CHM- Der Sabbat und der Tag des Herrn


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andere Schriften von C.H. Mackintosh

2. Mose 16, 27—29; 31, 14. 15.

Von 1. Mose 2 an bis zu dem 16. Kapitel des zweiten Buches Mose finden wir den Sabbat mit keinem Worte erwähnt. Dies ist bemerkenswert. Das Opfer Abels, der Wandel Henochs mit Gott, die Predigt Noahs, die Berufung Abrahams, sowie die umständlich erzählte Geschichte Isaaks, Jakobs und Josephs — alles dieses ist mitgeteilt; aber nirgends finden wir eine Anspielung auf den Sabbat, bis zu dem Augenblicke, wo wir Israel als Volk anerkannt sehen, und zwar in Verbindung mit Jehova und unter der Verantwortlichkeit, welche die Folge dieser Verbindung war. Der Sabbat war in Eden unterbrochen worden; und hier finden wir ihn wieder für Israel in der Wüste eingeführt. Aber ach! der Mensch hat kein Herz für die Ruhe Gottes. „Und es geschah am siebenten Tage, dass etliche von dem Volke hinausgingen, und sie fanden nichts. Und Jehova sprach zu Mose: Bis wann weigert ihr euch, meine Gebote und meine Gesetze zu beobachten? Sehet, weil Jehova euch den Sabbat gegeben hat, darum gibt er euch am sechsten Tage Brot für zwei Tage; bleibet ein jeder an seiner Stelle, niemand gehe heraus von seinem Orte am siebenten Tage." (Vers 27—29.) Gott wollte, dass Sein Volk eine süße Ruhe mit Ihm genieße. Es war Sein Wille, demselben selbst in der Wüste Ruhe, Nahrung und Erquickung zu geben. Aber das Herz des Menschen ist nicht geneigt, mit Gott zu ruhen. Israel erinnerte sich wohl der Zeit, wo es bei den Fleischtöpfen Ägyptens saß; aber in ihren Zelten zu sitzen, sich mit Gott der „Ruhe des Heiligen Sabbats" zu erfreuen und sich von dem Manna des Himmels zu nähren — das vermochten sie nicht als einen Segen zu schätzen.

Es ist wichtig zu beachten, dass hier der Sabbat als eine Gabe dargestellt wird. „Jehova hat euch den Sabbat gegeben." (Vers 29.) Weiterhin findet man ihn in diesem Buche unter der Form eines Gesetzes, und zwar begleitet mit einem Fluche und einem Gericht im Falle des Ungehorsams. Doch mag der gefallene Mensch ein Vorrecht oder ein Gesetz, einen Segen oder einen Fluch empfangen — das alles ist von gleicher Wirkung. Seine Natur ist böse; er kann weder mit Gott ruhen, noch mit Gott wirken. Wenn Gott wirkt und ihm eine Ruhe bereitet, so will Er an dieser Ruhe nicht Teil nehmen; wenn Gott ihn zum Wirken auffordert, so will er die Werke nicht ausführen, welche Gott von ihm fordert. So ist der Mensch. Er hat kein Herz für Gott. Der Mensch kann freilich zu feiner Erhebung oder zum Zeugnis seiner eignen Frömmigkeit vom Namen des Sabbats Gebrauch machen; aber es ist ganz klar und erwiesen, dass er den Sabbat Gottes nicht als eine Gabe zu würdigen vermag, und in 4. Mose 15, 32—36 finden wir, dass er auch außer Stande ist, denselben als ein Gesetz zu beobachten.

Wir wissen indes, dass sowohl der Sabbat, als auch das Manna Vorbilder waren. An und für sich selbst war der Sabbat eine Segnung, ein Gnadengeschenk aus der Hand eines liebenden und gnädigen Gottes, welcher, indem Er aus sieben Tagen einen Ruhetag erwählte, die Mühe und die Arbeit auf einer Erde versüßen wollte, welche wegen der Sünde dem Fluche unterworfen war. Von welcher Seite wir daher auch die Einführung des Sabbats betrachten mögen, so erblicken wir darin, sowohl in Bezug auf den Menschen, als auch auf die tierische Schöpfung, immer die Fülle der reichsten Gnadenerweisungen. Und obgleich die Christen „den ersten Tag der Woche", „den Tag des Herrn", nach den damit verbundenen Grundsätzen beobachten, so ist dennoch auch an diesem Tage die gnadenreiche Vorsehung deutlich zu gewahren. „Der Sabbat ward um des Menschen willen gemacht"; und obwohl der Mensch denselben in einer den Gedanken Gottes entsprechenden Weise nimmer beobachtet hat, so vermindert dieses doch um nichts die Gnade, welche in der Einführung desselben hervorleuchtet und beraubt keineswegs diesen Tag seiner Bedeutung als Vorbild jener ewigen Ruhe, welche für das Volk Gottes bleibt; oder als Schatten jenes Körpers, dessen sich der Glaube jetzt erfreut in der Person und dem Werke eines auferstandenen Christus.

Dieses 31. Kapitel schließt mit einer Hinweisung auf die Einsetzung des Sabbats; doch hier finden wir ihn in Verbindung mit der Aufrichtung der Stiftshütte. Jedes Mal, wenn das Volk Israel in irgendeiner besonderen Stellung dargestellt, oder als ein unter eine besondere Verantwortlichkeit gestelltes Volk anerkannt wird, finden wir den Sabbat. Merken wir uns sorgfältig sowohl den Tag, als die Art und Weise, in welcher der Sabbat beachtet werden sollte, sowie auch den Zweck, um deswillen derselbe in Israel eingeführt war. „Und beobachtet den Sabbat, denn heilig ist er euch; wer ihn entweiht, soll gewisslich getötet werden; denn wer irgend an ihm eine Arbeit tut, selbige Seele soll ausgerottet werden aus der Mitte ihrer Völker. Sechs Tage soll man Arbeit tun, aber am siebenten Tage ist der Sabbat der Ruhe, heilig dem Jehova; wer irgend am Tage des Sabbats eine Arbeit tut, soll gewisslich getötet werde n." (Vers 14. 15.) Das ist so deutlich, so bestimmt, wie nur irgendetwas sein kann; und was sind die Folgen der geringsten Übertretung des Sabbats? „Ausrottung" und „Tod!" Erinnern wir uns, dass in der heiligen Schrift nicht eine einzige Zeile vorhanden ist, welche der nur zu sehr ausgebreiteten Meinung Raum gibt, dass der Sabbat verändert worden sei, oder dass Gott in irgendeinem Grade die strengen Grundsätze der Beobachtung dieses Tages gemildert habe. Möge sich der Leser zu seiner eigenen Befriedigung davon überzeugen, dabei aber nie vergessen, dass der Sabbat dem Volke Israel gegeben ward. Lassen wir dem Volke Israel, was ihm gehört und suchen wir in Abhängigkeit von Ihm, dem Herrn, und unter Leitung Seines Geistes zu erfahren, was unser, der Christen Teil ist, um darin zu einem Zeugnis für unseren geliebten Herrn zu wandeln!

„Aber," wird man sagen, „wir sind nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade." (Röm. 6, 14.) Gott sei gepriesen, dass Er uns diese liebliche Versicherung gegeben hat! Befänden wir uns unter dem Gesetz, so würde, selbst hinsichtlich eines einzelnen auf den Sabbat bezüglichen Punktes, nicht eine einzige Seele in der Christenheit sein, die nicht schon längst durch die Schwere des Gerichts zu Boden gedrückt wäre. Aber welcher Tag, wenn wir unter der Gnade sind, gehört uns an? Sicher „der erste Tag der Woche" — der „Tag des Herrn". Es ist der Tag der Versammlung, der Auferstehungstag Jesu, welcher, nachdem Er den Sabbat im Grabe zugebracht, triumphierend über alle Mächte der Finsternis wieder auferstand und dadurch Sein Volk aus der alten Schöpfung und aus allem, was damit zusammenhing, heraus und in die neue Schöpfung einführte, von welcher Er das Haupt, und wovon der erste Tag der Woche der richtige Ausdruck ist.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Tagen gibt uns Anlass, demselben unter Gebet und im Lichte der Heiligen Schrift unsere ernsteste Aufmerksamkeit zu widmen. Ein einfacher Name kann von großer Tragweite sein; und dieses ist gerade hier der Fall. Es ist offenbar, dass der erste Tag der Woche im Worte Gottes einen ganz besonderen Platz einnimmt. Kein anderer Tag trägt jenen erhabenen, majestätischen Namen des „Tages des Herrn". Es gibt, wie ich wohl weiß, Personen, welche es in Abrede stellen, dass die Stelle in Offb. 1, 10 sich auf den ersten Tag der Woche bezieht. Aber ich bin völlig überzeugt, dass eine eingehende Untersuchung die bestimmte Auslegung fordert, dass diese Stelle nicht auf den Tag der Ankunft Christi in Herrlichkeit, sondern auf den Tag der Auferstehung aus den Toten anzuwenden ist.

Sicher ist, dass der Tag des Herrn nicht ein einziges Mal „Sabbat" genannt wird. Der Leser hat sich daher vor zwei entgegengesetzten Klippen zu hüten. Einerseits wird er jene Gesetzlichkeit vermeiden müssen, welche sich so oft in Verbindung mit dem Wort „Sabbat" vorfindet; und anderseits hat er ein entschiedenes Zeugnis gegen das Streben abzulegen, den Tag des Herrn zu entehren und denselben mit einem gewöhnlichen Tag auf gleiche Höhe zu stellen. Der Gläubige ist in der vollkommensten Weise von dem Beobachten der „Tage und Monate und Zeiten und Jahre" frei gemacht. (Gal. 4, 10.) Vereinigt mit einem auferstandenen Christus, sind für ihn keine solchen abergläubischen Gebräuche mehr vorhanden. (Kol. 2) Aber wie wahr dieses glücklicherweise auch sein mag, so sehen wir dennoch, dass der „erste Tag der Woche" im Neuen Testament einen Platz einnimmt, dessen kein anderer Tag gewürdigt ist. Möge der Christ ihm diesen Platz einräumen! Es ist dieses ein liebliches, glückseliges Vorrecht, und kein drückendes Joch.

Es mögen hier noch einige Gegensätze zwischen dem „Sabbat" und dem-„Tage des Herrn" bezeichnet werden.

1) Der Sabbat war der siebente Tag, während der Tag des Herrn der erste Tag der Woche ist.

2) Der Sabbat war der Prüfstein des Zustandes Israels; der Tag des Herrn aber ist der Beweis der Annahme der Versammlung auf einem völlig bedingungslosen Boden.

3) Der Sabbat gehörte der alten Schöpfung an, während der Tag des Herrn der neuen angehört.

4) Der Sabbat war ein Tag der leiblichen Ruhe für die Juden; der Tag des Herrn hingegen ist ein Tag der geistlichen Ruhe für den Christen.

5) Wenn der Jude am Sabbat arbeitete, so musste er des Todes sterben; wenn der Christ nicht arbeitet am Tage des Herrn, d. h. wenn er nicht wirkt zum Segen der Seele und zur Ausbreitung der Herrlichkeit Christi und der Wahrheit, so liefert er einen höchst geringen Beweis von Leben. In Wirklichkeit ist ein ergebener Christ, wenn er irgendeine Gabe besitzt, im Allgemeinen am Ende des Tages des Herrn mehr ermüdet, als am Ende jedes anderen Tages der Woche; denn wie könnte er ruhen, während die Seelen um ihn her zu Grunde gehen?

6) Dem Juden ward durch das Gesetz geboten, während des Sabbattages in seiner Hütte zu bleiben; der Christ hingegen wird durch den Geist des Evangeliums geleitet, auszugehen, entweder um in einer öffentlichen Versammlung zu dienen, oder um verlorenen Sündern die Botschaft des Heils zu verkündigen.

Teurer Leser! Möge der Herr uns befähigen, mit mehr Einfalt in dem Namen des Herrn Jesu Christi zu ruhen und mit mehr Eifer für diesen gesegneten Namen zu wirken. Wir müssen ruhen in der Gesinnung eines Kindes und arbeiten mit der Kraft eines Mannes.


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