Pforten nicht zu überwältigen vermögen.

Indem das Wort Jesus verherrlicht, weidet es auch Seine Kirche oder Versammlung. Alles dies ist Kraft für die Seele, weil es Ihn ehrt. Wenn die Schriften in unsicherer Weise von Ihm redeten, so würden auch unsere Seelen zittern; so aber sagen sie: „in welchem wir die Erlösung haben durch Sein Blut." (Eph. 1,7.) Als David es unternahm, den Kampf mit Goliath aufzunehmen, mochten die Herzen Israels wohl beben, als sie den Jüngling vor dem stehen sahen, der ein Kriegsmann von seiner Jugend an gewesen war. Doch als sie den Riesen stürzen und David auf ihm stehen sahen, kehrten Mut und Vertrauen in eines jeden Herz zurück, und sie konnten dann singen: „Saul hat seine Tausende erschlagen, und David seine Zehntausende." Ein solches Vertrauen zu Jesu sollte auch uns, die wir an Ihn geglaubt haben, kennzeichnen.

Dies ist es, was uns in dem Kampfe für den den Heiligen einmal überlieferten Glauben stärkt. Es ist nicht schwer zu sehen, was uns in dem zukünftigen Kampfe nottut. „Wenn die Grundpfeiler umgerissen werden, was tut dann der Gerechte?" (Ps. 11, 3.) Als Joseph Worte des Friedens zu seinen Brüdern redete, stellte er ihnen die Güte Gottes vor Augen, die ihn vor ihnen her nach Ägypten gesandt hatte. So gibt es auch Zeiten, wo der Herr unsere Blicke von unseren eignen Sünden hinweg und auf Seine große Güte hinlenkt, die alles zum Guten mitwirken lassen kann; und dann finden wir, dass wir trotz unserer Torheit und Sünde, in der wir zwar für den Herrn gestritten, Ihn aber verunehrt haben, mehr von Ihm lernen durften. Er hat uns dabei zu unserer wahren Zufluchtsstätte geleitet, und unsere Seelen haben deren alleinige Sicherheit und Kraft mehr als je zuvor kennen gelernt. Wir haben Jesus dadurch besser erkannt, und sind nun imstande, auch mehr von Ihm zu erzählen. „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!" (1. Kor. 15, 57.)

Wir können wohl verstehen, dass die Auferstehung des Herrn den Jüngern eine Wiedergeburt zu einer lebendigen Hoffnung war. Sie brachte ihnen Den wieder, den sie so sehr liebten, auf den sie hofften und dem sie dienten. Ihre Seelen atmeten wieder auf; der Winter war vorbei, und ihr Elfer, ihre Hoffnungen und Zuneigungen erwachten aufs neue. Wir sollten aber nie vergessen, dass die köstliche Frucht, die die Auferstehung des Herrn in ihnen zeitigte, daher kam, dass sie Ihn unversehrt aus dem Tode und dem Grabe hatten hervorgehen sehen, ja dass Er der Sieger über beides war. „Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg?" (1. Kor. 15, 55.)


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