CHM- Ein Leib und ein Geist


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andere Schriften von C.H. Mackintosh

(Psalm 93; 1. Kor. 3, 16 und 6, 19.)

Diese Schriftstellen bringen eine Wahrheit vor unsere Seelen, welche für uns als Einzelne wie auch als Versammlung von der höchsten Wichtigkeit ist. Die Versammlung als ein Ganzes ist der Tempel Gottes, und zugleich ist dies mit jedem einzelnen Gläubigen der Fall, und zwar sind wir es eben so wirklich und durchaus, wie der Tempel in Jerusalem es war, wenn auch auf andere Weise. Beachten wir es doch und denken wir darüber nach, dass Gott der Heilige Geist unter uns und in jedem einzelnen Gläubigen wohnt. Es handelt sich nicht um unsere Meinung darüber, sondern wir haben dies einfach als Gottes Wahrheit anzunehmen. Will sich aber Jemand nicht unter die Schrift beugen, so wird der Versuch, ihn zu überführen, ebenso wenig nützen, wie das Sprechen über hohe Grundsätze den Mathematik mit einem Mann, der nie in die Schule gegangen ist. Ich fühle tief die Notwendigkeit davon, dass jeder Gläubige sich ohne Widerspruch unter die Autorität der Schrift beuge.

Die Wahrheit, welche uns hier dargestellt wird, ist nicht etwas, worüber uns dies oder jenes zu denken erlaubt ist. Gott hat ein Haus hier auf Erden. Dies ist eine unumstößliche Tatsache. Lasst uns nicht sagen: Ja, wir sollten es sein, während uns doch gesagt wird, dass wir es sind. Lasst uns bedenken, was für ein Benehmen aus dieser Tatsache fließen zollte, und was dem Hause Gottes geziemt. „Deinem Hause geziemt die Heiligkeit, Jehova, ewiglich."

Dies ist der Grundsatz, welcher seit der Zeit, dass Gott ein Haus auf Erden hatte, der Ausübung der Zucht zu Grunde gelegen hat. Wir lesen nie von einem Wohnen Gottes bei den Menschen außer nach vollbrachter Erlösung. Sobald Israel aus Ägypten erlöst und durch das Rote Meer hindurchgeführt ist, hören wir es singen: „Dieser ist mein Gott, und ich will Ihn verherrlichen (oder: Ihm eine Wohnung machen)" (2. Mose 15, 2, vergl. V. 13). Und sobald die Stiftshütte vollendet ist, erscheint die Herrlichkeit Gottes und schlägt ihre Wohnung in der Mitte Seines Volkes auf.

Aber Seine Gegenwart verlangt und sichert zugleich die Heiligkeit derjenigen, unter welchen Er wohnt. Josua 6 und 7 zeigen uns, welche wichtigen Folgen diese Gegenwart für dieselben hat. Sie sind, kurz gesagt : Jericho in Ruinen und der Steinhaufen im Tale Achor. Ein Einzelner wagte es, die Versammlung Gottes zu verunreinigen! Wie ernst ist das! Es war etwas Gewaltiges, Jerichos Bollwerke vor dem Volke Gottes in Staub zerfallen zu sehen, aber merken wir es uns wohl, die Gegenwart des Gottes, der Jericho in Trümmer legte, konnte nicht dulden, dass die Sünde jenes einzelnen Menschen verborgen und ungerichtet blieb. Der Heilige Geist hat diese Dinge für uns aufzeichnen lassen, und es ist unsere Pflicht, darüber nachzudenken, und die Belehrung, die sie uns geben sollen, in unsere Seelen aufzunehmen.

Ein richtiges, aus dem Glauben herausgewachsenes Gefühl hätte Josua lehren sollen, dass irgend ein Hindernis vorhanden sei. Gott wohnte unter Seinem Volke, und unterschied sie dadurch von allen andern Nationen der Erde, deren keine von einem solchen Vorrecht etwas wusste. Aber Gott kann Sich selbst nicht verleugnen; Er muss die Ehre Seines großen Namens wahren. Josua fürchtete für dieselbe, aber Gott hat mehr als einen Weg, sie aufrechtzuhalten.

Wenn Jehova unter Seinem Volke gegenwärtig war, um demselben den Sieg über Seine Feinde zu geben, so musste Er es auch in Seiner Zucht halten. „Israel hat gesündigt!" Er sagt nicht bloß: Ein einzelner Mann hat gesündigt; findet ihn heraus! Nein, Israels Sechshunderttausende waren ein Ganzes, und; die göttliche Gegenwart in ihrer Mitte bildete und kennzeichnete diese Einheit. Ziehen wir nicht unsern Verstand darüber zu Rate, Brüder, sondern beugen wir uns vor dieser Wahrheit. Urteilen wir nicht über dieselbe, sondern lasst sie uns beurteilen. „Israel hat gesündigt"; das war der Grund, weshalb sie nicht siegten, und weshalb in der Folge Mann für Mann das Los über sich werfen lassen musste, aus dass derjenige, der den Bund Jehovas übertreten hatte, ergriffen werden konnte. Schwachheit ist kein Hindernis für Segnungen; das Böse aber ist es, und Gott kann nicht mit solchen, welche die Sünde nicht gerichtet haben, vorangehen. Niemals könnte Er durch Seine Gegenwart das Böse anerkennen. Wenn wir die Wohnung Gottes sind, so müssen wir heilig sein. Dies ist ein Grundsatz, der zu keiner Zeit aufgegeben werden kann.

Man wird vielleicht fragen: Wie konnte denn gesagt werden, dass Israel, die sechshunderttausend unschuldigen Leute, gesündigt hatte? Ich antworte: Die Nation war Eins; und diese Einheit musste aufrecht gehalten und bekannt werden.

Wir lesen im 3. Buch Mose 24 von den zwölf Schaubroten, welche beständig auf den goldenen Tisch vor Jehova gelegt wurden, und auf welche die sieben Lampen des goldenen Leuchters ihr Licht warfen. Im Weiteren zeigt uns das nämliche Kapitel einen Mann, der außerhalb des Lagers gebracht und dort von ganz Israel gesteinigt werden sollte. Die Zusammenstellung dieser Dinge ist voll Bedeutung, wie denn überhaupt die Art, auf welche der Heilige Geist den Inhalt der Schrift gruppiert, herrlich und unserer ganzen Aufmerksamkeit wert ist. Jede Tatsache und jeder Umstand trägt dazu bei, die unendliche Tiefe ihrer moralischen Herrlichkeit hervorzuheben.

Warum finden wir denn diese Verbindung in 3. Mose 24 ? Wie ich nicht zweifle, zu dem einfachen Zweck, uns diesen wichtigen Grundsatz der Einheit des Volkes Gottes zu beleuchten, welchen der Glaube erfasst und unter allen Umständen aufrecht hält. Wir sehen zuerst die göttliche Seite der Sache: die Stellung, welche Israel in den Augen Gottes einnahm; und sodann die Zucht, welche unter Seinem Volke ausgeübt werden musste. Und es geziemt zu allen Zeiten denjenigen, welche dem Herrn und Seinem Wort treu sein wollen, die ursprüngliche Wahrheit Gottes zu bekennen und trotz all des Verfalls ringsumher darnach zu handeln. Und ich möchte euch heute ernstlich und dringend ermahnen, die große Wahrheit von der Einheit des Leibes Christi durch alles hindurch festzuhalten. Es ist eine Wahrheit, welche von jeher der Gegenstand des Hasses von Seiten des Feindes gewesen ist.

Elia auf dem Berge Karmel forderte zwölf Steine, um den Altar zu bauen, zu einer Zeit als das Königreich schon lange zerteilt war. Israel besteht nicht mehr aus zwölf Stämmen, hätte man sagen können, seine Einheit ist dahin. Doch nein, seine Einheit ist eine unauflösliche Einheit, welche nie aufgegeben werden kann. Das Auge Gottes ruhte auf den zwölf Schaubroten auf dem goldenen Tisch, und auf den zwölf Steinen im Brustschild des Hohenpriesters. Der Glaube hielt fest an dieser Wahrheit und Elias baute deshalb seinen Altar aus zwölf Steinen. So ist es auch mit unserer Einheit, welche nie aufgegeben werden soll, obschon es mit ihr aussehen mag wie mit einer Kette, welche quer über einen Fluss hängt, und worüber die angeschwollenen Wasser gehen, so dass man sie nicht sehen kann. Wir waren eins am Pfingsttage, und werden eins sein in der Herrlichkeit; aber es ist auch heute noch ebenso wahr, dass es einen Leib und einen Geist gibt, als zur Zeit, da das vierte Kapitel im Brief an die Epheser geschrieben wurde. Und wie besteht diese Einheit? Durch den Heiligen Geist, der uns mit dem verherrlichten Menschen zur Rechten Gottes verbindet. So erhalte ich drei gewichtige Beweggründe für ein Leben der Heiligkeit. Ich soll Denjenigen nicht verunehren mit welchem ich vereinigt bin; den Geist nicht betrüben, durch den die Bereinigung stattfindet; und die Glieder nicht hindern und beschweren, mit denen ich in eins verbunden bin.

Ich fühle mich verantwortlich, euch auf alles dieses aufmerksam zu machen, Geliebte. Erlauben wir Satan nicht, uns um den Segen zu betrügen, den ein Wandel in dieser Wahrheit uns bringt. Sehet zu, dass ihr sie nicht nur als Lehre aufnehmt, sondern stellt euch unter ihren bildenden, leitenden Einfluss, und bedenkt, wie euer Zustand und Wandel in diesem Augenblick auf die Gläubigen in den entferntesten Weltteilen einwirkt. „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit." Ganz Israel ward befleckt durch Achans Sünde, welcher meinte dass niemand gesehen hatte noch wusste, was er im Geheimen sich angeeignet und in seinem Zelte verborgen hatte. Wenn sich solch ein Zustand bei jemand vorfindet, so hat alle wahre Gemeinschaft aufgehört; Gott tritt nicht mehr für ihn ins Mittel, um ihn zum Sieg zu führen; wohl aber findet der Schuldige Gottes Kraft in Zucht gegen sich tätig, eine Kraft, welche im Stande wäre, ihn zu zermalmen.

Lasst uns das Wort Gottes nicht nach unseren Gewissen oder unsern Gefühlen beurteilen, sondern glauben wir einfach, was es uns sagt. Wir lesen, dass Ein Geist jedes Glied mit dem Haupte in der Herrlichkeit, und alle Glieder auf Erden untereinander verbindet. In diesem Leib beeinflusst ein Einzelner, der außer Gemeinschaft mit dem Herrn ist, den Zustand des Ganzen. Lasst uns doch diese große Wahrheit praktischerweise anerkennen, was es uns auch kosten mag, und geben wir sie niemals auf. Lasst uns nicht meinen, dass das Zeugnis für dieselbe nicht mehr aufrecht gehalten werden kann, weil der Mensch so gefehlt hat. Die Wahrheit Gottes steht fest, und auf sic haben wir unsere Blicke zu richten. Seid Ihr bewusster Weise auf dem Grund des einen Leibes versammelt? Es ist dies eine Frage, welche ich ernstlich an euch alle richten möchte, weil diese Wahrheit in unseren Tagen ganz besonders angegriffen wird. „Wer dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm", und ist mit allen, welche Ihm angehören, eins. Wir finden nichts von Unabhängigkeit der Glieder oder einzelner Versammlungen im Worte Gottes. Die Versammlung an jedem Orte ist der gemeinsame, örtliche Ausdruck der ganzen Versammlung Gottes.

Die Wahrheit von der Einheit des Volkes Gottes zieht sich wie ein goldener Faden von einem Ende der Schrift zum andern, und der Glaube hat sie zu allen Zeiten erfasst. Warum betete Daniel zu Jerusalem hin? In den Augen der Menschen stand das Haus Gottes nicht mehr dort; aber es war dort für den Glauben. Sein Glaube hält immer noch fest an den zwölf Schaubroten auf dem goldenen Tisch, und er betet zu dem Gott Israels, obschon die Löwengrube dafür sein Teil ist.

Betrachten wir Paulus vor Agrippa. Die Nation war zerstreut unter alle Völker „von einem Ende der Erde bis zu ihrem andern Ende", aber Paulus spricht immer noch von der Verheißung, „zu welcher unser zwölf- stämmiges Volk hinzugelangen hofft." Hätte Paulus die zwölf Stämme jemandem zeigen können?

Und sollten wir die Einheit der Versammlung Gottes aufgeben? Sollten wir Mitglieder einer Kirche oder sogenannten Gemeinschaft werden? Sollten wir uns verführen und verblenden lassen durch die Listen des Teufels, durch welche er die ewigbleibende Wahrheit des einen Leibes vor den Augen der Heiligen Gottes zu verbergen sucht? Ist denn der Leib Christi eine kleine Gesellschaft, welche nach gewissen Grundsätzen gebildet ist? Wie können die Leute nur davon sprechen, sich irgendwo „anzuschließen"? Wenn sie zu Christo bekehrt sind, so ist der „Anschluss" getan; sie sind „dem Herrn hinzugetan" (Apgsch. 5, 14), und gehören zu dem, was der Mensch nicht berühren kann. Niemand kann ein einziges Glied von dem Leibe Christi trennen, denn es ist in denselben eingefügt worden nach dem ewigen Vorsatz Gottes, und durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.

Wie verkehrt ist es also, eine Körperschaft organisieren zu wollen. Alle Werke des Menschen in dieser Beziehung werden sich an jenem Tage als Stroh erweisen. Der Heilige Geist kam am Pfingsttag hernieder, um die Versammlung Gottes, den einen Leib, zu bilden, und Er ist immer noch hier. Ich möchte diese Wahrheit nicht aufgeben um tausend Welten. Selbst im Rückblick auf die Angriffe, welche sie zu wiederholten Malen auszuhalten hatte, darf ich kühn sagen: ich bin klarer und fester überzeugt, dass es eine Wahrheit Gottes ist, welche auch in unsern Tagen ihre volle Geltung hat, als vor zweiundvierzig Jahren, da ich zuerst den Grund betrat, auf welchem ich durch Gottes Gnade jetzt noch stehe. Er kann nicht durch Menschen erschüttert werden. Aber ich möchte noch einmal daran erinnern: „Deinem Hause geziemt die Heiligkeit, Jehova, ewiglich." Nicht nur so lange wir hier sind, sondern für immerdar. In der Herrlichkeit wird durch „die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut", erwiesen werden „der überschwängliche Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christo Jesu."


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