JND- ein Brief


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Datum unbekannt

Nicht auf die sogenannten „Brüder", sondern auf die Wahrheit kommt es an, die sie haben. Gott könnte sie beiseitesetzen und Seine Wahrheit durch andere verbreiten, ja ich glaube, Er würde es tun, wenn sie nicht treu sind, obgleich Er voller Nachsicht und Erbarmen ist. Unser Platz ist, Ihm in der Verborgenheit mit Hingebung zu dienen; man sollte dabei nicht an die „Brüder" denken (es ist immer verkehrt, an uns selbst zu denken, es sei denn, dass wir uns selbst richten), sondern an Seelen um des Namens und der Liebe Christi willen, sowie an Seine Herrlichkeit und Wahrheit — damit wir nicht ein „Brüdertum" treiben, sondern mit jeder Seele um Jesu willen ihren Bedürfnissen entsprechend umgehen.

Wird aber die Aufmerksamkeit auf die Wahrheit gelenkt, welche die Brüder durch Gnade besitzen, und dies ist gegenwärtig der Fall, so erhöht dies ihre Verantwortlichkeit umso mehr. Wenn dann im allgemeinen keine größere und beharrlichere Hingabe bei ihnen gefunden wird, so sind sie nur ein Stein des Anstoßes gegen die Wahrheit. Insbesondere wird bei ihnen auf eine nichtweltliche Gesinnung, keine Gleichförmigkeit mit der Welt/ Selbstverleugnung und eine uneigennützige, selbstlose Liebe gesehen; denn das Endziel des Gebotes ist Liebe aus reinem Herzen. (1. Tim. I, 5.) Sie haben in Liebe in der Wahrheit zu wandeln; demütig, niedriggesinnt, von der Welt getrennt und ganz für Christus zu sein, und dabei so klein zu bleiben, wie sie es am Anfang waren, zufrieden, einen so geringen Platz hienieden einzunehmen — und dann wird Gott sie segnen. Wenn nicht, so kann ihr Leuchter ebenso wie der Leuchter anderer hinweggenommen werden (Offb. 2, 5), und welch ein Schmerz, welch eine Beschämung des Angesichts würde das sein nach solcher Gnade! Sie sollten sich in keiner Weise mit der kirchlichen Welt vermischen — denn was wären sie, wenn sie es tun? — sondern sie sollten die Gesinnung der Gnade gegen sie offenbaren, und indem sie das Köstliche vom Gemeinen ausscheiden, werden sie wie der Mund Gottes sein. (Jer. 15, 19.) Ich wiederhole es, ihre ganze Stellung sollte ein Zeugnis gegen diese Vermengung von Versammlung und Welt sein, ihre Tätigkeit aber ein eifriges Nachgehen nach den Seelen in deni Evangelium, damit sie Christi Eigentum werden, und ihre Predigt das volle Zeugnis der freien Gnade Gottes (denn das will Gott, und daran findet Er Wohlgefallen); anderenfalls könnte es leicht den Anschein erwecken, als wenn die Treue den Eifer dämpfe. Gerade ihnen sollte es daran gelegen sein, das Werk eines Evangelisten zu tun und ihren Dienst völlig (2. Tim. 4), und zwar demütig, ergeben, in aller Einfalt, für den Herrn abgesondert, auszuüben.

Was nun all die Tätigkeit um uns her betrifft, so ist diese eines der Zeichen der Zeit, und wir sollten uns über sie freuen; selbst wenn Christus aus Neid und Streit gepredigt wird, sollten wir dies tun, es sei denn wir haben, was sehr wohl vorkommen kann, durch eigenes Fehlen die Veranlassung dazu gegeben; aber diese Tätigkeit sollte ganz und gar nichts mit unserm Zeugnis zu tun haben. Gott ist unumschränkt und kann in Liebe wirken, wo und wie es Ihm gefällt, und darüber sollten wir uns freuen; aber in jener Tätigkeit ist wenig Absonderung vom Bösen, sondern im Allgemeinen das Gegenteil. Dort haben wir nur die Vermengung, aus welcher Gott den Menschen herausführen will. Im Anfang habe ich einige Jahre überall gepredigt, wo man es mir erlaubte, und andere haben dasselbe getan, aber damals war es doch etwas anderes; obgleich die Posaune einen undeutlichen Ton gab, war das Ergebnis selbst dann ein Herausgehen von Seelen, wenn lediglich ein volles Evangelium verkündigt wurde. Jetzt aber ist allgemein bekannt, worum es sich handelt, und das Zeugnis muss ein entschiedenes sein, verbunden mit der Predigt eines vollen Evangeliums und der vollkommenen Heilsgewissheit.

Ich glaube aber nicht, dass Angriffe auf irgendetwas unsere Aufgabe sind, sondern vielmehr höhere und vollere Wahrheit in Gnade. Petrus griff niemals die Hohenpriester an, sondern ging seinen eignen Weg. (Apg. 4, 8—12; 5, 29—32.) Das wäre ein Verlassen des wahren und erhabenen Bodens der Wahrheit von der christlichen Stellung. Dieses und die Verkündigung eines vollen Evangeliums in Gnade sollte uns von den Parteiungen der Christenheit unterscheiden; das Zeugnis gegen das Böse sollte allein unser Leben und Wandel bilden. Wir können versichert sein, dass dies, wenn es alles aufrichtig ist, nicht ohne Wirkung bleiben wird. Es mag kommen, dass die Wahrheit in Frage steht, aber Selbstverteidigung ist in jeder Hinsicht zu vermeiden: der Herr wird für uns eintreten, wenn wir Seinen Willen tun.

Vereinigung wird heute vielfach auf Kosten der Wahrheit gesucht; indem man z. B. offen zugibt, dabei die Kanzel mit Unbekehrten zu teilen. Ein geduldiges Warten, wo es sich nur um Unwissenheit und Irrtum handelt, ist hier anzuraten; aber Wahrheit und Heiligkeit, Liebe in der Wahrheit und um der Wahrheit willen kennzeichnen die Offenbarung Christi von sich selbst sowie Seinen Einfluss in den letzten Tagen. Gott bedarf unser durchaus nicht, wohl aber eines Volkes, das in der Wahrheit wandelt, und zwar in Liebe und Heiligkeit. Ich finde im Alten Testament die Worte: „Und ich werde in deiner Mitte ein elendes und armes Volk übrig lassen, und sie werden auf den Namen Jehovas vertrauen"; und im Judasbriefe, der von der Vermengung redet, die das Gericht herbeiführt, begegne ich demselben Geiste: „Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geiste, erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, erwartend die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesu Christi zum ewigen Leben." Wir dürfen, sollen, ja müssen uns am Evangelium freuen, aber gerade dies macht das Zeugnis der Brüder außerhalb des Lagers notwendiger als je, nur muss alles Wirklichkeit sein. Möchten wir in der Tat auf den Herrn warten und so Menschen gleich sein, die also tun! Seine Liebe wird mit uns sein, wenn wir nur in inbrünstiger Liebe auf Ihn warten, eben weil wir Ihn lieben — ja, möchten wir wachend erfunden werden!


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