JND- ein Brief


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Ein Brief über die Annahme des Gläubigen bei Gott.

Lieber Bruder!

Ihre Erfahrung, in einem Fall, wo das Gewissen erreicht und in Tätigkeit ist, einen Rückhalt in sich selbst zu suchen, verwundert mich durchaus nicht. Nach dem zu urteilen, was Sie mir schreiben, scheint es, dass Sie vor Ihrer Bekehrung in keine so große Seelennot gekommen sind. In solchen Fällen hat man nachher umso mehr durchzumachen. Ich persönlich machte tiefe Seelenübungen durch, ehe ich eine Spur von Frieden fand, und erst sechs oder sieben Jahre später lernte ich wahre Befreiung kennen.

Wenn wir nicht von vornherein erkannt haben, was wir sind, und noch dazu geneigt sind, den Blick auf uns selbst zu richten, so bleibt diese Erfahrung für uns nicht aus. Kommt dann noch obendrein Nachlässigkeit im Wandel hinzu, so benutzt der Feind dieselbe, uns in Ungewissheit zu stürzen und die Frage in uns aufkommen zu lassen, ob wir uns wohl nicht bei alledem betrogen haben oder uns etwa gar die Sünde gegen den Heiligen Geist haben zu Schulden kommen lassen. Letztere Erfahrung macht man öfters im Verkehr mit den Seelen, obgleich nicht einmal der Gedanke an so etwas in dem Worte Gottes enthalten ist.

Bei all diesen Fällen jedoch begeht man den Fehler, den Zustand der Seele mit der Frage der Annahme bei Gott in Verbindung zu bringen; und wer dieses tut, befindet sich eigentlich immer noch unter dem Gesetz; wer aber unter dein Gesetz ist, hält sich noch nicht für gänzlich verloren. Wohl mag er das Verständnis der Lehre nach und im Blick auf das, was er verschuldet hat, annehmen; aber dies bedeutet nicht mehr, als zu glauben, dass wir die Verdammnis verdient haben, und sie deshalb zu fürchten; es ist aber etwas ganz anderes, zu glauben, dass wir bereits völlig verloren sind, und jede Hoffnung in Verbindung mit dem, was wir sind, gänzlich aufgegeben zu haben. Wenn wir unseren Zustand mit der Frage unsrer Annahme vor Gott in Zusammenhang bringen, so versteht es sich von selbst, dass uns eine Verbesserung dieses Zustandes aus der Verlegenheit hilft. Das Gesetz setzt immer die Möglichkeit eines Zustandes voraus, der uns Frieden zu geben vermag, und der mithin ein „rettbarer" Zustand ist; einen solchen gibt es jedoch nicht. Sind wir sowieso schon verloren, so handelt es sich nicht mehr um eine Frage, die der Lösung harrt. Dieser Zustand kann sich überdies sehr in die Länge ziehen; denn wenn wir nicht in der Gegenwart Gottes leben, werden wir uns nicht offen und ehrlich dessen, was wir sind, bewusst; ohnedem aber kann von einem festen Frieden keine Rede sein, weil eben kein gegenwärtiger noch ein erhoffter Zustand die Gerechtigkeit Gottes ist. (2. Kor. 5, 21.)

Sobald dieses Werk vollendet worden, hören wir auf, auf uns selbst zu blicken, als erwarteten wir die Lösung " der Frage unsrer Annahme bei Gott in uns selbst zu finden, achten aber bei alledem hinsichtlich des Wachstums in der Gottseligkeit und des Wandels in der Gemeinschaft mit Gott auf uns selbst. (1. Tim. 4, 16.) Wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten (Eph. 1, 6); wir sind Gottes Gerechtigkeit in Ihm. (2. Kor. 5, 21.) Er erscheint für uns vor dem Angesicht Gottes (Hebr. 9, 24); wir haben das Bewusstsein unseres Verhältnisses zu Ihm und rufen „Abba, Vater", da wir in demselben Verhältnis zu Gott und in derselben göttlichen Gunst stehen wie Christus. (Röm. 8, 15; Gal. 4, 6; Matth. 26, 39.) Wir sind bemüht, mit Herzensentschluss bei unserm Gott und Vater zu verharren und befleißigen uns, den Heiligen Geist nicht zu betrüben und dem Herrn zu gefallen. (Eph. 4, 30;Kol. 1, 10); aber dies alles nach der Beziehung und der Gunst, in welcher wir als Auserwühlte Gottes, Heilige und Geliebte stehen. (Kol. 3, 12.)

Die Wahre Liebe zu Gott entspringt diesem Verhältnis, worin wir stehen, und nicht unserer Beurteilung desselben nach unserm Verhalten. Anders verhielt es sich unter dem Gesetz; da hieß es: „Du sollst lieben", und nicht: „Also hat Gott geliebt". Wir werden vollendet in der Liebe, wenn wir in Ihm bleiben, und dann lieben wir Ihn, und sollen Ihn also nicht etwa lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat. Die Liebe zu einem Höheren besteht in einem tiefen Gefühl von Seiner Liebe, die das Herz an Ihn fesselt und uns erkennen lässt, (wenn es sich um das „Soll" handelte,) wie wenig wir Ihn so lieben, als wir Ihn zu lieben schuldig sind. Dann nähren wir uns von Christus und üben Selbstgericht über alles, was Ihm nicht gefällt; wir wünschen, Ihm ganz ergeben zu sein, weil wir Ihn: alles, ja uns selbst verdanken. Außer bei diesem Selbstgericht und der stets notwendigen Wachsamkeit, denken wir an Ihn, nicht an uns selbst. Durch das Selbstgericht bleiben wir vor dem Bösen bewahrt, und dadurch, dass wir Jesus betrachten, wachsen wir zu Ihm hin und machen Fortschritte. Alsdann haben wir das Bewusstsein, dass uns nichts von Ihm und der Liebe Gottes in Ihm (Röm. 8, 35—39) zu scheiden vermag. So gelangen wir dahin, eine gesegnete Folgerung, die zugleich eine gerechte und heilige ist, zu unsrer eignen zu machen, nämlich die, dass wir, da wir nunmehr durch Seinen Tod versöhnt sind, auch durch Sein Leben gerettet werden. (Röm 5, 10.) Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir jetzt die Versöhnung empfangen haben. (V. 12.) Und wenn wir sagen können, dass Gott für uns ist (Röm. 8, 31), so wissen wir auch, dass uns nichts mehr von Seiner Liebe, die in Christus Jesu völlig geoffenbart ist, zu scheiden vermag. Dies ist des Gläubigen gegenwärtiger Platz. Welch ein Glück! Und diese gegenwärtige Freude wird auch ungestört unsre ewige Freude im Himmel bleiben.

Wenden wir nun allen Fleiß und alle Wachsamkeit an; lasst uns wachen und beten, damit wir nicht durch den Feind betrogen werden. Es ist dies nötig, ja umso mehr nötig, wenn wir uns aus der Gemeinschaft mit Gott haben bringen lassen, denn nur so werden wir erneute Kraft durch das Bewusstsein der Liebe Gottes wiedererlangen. Wenn wir aber mit uns selbst zu Ende gekommen sind und erkannt haben, dass in uns, das ist in unserm Fleische, nichts Gutes wohnt (Röm. 7, 18), so suchen wir es auch nicht mehr dort. Zu diesen: Punkte müssen wir nun geführt werden, und wenn wir dahin gekommen sind, so wissen wir, dass uns das Kreuz Christi berechtigt, die Sünde im Fleische als abgetan zu betrachten, weil sie dort ein für allemal gerichtet worden ist. Dann denken wir an die Liebe und an Gott, anstatt an uns selbst; wir nähren uns von dem Brote, das aus dem Himmel herniedergekommen ist (Joh. 6); wir werden mit Christus fest verbunden (2. Kor. 1, 21); wir fühlen, dass Er kostbar, ja dass Er unseren Seelen alles ist. Noch einmal denn: Was uns beschäftigt, ist das, was in Ihm ist, und nicht das, was in uns ist. Dies ist das gute Teil. (Luk. 10, 42.)

Friede Ihnen, lieber Bruder! Suchen Sie fleißig Sein Angesicht (Ps. 24, 6), aber beginnen Sie mit Vertrauen zu Ihm. Er ist dessen würdig. Er ist ein solcher Gott, dass Sie, selbst wenn Sie das Weib in der Stadt wären, die eine Sünderin war (Luk. 7, 37), dieses Vertrauen zu Ihm haben dürften.

Ihr Ihnen im Herrn verbundener Bruder

JND


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