*) Übersetzt aus „Leben und Zeiten Hiskias" von C. H. Mackintosh.
Wir finden eine wirklich göttliche Ordnung in der Handlungsweise Hiskias, wenigstens was die durch ihn herbeigeführte Reformation betrifft. Er fing nicht nur richtig an, sondern er fuhr auch im Rechten fort. Es kann von ihm gesagt werden, dass, außer in der Sache der Gesandten, alle seine Werke mit Gott angefangen, fortgeführt und vollendet waren. Er entschloss sich, das Passah dem Herrn zu feiern, und dabei nach der Weitherzigkeit zu handeln, die in Gottes eigenem Grundsatz in Bezug auf ganz Israel liegt. Er wollte nicht den Genuss dieses großen Hauptfestes, noch die reinigende Wirksamkeit des Blutes auf die engen Grenzen von Juda und Jerusalem beschränken, sondern befahl, die Opfer für ganz Israel darzubringen; „denn für ganz Israel, sprach der König, ist das Brandopfer und das Sündopfer." (2 Chron. 29, 24.) Es ist wahr, dass Israel auf traurige Weise abgefallen und in argen Götzendienst versunken war; aber das Blut, das Juda reinigen konnte, vermochte auch Israel zu reinigen, und beide hatten dasselbe gleich nötig. Und wir dürfen gewiss sagen, dass, wenn irgendeine Seele von Gott belehrt ist, sie immer solche umfassende Gedanken betreffs der ganzen Familie Gottes hegen wird. Es gibt keinen für sich alleinstehenden Teil des Leibes Christi; man muss sich entweder den ganzen Leib denken, oder gar nichts. Damit jede Wahrheit in ihrer Fülle gesehen werde, muss sie in ihrer Tragweite betreffs des ganzen Leibes betrachtet werden; sei es die Erlösung, die uns zu Teil geworden, der Dienst, durch den der Herr unsere Seelen nährt, oder die glückselige Hoffnung, die uns belebt, alles muss in Beziehung zum ganzen Leib betrachtet werden. (Vergl. I Kor. 12; Eph. 2; 4, 1—16.)
Nun, es war diese Weitherzigkeit und ganz Israel umfassende Anschauung, welche den König Hiskia befähigte, die folgende rührende Botschaft durch das ganze Land Israel auszusenden: „Ihr Kinder Israel, kehret um zu Jehova, dem Gott Abrahams, Isaaks und Israels, dass er umkehre zu den Entronnenen, die euch übrig geblieben sind von der Hand der Könige von Assyrien." (2. Chron. 30, 6.) Viel moralische Kraft und geistliches Verständnis offenbart sich in dieser Botschaft. Dieselbe geht offenbar aus dem Heiligtum hervor, sie ist die Sprache von jemand, der einigermaßen in die Weite der göttlichen Gedanken eingegangen war. Es ist noch der Vorsatz Gottes, dass Israel und Juda die irdischen Vorhöfe gemeinschaftlich betreten und nach der Wirksamkeit desselben Opfers vor Ihm stehen sollen. Josaphat hatte sich wohl mit Ahab, König von Israel, für militärische Zwecke vereinigt. s2 Chrom 18.) Dieses Bündnis war aber, wie wir wissen, ganz unrichtig. Zwar war es für einen guten Zweck, nämlich, Ramoth in Gilead aus der Hand des Königs von Syrien wieder zu erlangen. Diese Stadt war eine der Zufluchtsstädte, und sie aus der Hand des Feindes zu befreien musste in den Augen Josaphats eine sehr wünschenswerte Sache geschienen haben, eine Sache, welche als guter Grund betrachtet werden konnte, um ein Bündnis mit Ahab einzugehen. Und dennoch war alles verkehrt. Die Grundlage ihrer Vereinigung war unrichtig; es war nicht eine auf das Blut des Lammes gegründete Vereinigung. Daher, obwohl dieselbe für einen religiösen und an und für sich rechten Zweck war, konnte Gott sie nicht gutheißen, und sie erwies sich als Quelle vieles Kummers für Josaphat.
Aber so war es nicht mit dem guten König Hiskia. Er suchte nicht ein Bündnis zwischen Israel und Juda, nicht einmal um eine Zufluchtsstadt wieder zu erlangen, oder zu sonst einem religiösen Zweck. Nein, sondern er suchte das zerstreute Volk Gottes uni den einen Altar zu Jerusalem zu sammeln, „wohin die Stämme hinaufziehen sollen." Er hatte einen Mittelpunkt der Einheit aufgerichtet, um den alle wahren Israeliten sich scharen konnten weil sie Israeliten waren, der aber keine
Anziehung hatte für diejenigen, deren Herzen unbeschnitten waren. *)
*) Es ist wichtig zu verstehen, dass die Vereinigung der Christen ebenso streng verlangt, dass diejenigen davon ausgeschlossen seien, deren Bekenntnis und Leben zeigen, dass sie von der Welt sind, als dass diejenigen zu gelassen seien, die, so schwach sie auch sein mögen, von Gott sind. Die Anerkennung dieses Grundsatzes wurde uns von den zwei Extremen, der Gleichgültigkeit gegen das Böse einerseits, und des Sektentums andrerseits, bewahren. Wir sollen nicht diejenigen aufnehmen oder anerkennen, deren Zustand durch fleischliches Wesen und Weltförmigkcit gekennzeichnet ist; und Wehe uns, wenn wir selbst das schwächste der Lämmer Jesu zurückweisen! Es ist nicht Liebe, allerlei Weltförmigkcit, Gottvergessenheit und Unsittlichkeit zum Tisch des Herrn zuzulassen; noch ist es Reinheit, einen der Geringsten jener Kleinen, die an Jesu glauben und begehren, Ihm nachzufolgen, davon auszuschließen, selbst wenn ein solcher nicht unsere Anschauungsweise erreicht haben mag. Das große Motto für uns in dieser Beziehung ist: „Nehmet euch untereinander auf, gleichwie auch Christus euch ausgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit". (Röm. 15, 7.)
Es ist aber von der größten Wichtigkeit dass wir sehen, was ihn befähigte, die Einladung auszusenden. Wenn Hiskia in der kalten und selbstsüchtigen Ausschließlichkeit des Fleisches gewandelt hätte, so würde er die Kinder Israel ihren Götzen überlassen und nur an seinen eignen Genuss und denjenigen derer, die in unmittelbarer Verbindung mit ihm waren, gedacht haben. Aber nein; sein Herz war in der Gegenwart Gottes erwärmt und erweitert worden; er hatte die Süßigkeit und die versöhnende Wirksamkeit des Blutes gefühlt; er erkannte dessen Kraft um dem Bedürfnis des ganzen Israels zu begegnen; er wusste, dass das geschlachtete Lamm auf dem Altar die göttliche Grundlage für die Vereinigung aller fei; und daher wollte er suchen, in der anziehenden Kraft der Gnade, „die zerstreuten Kinder Gottes" zu sammeln. Und liegt nicht in diesem allem ernste Belehrung für uns? Sollen wir nicht fragen, warum wir so wenig von dieser heiligen, anziehenden Kraft besitzen? Warum sammeln wir nicht die Kinder Gottes? Ich glaube darum, weil wir nicht nach den Gedanken des Herrn Jesu wandeln, welcher sagte: „Ich, wenn ich erhöht bin von der Erde, werde alle zu mir ziehen." (Joh. 12, 32.) Wir handeln nicht gemäß des großen Grundsatzes, den Hiskia aussprach, nämlich: „Für ganz Israel ist das Brandopfer und das Sündopfer." Der Tisch des Herrn ist für alle, die Ihm angehören, und nicht nur für solche, die gewisse Ansichten haben. Wie anders würde der Zustand der Dinge sein, wenn alle diejenigen, die wirklich den Namen Jesu lieben, so tun würden wie Hiskia tat! Anstatt solche Bedingungen der Vereinigung aufzurichten, welche entweder die Unbeschnittenen zulassen oder das Israel Gottes ausschließen, würden wir dann nur ein Band haben, „das Blut des Lammes", einen Mittelpunkt, einen Tisch. Es würde ein entschiedenes Zeugnis, sowohl durch Wort als durch Tat vorhanden sein, gegen alles, was die praktische Einheit des Leibes hindern kann. Und wenn man frägt: Was sollen wir festsetzen? so antworten wir: Setzt nichts fest als Band der Vereinigung als den Namen Jesu. Sondert euch von allem ab, was solche, die dem Herrn Jesu angehören, ausschließt, oder solche, die Ihn nicht lieben, zulässt. Dies ist der Weg, um, soweit es euch betrifft, die Einheit des Leibes Christi zu verwirklichen.
Die Frage ist nicht, ob wir eine Vereinigung aller Christen erwarten dürfen, ehe der Herr kommt. Würden wir unser Handeln von dieser oder ähnlichen Fragen abhängig machen, so würden wir gar nichts tun. Wenn wir Sekten bilden oder die Bildung und Fortdauer derselben anerkennen und unterstützen dürfen, weil wir denken, dass nicht alle vereinigt werden bis der Herr kommt, so könnten wir ebenso wohl sagen, dass, weil wir, so lange wir im Fleische sind, von der in uns wohnenden Verderbnis nicht frei sein werden, es nutzlos ist, zu versuchen, dieselbe zu unterdrücken. Nein, unsere Pflicht als Einzelne ist, alles zu tun, was in unsern Kräften liegt, für die Einheit des Leibes, indem wir alles missbilligen, was die Tendenz hat, denselben zu trennen. Hiskia dachte nicht daran, zu fragen, ob die Zeit gekommen sei, die Häuser Israel und Juda zu vereinigen; er wusste, dass es der göttliche Vorsatz war, dass sie vereinigt sein sollten, und indem er dies wusste, bestrebte er sich, so viel an ihm lag, in dieser Richtung vorzugehen. Der Heilige Geist wird uns immer dahin leiten, uns den göttlichen Vorsatz zum Ziel zu setzen, und in der Ausführung desselben nach göttlichem Grundsatz zu handeln. Wenn es der Vorsatz Gottes ist, dass Seine Kinder „in eins versammelt" werden sollen, so muss es immer seinem Vorsatz zuwider sein, dass sie „zerstreut" werden. Daher dürfen wir versichert sein, dass, wenn wir uns bestreben, die Einheit des Leibes herbeizuführen, wir für einen göttlichen Zweck arbeiten; unsere einzige Sorge soll sein, nach göttlichem Grundsatz zu handeln.
Ich glaube, dass die Christen mit der Zeit immer mehr die Wichtigkeit davon fühlen werden, in den einfachen Grundsätzen der Wahrheit betreffs der göttlichen Grundlage der Vereinigung und der Gemeinschaft wohl unterrichtet zu sein. Ich möchte den gläubigen Leser auf die folgenden Schriftstellen aufmerksam machen, als auf solche, die klare und einfache Leitung über den Gegenstand der christlichen Vereinigung enthalten: „Auf dass er die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte"; und, „Ich, wenn ich erhöht bin von der Erde, werde alle zu mir ziehen". (Joh. 11, 52; 12, 32.) Hier wird Christus als der große Mittelpunkt dargestellt, um den alle Seine Glieder wie Planeten um ihre Zentralsonne kreisen sollen. Wenn also Christus der Mittelpunkt ist, ist es nicht eine ebenso große Sünde, irgendeinen andern Mittelpunkt aufzurichten, ob es auch ein Punkt der Wahrheit sein sollte, als es für Jerobeam war, durch die Aufrichtung der goldenen Kälber zu Bethel und Dan die Einheit des irdischen Volkes Gottes zu brechen, während Jerusalem der große Mittelpunkt der Einheit desselben war? Ich glaube, man wird wenigstens finden, dass die dadurch hervorgerufenen Folgen ebenso verhängnisvoll sind, was das Zeugnis in der Welt betrifft. Denn, beachten wir die Resultate dessen, was Jerobeam tat: anstatt eines Mittelpunktes waren es drei, nämlich Jerusalem, Bethel und Dan; und infolgedessen, indem die Kinder Israel sich zu ihren verschiedenen Mittelpunkten hin versammelten, entfernten sie sich gegenseitig voneinander. Hätten sie hingegen den einen von Gott bestimmten Mittelpunkt beibehalten, so wäre dadurch das Versammeln des Volkes Gottes gesichert worden, denn alle sollten nach Jerusalem kommen, von Norden, Osten, Süden und Westen, aber nicht alle sollten nach Dan oder nach Bethel gehen, weil letzteres nicht eine göttliche, sondern eine menschliche Anordnung war. Hiskia war nun so überzeugt, dass Jerusalem der Mittelpunkt war, wo ganz Israel zusammenkommen sollte, dass, indem er sie einlud dorthin zu kommen, er sagen konnte: „Kehret um zu Jehova, dem Gott Abrahams, Isaaks und Israels". Eine solche Sprache wäre ungerechtfertigt gewesen, wenn Jerusalem nicht der von Gott bezeichnete Sammelplatz gewesen wäre.
Für uns aber ist es nicht Jerusalem, sondern der Name Jesu, welcher den Mittelpunkt und das Band der Einheit bildet; und wenn irgendetwas zu dem Namen Jesu als zu unserer Vereinigung notwendig hinzugefügt wird, ist die Einheit gehindert und es entsteht eine Sekte. Ist dieser Name auch nicht genügend? Wenn die Gläubigen durch das Blut Jesu Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum, wenn dies durch die Gnade ihr gemeinsamer Platz ist, wenn ihre Namen zusammen im Buche des Lebens des Lammes eingeschrieben sind, wenn sie zusammen „mitauferweckt sind und mitsitzen in den himmlischen Örtern in Christo" jetzt schon im Geiste und durch den Glauben, und später tatsächlich miteinander dem Herrn entgegengerückt werden in die Luft, warum sollten sie nicht hier unten zusammen sein? Wir sind zusammen in Gottes Augen, und sind auf dem Weg dahin, wo wir eins sein werden angesichts der ganzen Schöpfung, und müssen wir unterwegs uns einschließen in unsern engen Einhegungen und einander böse anschauen? Ach nein, mögen alle, die diesen gesegneten Grundsatz der Vereinigung der Christen erkennen, darnach handeln, und Gott wird sicher dadurch verherrlicht werden.
Ich möchte hinzufügen, dass, gleichwie der Name Jesu das einzige Band der Vereinigung für die Seinigen, so auch der Heilige Geist die einzige Kraft des Dienstes für sie ist. Wenn nur diese beiden Grundsätze in ihrer Kraft aufgenommen werden, so ergibt sich das Weitere daraus.
Es ist nötig zu beachten, dass, während wir suchen, die Gläubigen in die Freiheit und Einheit des Geistes hineinzuführen, wir den hoffnungslosen und unwiederherstellbaren Ruin der bekennenden Kirche als einheitliche Zeugin für Gott auf der Erde nicht vergessen dürfen. Es scheint mir, dass der „Mitternachtsruf/' von Matth. 25 den Charakter zeigt, den jede Bestrebung für die Sammlung der Kinder Gottes in dieser Zeit tragen muss. „Siehe, der Bräutigam! gehet aus, ihm entgegen!" Es ist mit Recht gesagt worden, dass, wenn die Stunde der Ankunft des Bräutigams kommt, alle die klugen Jungfrauen beisammen gefunden werden. Das Gleichnis zeigt dies. Diejenigen, die das Del hatten waren alle beisammen und bereit, aber die, welche keines hatten, die Törichten, die nur äußerlich Bekennenden, waren zerstreut, indem sie Oel zu bekommen suchten. Dies sollte bei allen wahren Gläubigen den Wunsch erwecken, beisammen gefunden zu werden.
Kehren wir nun zu Hiskia zurück und sehen wir die doppelte Wirkung seiner Botschaft. „Sie verlachten sie und spotteten ihrer. Doch etliche demütigten sich." (2. Chron. 30, 10, 11.) Dies ist sehr lehrreich. Die Einladung wurde von verschiedenen Seiten sehr verschieden ausgenommen; aber die Aufnahme, obwohl in jedem Fall so verschieden, bewies, dass die Botschaft eine göttliche war, dass sie aus dem Heiligtum herrührte. Die Gnade demütigt entweder das Herz, oder ruft Verwerfung und Spott hervor, wie auch der Apostel sagte: „Den einen sind wir ein Geruch vom Tode zu Tode, den andern aber ein Geruch vom Leben zum Leben". Hiskia, der Verständnis betreffs des Wertes des vergossenen Blutes hatte, konnte die Verachtung und den Spott ertragen; und indem er sah, wie „etliche sich demütigten", muss er sich für seine Mühe, die Botschaft auszusenden, reichlich belohnt gefühlt haben. Wenn wir nun in der Energie der göttlichen Gnade wandeln würden, so würden wir die gleichen Resultate sehen; ohne Zweifel, würden die einen spotten, doch etliche sich demütigen. Wie wenig jedoch sehen wir das eine oder das andere, im Gegenteil, scheint alles im gleichen Zustand verharren zu wollen. Die Gläubigen sind nicht zusammengezogen, noch fühlen sich die Leute der Welt durch die Entschiedenheit eines heiligen Zeugnisses getroffen; eine traurige Lauheit, eine elende Neutralität wird betreffs göttlicher Dinge an den Tag gelegt, während die Dinge dieser Welt mit einem Eifer und einem Interesse gesucht werden, welche klar zeigen, wohin unsere Neigungen gehen. Wenn diesem bedauernswerten Zustand nicht entgegengewirkt wird, so wird alles in Verfall geraten. Wir können nicht neutral bleiben. Entweder sammeln wir mit Christo, oder wir zerstreuen. (Matth. 12, 30.) Wenn wir nicht für Christum arbeiten, so arbeiten wir wider ihn; nichts für Christum tun, heißt etwas für Satan tun.
Es ist bereits bemerkt worden, dass eine göttliche Ordnung in der Handlungsweise Hiskias war. Man wird dies, glaube ich, bei jedem seiner Schritte sehen. Er wollte nicht, dass die Tatsache des Götzendienstes Israels den Ausfluss seiner Liebe zu ihnen, noch seine Anstrengungen, sie zu dem einzigen wahren Platz der Segnung zu führen, hinderte. Er trachtete darnach, sie zu dem einen gemeinsamen Mittelpunkt, dem Altar zu Jerusalem, zurückzubringen; er wollte die Stämme Israels um das Passahlamm versammeln, ungeachtet ihrer vergangenen Verirrung; er wollte nach dem Wort des Herrn durch den Propheten Jesaias handeln: „Tröstet, tröstet mein Volk". In diesem allem handelte er in Übereinstimmung mit einigen der schönsten Grundsätzen der Wahrheit. Es ist immer Gottes Weise die Seele vom Bösen abzuleiten, indem Er ihr etwas Gutes darbietet. Es wäre nicht die göttliche Handlungsweise gewesen, wenn Hiskia zuerst das Fest gemeinschaftlich mit dem Hause Juda gefeiert hätte, und nachher zu den Städten Israels hinausgegangen wäre um gegen den Götzendienst zu predigen. Er würde keine Kraft gehabt haben, wenn er so gehandelt hätte. Eine der üblen Folgen jenes Götzendienstes war die Beeinträchtigung der Einheit des Volkes Gottes und ihre Zersplitterung in Sekten und Parteien; wie konnte denn Hiskia gegen Spaltungen in Israel Zeugnis ablegen, wenn er selbst nicht gemäß dem einzigen Grundsatz der Einheit angefangen hätte? Es wäre ebenso sektiererisch gewesen, die Bedeutung des Festes auf die Grenzen Judas zu beschränken, als einen andern Altar oder Mittelpunkt der Einheit aufzurichten. Die wahre Methode die Gläubigen vom Sektentum zu befreien ist, sie die Süßigkeit der Einheit schmecken zu lassen. So dachte Hiskia, und so handelte er. „Und die Kinder Israel, die sich in Jerusalem befanden, feierten das Fest der ungesäuerten Brote sieben Tage mit großer Freude; und die Leviten und die Priester lobten den Herrn Tag für Tag mit den Instrumenten des Lobes des Herrn. Und Hiskia redete zum Herzen aller Leviten, welche der guten Kenntnis des Herrn kundig waren. Und sie aßen die Friedensopfer der sieben Tage, indem sie Friedensopfer opferten und den Herrn, den Gott ihrer Väter, priesen. Und die ganze Versammlung ward Rats, sieben andere Tage zu feiern; und sie feierten die sieben Tage mit Freuden". (Kap. 30, 21—23.)
Dies war der wahre Weg, um Israel das Schlimme des Götzendienstes zu zeigen. Sie hatten nie solche glückliche Tage um das goldene Kalb zu Dan verlebt. Sie hatten Nie solche Freuden geschmeckt unter dem Einfluss von Jerobeams System der politischen Religion. Nein, nichts konnte das Herz eines wahren Israeliten so berühren wie die Lobgesänge der von Gott verordneten Priester und Leviten; nichts konnte seine Seele so stärken und erfreuen wie das von Gott verordnete Opfer. Und ist es nicht gut, dass wir die Richtigkeit irgend einer Veranstaltung beurteilen können durch die Wirkung, die sie auf die Seele ausübt? Was wirklich von Gott ist, wird die Seele wirklich glücklich machen, was hingegen nicht von Gott ist, wird den gegenteiligen Effekt haben. Wenn wir also in der hier erwähnten interessanten Scene die „große Freude" der Versammlung sehen, so sind wir sicher, dass Gott dort war, und ferner, dass jedenfalls ein mächtiger Einfluss von einer solchen Versammlung ausgehen werde. Der dort herrschende Geist konnte nicht anders als in entschiedenem Widerspruch gegenüber dem ganzen System des Götzendienstes und des Sektentums handeln, dessen verderblicher Einfluss über die Städte Israels ausgebreitet war. Wie eine Flut sollte nun eine moralische Macht von Jerusalem ausgehen, um die Altäre und Götzen des Landes Israels zu vernichten, und welche, wenn sie vorangegangen wäre, die großen Sitze des Götzendienstes und der Parteiungen umgestürzt hätte.
Die Lektion, die uns in diesem allem gekehrt wird, ist sehr klar und sehr wichtig. Der wahre Grundsatz, nach dem man in jeder Reformation verfahren sollte, ist nicht so sehr der, das Falsche niederzureißen, als vielmehr das Wahre aufzurichten. Hiskia fühlte, dass wenn er Israel nur um den wahren Altar sammeln, und sie zur Süßigkeit des wahren Gottesdienstes des Gottes ihrer Väter führen könnte, so würden die falschen Altäre bald niederfallen. Und er sah sich nicht enttäuscht; denn, „als sie dies alles vollendet hatten, zogen alle Israeliten, die sich daselbst befanden, hinaus zu den Städten Judas, und sie zerbrachen die Bildsäulen und hieben die Ascherim um, und rissen nieder die Höhen und die Altäre aus ganz Juda und Benjamin und in Ephraim und Manasse, bis sie damit fertig waren. Und alle Kinder Israel kehrten zurück, ein jeder zu seinem Besitztum, zu ihren Städten". (Kap. 31, 1.) Hier geht der Dienst ganz naturgemäß aus der Anbetung hervor, die einzige Quelle, aus der er zur Ehre Gottes fließen kann. Man könnte denken, dass jene Altäre die Aufmerksamkeit der Kinder Israel erregt und sie empört hätten, als sie auf dem Weg nach Jerusalem waren; aber dies war nicht der Fall. Nein, sie hatten zuerst nötig, die Kraft und den Segen der Wahrheit in ihren Seelen zu erfahren; sie müssten zuerst, sozusagen, an der Quelle trinken; sie mussten zum Heiligtum in Jerusalem kommen, wo der wahre Priester stand, der das wahre Opfer darbrachte, und indem sie Kraft und Freude in der Gegenwart Gottes und inmitten Seines anbetenden Volkes empfangen hatten, waren sie befähigt, auszugehen und draußen im Zeugnis für Ihn zu handeln.
Wir sehen, dass hierin Israel den gleichen Weg verfolgte wie Hiskia. Letzterer fing mit Gott im Heiligtum an; so auch ersteres. Hiskia öffnete die Thüren des Hauses des Herrn, ehe er irgendeinen götzendienerischen Altar anrührte. Die Kinder Israel fanden am Altar Gottes die Kraft, um die Altäre Satans niederzureißen. Aber, ebenso gewiss wie Hiskia die Thüren des Tempels Jehovas öffnete, würde er die götzendienerischen Altäre dem Erdboden gleichmachen; so auch nachdem Gott Israel gestärkt hatte, gebrauchten sie diese Kraft, um das Böse wegzutun. Es war nicht möglich, dass sie den Götzendienst zerstörten auf dem Weg von Dan nach Jerusalem. So ist in allen Fällen des Abweichens von der Stellung, in welche Gott uns gestellt, der richtige Weg, nicht uns bei den Einzelheiten unsers Fehlens aufhielten zu lassen, sondern durch Demütigung und Bekenntnis sofort in unsere rechte Stellung zurückzukehren. Dadurch erhalten wir eine richtige Ansicht über unser Fehlgehen und wahre Kraft gegen dasselbe. Die Kinder Israel erhielten während der vierzehn Tage ihres Freudenfestes einen rechten Begriff von der Häßlichkeit des Götzendienstes und des Parteiwesens, und zugleich die Kraft, um über diese Dinge Gericht zu üben. Diese Hütten sie nie in Dan bekommen können. Nur wenn wir aus einem wankenden Gebäude entflohen sind, können wir wirklich sehen, wie nahe es dem Zusammenstürzen ist.
So handelten beide, Hiskia und Israel in dieser Sache in Übereinstimmung mit göttlichen Grundsätzen. Erst indem sie die Segnungen der Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Gottesdienst genossen, und die Kraft desselben fühlten, konnten sie recht einsehen, wie weit sie von demselben abgewichen waren, und auch den Weg zur fernen Wiederherstellung finden.
Ich möchte hier noch ein Wort des Trostes hinzufügen für einen Leser, welcher fühlen mag, dass er in irgendwelcher Weise von Gott abgewichen sei. Wenn du das Bewusstsein hast, in geistlicher Beziehung zurückgegangen zu sein, gesündigt und den Heiligen Geist betrübt zu haben, wenn du es an der nötigen Wachsamkeit über deine Gedanken und Wege hast fehlen lassen, so dass Satan einen Vorteil über dich gewonnen hat, um dich zu schwächen und zu Plagen, wenn du über einen Fehler im Dienste Gottes beunruhigt bist, mit einem Wort, wenn irgendetwas dein Herz beschwert und deinen Geist umwölkt, so möchte ichdir sagen: Sitze nicht da im Nachdenken über das Böse versunken, sondern mache dich, wie die Kinder Israel, sofort auf und gehe zum Altar Gottes, richte deine Augen auf das Blut des Lammes, schaue direkt auf Jesum und erblicke in Ihm das Maß deiner Annahme vor dem Throne Gottes, und sei versichert, du wirst deinen Geist wiederhergestellt und gestärkt finden, um mit dem Bösen zu kämpfen, das dich so tief demütigt und den ganzen Tag unglücklich macht. Wahre Wiederherstellung kommt nicht aus einer Anstrengung, uns aus den bösen Schlingen herauszuziehen, in welche wir verstrickt sein mögen, sondern durch das Erfassen, im unbedingten Vertrauen des Glaubens, des Zeugnisses Gottes betreffs der „Gnade, womit er uns angenehm gemacht hat in dem Geliebten". Also befinden wir uns sofort unter dem vollen Lichtstrahl der erlösenden Liebe Gottes, und zertreten die Schlingen des Bösen unter unseren Füßen im heiligen Triumph des Glaubens. „Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesum Christum". Mackintosh aus: Das Leben Hiskias