CHM- Vergeben und Vergessen


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andere Schriften von C.H. Mackintosh

"In selbiger Zeit sprach Jehova zu Josua: Mache dir Steinmesser und beschneide wiederum die Kinder Israel zum zweiten Male."

Wie bezeichnend ist dieses! Welch eine Fülle dorr Gedanken erwecken diese „Steinmesser" in uns! Als Israel im Begriff stand, das Schwert über die Kanaaniter zu bringen, mussten zuvor die Steinmesser auf sie selbst angewandt werden. Sie waren in der Wüste nicht beschnitten worden. Die Schande Ägyptens war noch nicht von ihnen abgewälzt. Und ehe sie das Passah feiern und das alte Korn des Landes Kanaan essen konnten, musste das Urteil des Todes auf sie geschrieben werden. Ohne Zweifel war dies nichts weniger wie angenehm für die Natur, aber es musste geschehen. Wie konnten sie Besitz von Kanaan nehmen, während die Schande Ägyptens auf ihnen lastete? Wie konnte ein unbeschnittenes Volk die Kanaaniter aus ihrem Besitz vertreiben? Unmöglich. Die Steinmesser mussten ihr Werk tun in dem ganzen Lager Israels, bevor sie das Getreide Kanaans essen oder den Krieg beginnen konnten.

„Und Josua machte sich Steinmesser und beschnitt die Kinder Israel am Hügel Araloth (scharfe Messer). Und dies ist die Sache, warum Josua sie beschnitt: Das ganze Volk, das aus Ägypten gezogen war, die Männlichen, alle Kriegsleute, waren in der Wüste gestorben, auf dem Wege, als sie aus Ägypten zogen. . . . Und ihre Söhne, die er an ihrer statt aufkommen ließ, diese beschnitt Josua, denn sie hatten Vorhaut, weil man sie nicht auf dem Wege beschnitten hatte. . . Und Jehova sprach zu Josua: Heute habe ich die Schande Ägyptens von euch abgewälzt. Und man gab selbigem Orte den Namen Gilgal (Abwälzung) bis auf diesen Tag. Und die Kinder Israel lagerten in Gilgal, und sie feierten das Passah am vierzehnten Tage des Monats am Abend in den Ebenen von Jericho, Und sie aßen von dem Erzeugnis des Landes am anderen Tage nach dem Passah, ungesäuertes Brot und geröstete Körner, an diesem selbigen Tage. Und das Man hörte auf am anderen Tage, als sie vom Erzeugnis des Landes aßen, und es gab für die Kinder Israel kein Man mehr; und sie aßen von dem Ertrage des Landes Kanaan in jenem Jahre" (Kap. 5, 3—12).

Hier haben wir ein Bild von der ganzen christlichen Stellung. Der Christ ist ein himmlischer Mensch, der Welt gestorben, mit Christus gekreuzigt und mit Ihm dort, wo Er jetzt ist, verbunden; und während er auf Sein Erscheinen wartet, ist er in seinem Herzen mit Ihm beschäftigt und nährt sich durch den Glauben von Ihm, der die wahre Nahrung des neuen Menschen ist. Das ist die Stellung und das Teil des Christen; aber um in dm vollen Genuss derselben eintreten zu können, müssen die „Steinmesser" auf alles das angewandt werden, was der Natur angehört.

Das Urteil des Todes muss auf alles geschrieben werden, was die Schrift „den alten Menschen" nennt. Wir sind anders nicht imstande, unsere Stellung aufrecht zu halten und uns unseres Teils als himmlische Menschen zu erfreuen. Lassen wir unserer Natur freien Spielraum, bewegen wir uns in einer niedrigen, weltlichen Atmosphäre, gehen wir den Vergnügungen und Lustbarkeiten dieser Welt nach und geizen wir nach ihren Ehren und Reichtümern, dann ist es wahrlich unmöglich, uns der Gemeinschaft unseres auferstandenen Hauptes und Herrn zu erfreuen. *) Ich möchte hier bemerken, dass das „Erzeugnis" des Landes Kanaan ein Vorbild des auferstandenen und verherrlichten Christus ist. Das Manna stellt Christus in Seiner Erniedrigung vor. Die Erinnerung an Ihn in Seiner Erniedrigung ist unaussprechlich köstlich für die Seele. Es ist erquickend, zurückzublicken und Seinen Weg, den Er als der niedrige, demütige Mensch ging, zu betrachten. Das heißt, sich von dem verborgenen Manna — von dem einst erniedrigten Christus — nähren. Nichtsdestoweniger ist ein auferstandener, erhöhter und verherrlichter Christus der wahre Gegenstand für das Herz des Christen, aber um sich dieses Gegenstandes erfreuen zu können, muss die Schande dieses gegenwärtigen, bösen Zeitkaufs durch die geistliche Anwendung der Beschneidung Christi von uns abgewälzt sein.

Christus ist im Himmel, und um sich Seiner zu erfreuen, müssen wir im Geiste und durch den Glauben dort verweilen, wo Er ist. Er ist nicht von dieser Welt; und deshalb können wir, wenn wir weltlich gesinnt sind, Seine Gemeinschaft nicht genießen. „Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit" (1. Joh. 1, 6).

Dies ist sehr ernst. Wenn ich in und von der Welt lebe, so wandle ich in der Finsternis und kann keine Gemeinschaft mit einem himmlischen Christus haben. „Wenn ihr," fragt Paulus die Kolosser, „mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerft ihr euch den Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt?" Verstehen wir wirklich diese Worte? Haben wir das Volte Gewicht des Ausdrucks: „Als lebtet ihr noch in der Welt," in unseren Herzen erwogen? Diese Welt ist nicht der Schauplatz des wahren Lebens des Gläubigen; er soll im Geiste dort leben, wo Christus ist. Wohl hat er sich auf dieser Erde zu bewegen und in den verschiedenen Verhältnissen und Wirkungskreisen, in welche ihn die Hand Gottes versetzt, seinen Platz auszufüllen, allein seine Heimat ist in dem Himmel. Sein Leben ist dort. Sein Gegenstand, seine Ruhe, ja sein Alles ist im Himmel. Er gehört nicht zu der Erde. Seine Bürgerschaft ist in dem Himmel, und um dieses im täglichen Leben praktisch zu verwirklichen, hat er sich selbst zu verleugnen und seine Glieder, die auf der Erde sind, zu töten (Kol. 3, 5).

Alles dieses wird uns in Kol. 3 in lebendiger Weise vor Augen geführt. Es würde unmöglich sein, eine treffendere Auslegung des ganzen uns beschäftigenden Gegenstandes zu geben, als sie uns in den Worten dargeboten wird: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so suchet, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist, denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werdet auch ihr mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit." Und dann folgt die wahre geistliche Bedeutung und Anwendung „Gilgals" und seiner „Steinmesser": „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind." (Kol. 3, 1—5.)

Möchte der Heilige Geist uns in ein tieferes und völligeres Verständnis unseres Platzes, unseres Teiles und unseres praktischen Lebens, als Christen, einführen! Wollte Gott, dass wir besser verständen, was es heißt, uns von dem „Erzeugnis" des Landes in dem wahren, geistlichen Gilgal zu nähren, damit wir so besser geschickt seien für den Dienst, zu dem wir berufen sind.


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