JND- Friede, Gnade und Herrlichkeit


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(Nach einem Vortrag über Römer 5, 1 — 11)

Die im Anfang dieses Kapitels entwickelten Wahrheiten gründen sich auf die letzten Verse des vorhergehenden. Gott redet uns gleichsam zu, Vertrauen zu Ihm zu fassen. Der Mensch hat einst im Garten Eden das Vertrauen zu der Güte Gottes verloren. (1. Mose 3, 8.) Eva vertraute sich Satan an; sie meinte, Gott wolle das für sich behalten, was sie glücklich machen würde. Welchen Grad die Gesetzlosigkeit des Menschen seitdem auch erreicht haben und wie groß seine Entfernung von Gott sein mag, er darf gleichwohl Vertrauen zu Ihm fassen. Ein Mensch, der nicht wagen würde, seinem Nächsten ins Angesicht zu schauen, darf zu Christus mit Vertrauen gehen. Das Evangelium führt das Herz zu Gott zurück: „Denn freilich hat Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, auf dass Er uns zu Gott führe." (1. Petr. 3, 18.) In der Person Christi ist, der lebendige Gott als der Heiland-Gott erschienen; und Er hat Seine vollkommene Gnade kundgetan mittelst eines Werkes, welches schonungsloses Gericht über die Sünde bedeutete. Er ist in Christus dem Tage des Gerichts zuvorgekommen, damit Er unsere Herzen für sich gewinne. Wenn wir daher ein solches Heil vernachlässigen, so sind wir doppelt schuldig.

In den drei ersten Kapiteln des Römerbriefes wird die Schuld der Heiden und Juden bewiesen, im vierten ist die Rede von dem Tode und der Auferstehung Christi, und in den elf ersten Versen des fünften Kapitels wird die Anwendung von diesem allem gemacht. Diese Stelle spricht von der reichen Gnade Gottes; ja, im elften Verse werden wir eingeladen, uns nicht nur des Heiles, sondern Gottes selbst zu rühmen. Was die Vergangenheit betrifft, so haben die Gläubigen Frieden mit Gott; jetzt, in der Gegenwart, stehen sie in der Gunst und Gnade Gottes, und für die Zukunft haben sie die Herrlichkeit. Wenn jemand sagt, unsere Sünden seien nur zum Teil gesühnt, so ist das nicht das Evangelium. Nein, Gott sei Dank! sie sind alle hinweggetan, und wir sind betreffs ihrer in Frieden. Warum? Weil Christus unserer Übertretungen wegen dahingegeben worden ist. (Röm. 4, 25.) Wohl mag vieles, was wir getan haben, unserem Gedächtnis entschwunden sein. Gott aber weiß alles, und Er hat alle unsere Sünden, so wie Er sie kannte, auf Seinen Sohn gelegt, und Jesus hat durch das Blut Seines Kreuzes Frieden gemacht.

Frieden! Das ist ein liebliches und zugleich gewaltiges Wort. Ich kann mich z. B. freuen und gleichwohl über die eine oder andere Sache beunruhigt sein; wenn ich aber Frieden habe, so kann mich nichts mehr beunruhigen. Christus ist um Kreuze Gott begegnet, und indem Er den schrecklichen Kelch des Zornes Gottes trank, hat Er für uns Frieden gemacht. Meine Sünden sind getilgt; was meinen Zustand betrifft, so haben die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes am Kreuze auch diese Frage in Ordnung gebracht, und ich habe Frieden mit Gott. Wohl ist das Fleisch noch in mir; aber die Anwesenheit des Fleisches gibt mir nicht notwendigerweise ein böses Gewissen; es wird erst böse, wenn ich das Fleisch wirken lasse. Also von meiner Schuld bin ich gerechtfertigt, von meiner Befleckung gereinigt, und meine Übertretungen sind mir vergeben. Ich stehe vor Gott nach dem ganzen kostbaren Werte des Blutes Christi. Wenn ich aus Gott geboren bin, so erkenne ich erst, was meine Sünden sind; denn erst im Lichte sehen wir, wie unrein wir von Natur sind. Zugleich wird der Wunsch nach Heiligkeit in mir rege, und darum folgt auch dieses schöne 5. Kapitel, in welchem mir gezeigt wird, wo ich die Kraft gefunden habe, um in Absonderung von dem Bösen zu wandeln. (Vers 5.)

Gott sandte Seinen Sohn freiwillig. Niemand hat Ihn darum gebeten, niemand es Ihm ins Herz gelegt. Ich finde also die vollkommene Liebe im Herzen Gottes, des Vaters, und ich bin in die vollkommene Gnade oder Gunst Gottes gelangt; ich stehe darin. (V. 2.) Er liebt mich, wie Er Jesus liebt; Er verändert sich nie, und indem ich auf Ihn blicke, genießt meine Seele das Bewusstsein einer unendlichen Gunst. Wenn ich an das Kreuz Christi denke, so sehe ich, dass die Liebe Gottes, welche alle Erkenntnis übersteigt, den eingeborenen Sohn für mich in den Tod gegeben hat. So kenne ich denn Gottes Herz weit besser als mein eigenes, denn auf mein Herz und meine Gefühle kann ich keinen Augenblick vertrauen; weil aber Gott sich Mir als Heiland-Gott geoffenbart hat, so weiß ich, wer Er ist. Auf mich kann ich nicht rechnen; weil ich aber die Liebe Gottes kennen gelernt habe, so kann ich auf Ihn rechnen. Am Werke des Kreuzes hatte ich keinen Anteil, es sei denn durch meine Sünden und durch den Hass, der Christus kreuzigte. Deshalb beuge ich mich in den Staub, wenn ich an die Sünden denke, die Er, die vollkommene Liebe, tragen musste. Und nicht nur sind meine Sünden hinweggetan, sondern ich habe in meiner Seele auch das Gefühl der göttlichen Gunst; ich weiß, dass Er mich liebt und in Christus mit Wohlgefallen auf mich blickt, dass die Liebe, womit Er Christus geliebt hat, jetzt mein Teil ist. (Joh. 17, 26.) Wie könnten arme Erdenwürmer, wie wir sind, davon sprechen, dereinst in der Herrlichkeit Gottes zu sein, wenn nicht Er selbst dieses Ergebnis für uns bewirkt hätte? Ja, welch eine wunderbare Tatsache! Nachdem Gott alle unsere Sünden hinweggetan hat, gibt Er uns noch die Herrlichkeit. „Wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes."

Aber das ist noch nicht alles, sondern „wir rühmen uns auch der Trübsale" (Vers 3). Vielleicht ist noch mehr Böses in meinem Herzen vorhanden, als ich bis dahin gemeint und entdeckt habe, und Gott „zieht Seine Augen nicht ab von dem Gerechten (Hiob 36, 7). Er blickt stets aus mich, sei es um mich zurechtzuweisen oder um mir zu helfen. Hiob steckte in einer sehr feinen Selbstgerechtigkeit, und Gott war es, der den Kampf mit ihm begann, nicht Satan. Gott wies ihn zurecht, züchtigte ihn und sandte ihm alle jene Heimsuchungen, bis er, anstatt zu sagen: „Wenn das Auge mich sah, so legte es Zeugnis von mir ab", demütig ausrief: aber „nun hat mein Auge Dich gesehen, darum verabscheue ich mich." (Hiob 29, 11; 42, 5. 6.) Hieraus entgegnete der Herr gleichsam: Gut, Hiob; jetzt kennst du dich selbst. Das ist es, was ich haben wollte; nun kann ich dich segnen. „Die Trübsal bewirkt Ausharren, das Ausharren aber Erfahrung" (Vers 4). Durch die Trübsal wird mein eigener Wille gebrochen; ich lerne mich selbst und auch Gott besser kennen. Das ist der Zweck der Trübsale: meinen Willen zu brechen und mich von den Dingen zu reinigen, die mir noch ankleben. Ich werde gedemütigt und geübt, und lerne mehr auf die Gnade, Liebe und Treue Gottes zu vertrauen und weniger auf mich selbst. Diese Liebe Gottes ist für mich der Schlüssel zu allem, was mir begegnen kann (Vers 5). Ich sage im Blick auf die Trübsal: Gott denkt an mich; Er prüft und züchtigt mich um mir wohl zu tun (Hiob 42, 12). Ich bin der Liebe Gottes völlig versichert, denn Er hat ja Seinen Sohn für mich gegeben. Zugleich hat Er mir den Heiligen Geist geschenkt, durch den Seine Liebe in mein Herz ausgegossen wird (Vers 5). Ich besitze also Kraft.

Solange ich jenen Schlüssel zu meiner Trübsal nicht kenne und anwende, sträube ich mich gegen dieselbe. Wenn ein böses Kind von seinem Vater in die Ecke gestellt wird, so weiß es sehr wohl, dass der Vater das nicht tun würde, wenn es nicht nötig wäre. So verhält es sich auch mit uns: Der Herr stellt uns gleichsam in die Ecke, und wir sollen daselbst bleiben, bis Er uns wieder herausbringt. Ich mache dort die Erfahrung von der treuen Liebe Gottes; denn ich weiß, dass Er mich nicht dahinstellen würde, wenn es nicht nötig für mich wäre. „Er zieht Seine Augen nicht ab Von dem Gerechten." Er wacht stets und unaufhörlich über ihn zu seinem Besten, sei es um einer bösen Neigung des Herzens, die dem Gläubigen vielleicht selbst noch verborgen ist, entgegen zu wirken, sei es um ihn wegen eines schon erfolgten, aber nicht gerichteten Fehltritts zu züchtigen. (Vergl. Hiob 33, 17 mit 36, 22. 23.) „Wen der Herr liebt, den züchtigt Er." Er legt Seine Hand auf mich, und ich soll mich unterwerfen. Vielleicht ist die Ursache nicht ein besonderer Fehltritt meinerseits, sondern der Herr will einer Gefahr, die mir droht, Vorbeugen. Aber wie dem auch sei, Er legt Seine züchtigende Hand auf mich, und ich weiß durch den Heiligen Geist, welcher in mir wohnt, dass es die Liebe Gottes ist, die so handelt, und ich habe Vertrauen zu derselben. Es mag sein, dass gewisse Dinge in mir mich verhindern, diese Liebe zu fühlen; allein je mehr ich unterwiesen werde, desto besser lerne ich sie kennen. Ich sage „besser", denn kennen gelernt habe ich sie darin, dass Gott Seinen Sohn gegeben hat. „Denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben" (Vers 6). Und: „Gott erweist Seine Liebe gegen uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist" (Vers 8). Er hat das Köstlichste des Himmels für das Elendeste auf dieser Erde gegeben. So rühmen wir uns denn Gottes selbst (Vers 11). Zuerst habe ich also die dreifache Segnung Gottes kennen gelernt: Friede, Gnade und Herrlichkeit; dann lerne ich in den Trübsalen die Treue, Geduld und Güte Gottes kennen; und schließlich rufe ich aus: Welch ein Gott ist mein Gott! Diese letzte Segnung ist ewig. Ich genieße Gott selbst; ich habe Ihn kennen gelernt; ich habe einen Vater gefunden. Welch ein Gedanke! Meine Freude ist in Ihm, und wenn diese Freude auch nur in einem irdenen Gefäß ist, so besitze ich sie eben doch. Auf hem ganzen Wege, dessen Ziel die Herrlichkeit ist, zieht Er Seine Augen nie von mir ab. Mein Gott ist ein bewunderungswürdiger Gott. Darum rühme ich mich der Trübsale, weil sie für mich der Beweis sind, dass Gr an mich denkt.


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