JND- Der Zustand nach dem Tod


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Der Zustand der Seele nach dem Tode ist eine Sache, die uns alle sehr interessiert. Die bekennende Christenheit hat die Wahrheit von dem Kommen des Herrn zur Aufnahme der Seinen sowie zum Richten des Erdkreises vor dem Ende der Welt vielfach aus dem Auge verloren. Man hat den Umstand übersehen, dass das Neue Testament der Auferstehung aus den Toten eine besondere Wichtigkeit beilegt, und demzufolge der unbestimmten Idee, dass der Christ, wenn er stirbt, in den Himmel komme, einen derartig absoluten Charakter gegeben, dass er kaum einen anderen Begriff von Glück und Herrlichkeit zulässt.

Die Schrift redet aber zu deutlich von der Wiederkunft des Herrn und von der Lebendigmachung und Auferweckung der Seinen, als dass der Gedanke allein, durch den Tod in den Himmel zu gehen, bei erleuchteten Christen vorherrsche. Auffallend ist es auch, dass die Schrift nirgends von diesem Genhimmelgehen redet, es sei denn in dem einen Falle vom Schächer, von dem wir lesen, dass er ins Paradies ging. Es soll nicht damit gesagt sein, dass wir nicht dahin kommen: aber der schriftgemäße Gedanke ist stets, dass wir zu Christus gehen. Da Er nun im Himmel ist, gehen wir selbstredend dahin; allein die Schrift hebt nicht den Umstand hervor, dass wir, wenn wir sterben, in den Himmel kommen, sondern stellt Christus in den Vordergrund und sagt uns, dass wir bei Ihm sein werden, weil sie damit unsere Liebe zu Ihm prüfen will. Christus selbst ist nach der Schrift der vor unsere Seelen gestellte Gegenstand und nicht das Glücklichsein im Himmel, obgleich wir ja dort glücklich sein werden. Unsere arme, menschliche Natur gerät, um die Untiefen zu vermeiden, so leicht auf Klippen. Sie ist so sehr geneigt, ihren eignen Gedanken zu folgen, anstatt einfach das Wort Gottes so anzunehmen, wie es ist.

Nichtsdestoweniger hat in letzterer Zeit die wiedergewonnene Wahrheit von dem Kommen des Herrn und der dieselbe begleitende Lebendigmachung (beziehungsweise Auferweckung) der Seinen in den Gedanken vieler genug an Wichtigkeit gewonnen, um die Vorstellung, durch den Tod in den Himmel zu gehen, in den Hintergrund zu drängen.

Es ist behauptet worden, und zwar selbst von denen, die im Großen und Ganzen gesund im Glauben waren, dass die Seele schlafe und sich bis zur Auferstehung in einem bewusstlosen Zustand befinde, während dieser falsche Begriff andere wieder dahin führte, dass sie nicht allein das unmittelbare Glück der Toten in Christus leugneten, sondern sie stellten es sogar in Abrede, dass wir überhaupt in den Himmel kämen und somit auch das, was die besondere Hoffnung des Gläubigen ausmacht. Leider gingen manche auch noch weiter und leugneten die Grundwahrheiten des Evangeliums.

Es ist jetzt nicht meine Absicht die Behauptungen der Letzteren, welche die Unsterblichkeit der Seele leugnen, zu widerlegen; denn dies ist bereits durch andere zur Genüge geschehen. Ich will nur aus der Schrift beweisen, dass das Teil der Toten in Christus die unmittelbare Glückseligkeit bei Ihm ist. Es ist dies ein Zwischenzustand, wie auch gleicherweise der gegenwärtige Zustand Christi ein Zwischenzustand ist, wenn es sich um Seine Stellung als Mensch handelt, obgleich Er in Herrlichkeit ist. (Siehe Hebr. 10, 13.) Der heimgehende Gläubige während er zu Christus geht, sieht auch der Auferweckung des Leibes entgegen, und wird erst dann in dem endgültigen Zustand der Herrlichkeit sein. Gottes Vorsatz über uns, ist, dass wir dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig seien, damit Er der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. (Röm. 8, 29.) Es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wenn es offenbar werden wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist; und wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen. (1. Joh. 3, 2; 1. Kor. l.5, 49.) Die Menschen reden von verklärten Geistern, die Schrift aber nie. Dies wurde bei Gelegenheit der Verklärung für einen Augenblick tatsächlich dargestellt, namentlich als Moses und Elias in Herrlichkeit mit dem Herrn erschienen. (Luk. 9, 28—36.) Sodann lesen wir, dass sie in die Wolke (das Bild vom Vaterhaus), aus welcher die Stimme des Vaters kam, eintraten. (Siehe auch 1. Thess. 4, 17.) Es ist dies ein Bild von unserem ewigen Zustand, wenn Christus gekommen sein und uns zu sich genommen haben wird, indem Er uns verwandelt, beziehungsweise auferweckt. (1 Thess. 4, 17; 1. Kor. 15, 51—54; Philip. 3, 21.) Hierzu hat auch Gott uns bereitet und uns das Unterpfand des Geistes gegeben. (2. Kor. 5, 5.) Bei dem Herrn und Ihm für immer gleich sein ist unsere ewige Freude und die Frucht des Vorsatzes der Liebe Gottes, der uns zu Seinen Kindern gemacht hat und uns zu der für uns im Vaterhause bereiteten Stätte bringen wird. (Epheser 1, 4. 5; Johannes 14, 1—3; 1. Joh- 3, 1.)

Zweierlei ist also unser Teil: Wir werden Christus gleich und bei Ihm sein, und wir werden in Ihm gesegnet sein mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern. (1. Joh. 3, 2; Eph. 1, 3.) Die von Christus bewirkte Erlösung hat uns dieses alles gebracht, aber wir besitzen es noch nicht tatsächlich. Obwohl Gott uns schon dazu bereitet hat, so haben wir bis jetzt doch nur das Unterpfand des Geistes.

Über den ersten Punkt bezüglich unsrer Gleichförmigkeit mit Christus haben wir bereits gesprochen, und das schon in diesem Zusammenhang Angeführte bringt uns mit der Autorität der Schrift zu dem zweiten Punkt, der durch die Worte: „Also werden wir allezeit bei dem Herrn sein" bezeichnet wird. Indes füge ich noch andere Beweise dafür hinzu, dass unser Teil sich in den himmlischen Örtern befindet. Es ist dies das Kennzeichen derjenigen, welche nicht allein geglaubt, sondern mit Christus gelitten haben. (Röm. 8,17; 2. Tim. 2,11—13.)

Es wird uns gesagt, dass Gott alles unter ein Haupt in dem Christus zusammenzubringen beabsichtigt (Eph. 1, 10), dass alles durch und für Christus geschaffen ist (Kol. 1, 16. 20) und dass alles Seinen Füßen unterworfen sein wird. (Hebr. 2; 1. Kor. 15,27.28; Eph. 1,22.) Aber wir lesen auch -in Hebr. 2, dass wir Ihm noch nicht alles unterworfen sehen; denn Er sitzt noch nicht auf Seinem eignen, sondern auf dem Throne Seines Vaters. (Hebr. 1, 13; 10, 13; Offbg. 3, 21.) Die Zeit aber naht, wo nicht allein die Dinge in den Himmeln und auf der Erde versöhnt sein werden (Kol. 1, 20), sondern wo in dem Namen Jesu jedes Knie sich beugen, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekennen wird, dass der von Menschen verworfene Jesus Christus Herr ist zur Verherrlichung Gottes des Vaters. (Philip. 2, 10. 11.) Diesem allem gehen wir entgegen.

Allein, bei diesem Zusammenbringen aller Dinge unter ein Haupt in dem Christus, haben wir unser Teil in den himmlischen Örtern. Und wie dies jetzt schon im Geiste der Fall ist, so wird es auch unser Los in Herrlichkeit sein. Die beiden Dinge können eigentlich gar nicht voneinander getrennt betrachtet werden; denn, obgleich wir noch nicht in der Herrlichkeit sind, so ist diese dennoch unsere gegenwärtige Berufung, das wozu wir erlöst, und bereitet sind und worauf wir warten, und indem wir es wissen, haben wir den Schatz jetzt schon in irdenen Gefäßen, in welchen wir seufzen, uns sehnend, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden. (2. Kor. 4, 6. 7; 5, 2.)

Ist aber der Gläubige „ausheimisch vom Leibe", so hören diese Seufzer auf, und er genießt die Freude bei dem Herrn. Dann, wenn Christus gekommen sein wird, wird er einen Leib haben, der jenem himmlischen Platze entspricht, und er wird in der Herrlichkeit sein. Wir lesen in Eph. 1,3: „Der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus", dann im 2. Kor. 5, 1: „Wir wissen, dass wenn unser irdisches Haus, die Hütte, zerstört wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus nicht mit Händen gemacht, ein ewiges in den Himmeln", ferner in Philip. 3, 20: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln." Auch ist in demselben Kapitel die Rede von der Berufung Gottes nach oben. (Vers 14.) Dasselbe finden wir auch in Hebr. 6, 18—20; 9, 24, wo wir lesen, dass Christus als unser Vorläufer in das Innere des Vorhangs eingegangen ist, d. i. in den Himmel selbst. Ebenso lesen wir in Hebr. 3 von den „Genossen der himmlischen Berufung." Als solche, die durch den Heiligen Geist mit Christus verbunden sind, wissen diese sich in Christus in den himmlischen Örtern. Sie sind noch nicht bei Ihm, wohl aber in Ihm und dies ist ihr gegenwärtiger Platz. Wenn der Herr kommt, so wird Er wohl als Sohn des Menschen alle Ärgernisse und die das Gesetzlose tun, aus Seinem Reiche zusammenlesen (Matth. 13, 41. 43), doch werden die Gerechten leuchten in dem Reiche ihres Vaters; sie werden ihren Platz in dem himmlischen Teile des Reiches haben. Daher wurden Moses und Elias nicht nur in Herrlichkeit auf Erden geoffenbart (Luk. 9, 31), um uns den zukünftigen Zustand der Heiligen im Reiche vor Augen zu führen, sondern sie traten auch in die Wolke, sozusagen in die Wohnstätte Gottes ein, aus welcher sich die Stimme des Vaters hören ließ. (Verse 34. 35; vergleiche auch Joh. 14, 2.)

Es ist also klar, dass, da Gott alles unter ein Haupt zusammenbringen wird, unser Teil darin besteht, Christus in Herrlichkeit gleich und allezeit bei Ihm zu sein, indem Er uns im Gegensatz zu den zeitlichen Segnungen Israels im gelobten Lande, mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern segnet. (Eph. 1.) Wenn wir Christi Miterben sind (Röm. 8, 17), so haben wir ein weit besseres Teil als dasjenige Israels, nämlich das Vorrecht im Vaterhause zu wohnen, wohin Christus als unser Vorläufer gegangen ist. Deshalb wird klar und deutlich in der Schrift gesagt, dass unsere Hoffnung in den Himmeln aufbewahrt ist (Kol. l, 5), und zwar ein „unverwesliches, und unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil." (1. Petr. 1, 4.) Unsere Segnungen sind da, wo unsere Hoffnung hineindringt, und wo unser Vorläufer bereits eingegangen ist; die Herrlichkeit der Kinder Gottes ist himmlisch und nicht, wie die Israels, irdisch. Wir werden das Bild des Himmlischen tragen und allezeit bei dem Herrn sein. (1.Kor. 15,49; 1. Thess. 4,17.) Er ist hingegangen, um uns eine Stätte im Hause des Vaters zu bereiten, und wird wiederkommen, um uns zu sich zu nehmen. (Joh. 14, 1—4.) Er hat gesagt: „Vater, ich will, dass, die Du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin." (Joh. 17. 24.) Man könnte sich noch mehr darüber verbreiten; allein, mein Zweck ist nur, hier die schriftgemäße Darstellung und Beweise unsrer Glückseligkeit zu geben. Was ich schon gesagt habe, zeigt uns unsere Berufung die gleiche himmlische durchweg, und zwar von dem Augenblick an, da wir berufen werden, bis zur Herrlichkeit der Ewigkeit. Es gibt keine andere; es ist nur die „eine Hoffnung unserer Berufung." (Eph. 4, 4.) Gott hat uns zu Seinem eignen Reiche und zu Seiner eigenen Herrlichkeit berufen; und wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. (1. Thess. 2,12; Röm. 5, 2.) Das Haus ihres Vaters ist die Wohnstätte Seiner Kinder.

Dieses alles hat uns indes nicht in klaren Worten gesagt, worin der Zwischenzustand besteht, wiewohl es uns als ein allgemeiner Grundsatz gezeigt hat, wo unser Teil sich befindet, was die Erlösung uns gebracht hat, und wie unsere Berufung eine durchaus himmlische ist. Der Gott aller Gnade hat uns zu Seiner eignen Herrlichkeit durch Jesus Christus berufen. Wunderbare Liebe! Allein, es ist dies auch ein wesentlicher Bestandteil der Herrlichkeit Christi. Denn was ist ein Erlöser, ohne Seine Erlösten?

Nehmen wir z. B. den Hebräerbrief, so finden wir, dass der ganze Zweck der Epistel darin besteht, zu zeigen, dass unsere Berufung von vornherein eine himmlische ist, und zwar im Gegensatz zu dem Judentum, dessen Teil irdisch war und in der Wiederherstellung Israels es gleichfalls sein wird. Die Israeliten hatten einen Hohenpriester auf Erden, weil Gott Seinen Thron hienieden zwischen den Cherubim hatte. Uns aber geziemt „ein solcher Hohepriester: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden." (Hebr. 7,26.) Und warum wird gesagt: „höher als die Himmel"? Weil unser Platz und Teil dort bei Gott sind. Unser Platz und unsere Berufung sind in den himmlischen Örtern, und somit muss alles sowohl die Vortrefflichkeit des Opfers als auch der Dienst des Priesters dem entsprechend sein, wie wir auch aus diesem Briefe ersehen.

Inwiefern aber zeigt uns das Wort Gottes unseren Zwischenzustand zwischen der Zeit, während welcher wir die „Hütte" verlassen haben und der Verherrlichung derselben, wenn Christus gekommen sein und unseren Leib der Niedrigkeit umgestaltet haben wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit? (Philip. 3, 21.)

Wenn wir nun nach dem vorhergehenden Vers im Philipperbrief verstanden haben, dass des Gläubigen Berufung eine himmlische ist, so bietet uns dies keine Schwierigkeit mehr. Unser Bürgertum ist in den Himmeln. Die einzige Frage ist die: Inwiefern genießen wir es, wenn wir entschlafen? Mehr, weniger oder gar nicht? Vor allem nun lesen wir, dass Gott nicht der Gott der Toten ist, „sondern der Lebendigen; denn für Ihn leben alle." (Luk. 20, 38.) Obwohl sie (wie z. B. die im vorhergehenden Vers erwähnten Gläubigen) ganz und gar für diese Welt gestorben sind, so sind sie nichtsdestoweniger für Ihn ebenso lebend, wie je zuvor und somit auch für den Glauben. Es wird behauptet, dass sie schlafen; allein die Behauptung entbehrt jeder Grundlage. Stephanus entschlief, d. h. er starb. Es war aber nicht seine Seele, welche einschlief, als er starb. Gott wird die durch Jesus Entschlafenen mit Ihm bringen (1. Thess. 4,14), aber diese sind „die Toten in Christus." (Vers 16.) „Etliche sind entschlafen" (1. Kor. 15, 6), das heißt, sie sind gestorben; denn dies ist dasselbe Wort, wie 1. Thess. 4: „Entschlafene durch Jesus," „Entschlafen" heißt einfach „sterben" und ist eine liebliche Bezeichnung für die Tatsache, dass die Hingeschiedenen durchaus nicht aufgehört haben zu existieren, sondern in der Auferstehung wieder aufwachen werden, wie ein Mensch vom Schlafe aufwacht. (Ps.17,15.) Der Herr sagte in Joh. 2: „Lazarus, unser Freund, ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, auf dass ich ihn aufwecke." Die Jünger meinten, Er rede von der Ruhe des Schlafes, aber Jesus sagte ihnen dann geradeheraus: „Lazarus ist gestorben." Der „Schlaf" bezeichnet hier also den Tod, und das „Aufwecken" ist nicht das Aufwecken der Seele, als wenn sie für sich getrennt schliefe, sondern es ist die Zurückführung durch die Auferweckung aus dem Zustande des Todes d. h. die Auferweckung des Leibes. Entschlafen und Sterben sind für den Christen gleichbedeutende Dinge; ein Einschlafen der Seele aber ist nichts als eine Erfindung. Auf Erden lebende Personen, wie wir gesehen haben, schliefen ein oder entschliefen, d. h. sie starben. Es bedeutet weiter nichts als dieses; und dann gibt uns die Schrift klare Unterweisung über den Zustand derjenigen, die im Herrn sterben. Paulus wusste, dass Gott ihn hierzu (d. i. für die Herrlichkeit) bereitet hatte, und er redete davon, als von etwas, das mit zu dem gemeinsamen Glauben aller Christen gehörte (2. Kor. 5.), und wünschte nicht, „entkleidet" zu sein, d. h. zu sterben, sondern dass das Sterbliche vom Leben verschlungen würde.

Die, welche des Christus sind, haben Christus sowohl als ihr Leben, wie auch als ihre Gerechtigkeit, und so sind sie hinsichtlich des Sterbens stets „gutes Mutes," indem sie wissen, dass während „einheimisch in dem Leibe" sie „ausheimisch von dem Herrn" sind.

Sie haben Leben, ewiges Leben in Christus und jetzt schon einen Schatz in irdenen Gefäßen. Sobald sie aber die Hütte verlassen, in welcher sie jetzt seufzen, sind sie einheimisch bei dem Herrn. Ist nun dies etwas Besseres oder Schlimmeres? Und wo ist der Herr? Der Gläubige hat jetzt schon den Heiligen Geist als die Kraft des neuen Lebens; handelt es sich dann darum, dass der Geist des Lebens in Christus Jesu in diesem Falle einfach einschläft und nichts mehr weiß? War er deswegen stets gutes Mutes, der eine solche Macht des Lebens in Christus erblickte, dass er nicht so sehr an den Tod dachte, als daran, dass das Sterbliche von dieser Macht des Lebens in Christus verschlungen würde? Oder war etwa das Leben, das er schon in dem Geiste besaß, nunmehr zu nichts anderem fähig als einzuschlafen? Wir müssen bedenken, dass Christus unser Leben ist, und dass weil Er lebt, darum auch wir leben. (Joh. 14, 19.) Hört dann etwa, wenn wir sterben, unsere Vereinigung mit Christus auf? Könnte etwa Christus in uns einschlafen? Wird das Werk Gottes in uns zu nichts?

Paulus, lesen wir, war bedrängt und wusste nicht nach Philip. 1, was er erwählen sollte, indem er Lust hatte abzuscheiden und bei Christus zu sein, was weit besser war. Beachten wir, um was es sich hier handelt, nämlich um das Sterben, dass es Gewinn für ihn war, obwohl er sich schon des Lebens in Verbindung mit Christus erfreute. Er besaß schon die hohe Freude der Erkenntnis Christi als seines Lebens, und er lebte gänzlich für Ihn, sodass das Bleiben im Fleische für ihn der Mühe wert war. Fand er es nun „weit besser," und „für Gewinn/' dahinzuschwinden, einzuschlafen und nichts mehr von Christus oder sonst etwas zu wissen? Ist es nicht aber einleuchtend, dass, wenn er von dem Dortsein bei Christus redet als von etwas weit Besserem wie selbst der Dienst — für den es der Mühe wert war hienieden zu leben —, er die Glückseligkeit der durch Jesus Entschlafenen hervorheben will? Wer würde meinen, wenn ich über die Freude und den Nutzen eines mir in Aussicht gestellten Besuches bei einem Freunde redete, dass ich nur damit sagen wollte, ich würde ganz fest schlafen und überhaupt nicht wissen, wo ich wäre?

Doch wir haben mehr als dies. Der Herr versichert den Räuber, der Ihn unter allen Menschen allein in jener denkwürdigen Stunde bekannte, dass er an demselben Tage mit Ihm im Paradiese sein würde. War es denn keine Glückseligkeit, dass er mit Ihm nach Seiner Verheißung im Paradiese war? Bedeutete es etwa, dass er einschlafen und gar nichts mehr wissen sollte?

Es ist auch bezeichnend, dass diese Worte sich in dem Evangelium des Lukas vorfinden, der uns durchweg das Zeugnis der göttlichen Gnade in dem Sohne des Menschen und den Segen für den Menschen als eine gegenwärtige Sache vorstellt. Daher lesen wir: „Heute wirft du mit mir im Paradiese sein." Nur die beiden ersten Kapitel des Evangeliums bilden eine Ausnahme; denn diese handeln von dem armen, gottseligen Überrest (wie Simeon und Hannah u. a. m.), welcher Christus erwartete; und sie liefern uns ein kostbares Gemälde jener Armen im Geiste, welche Gott angehörten inmitten des widerspenstigen und ungläubigen Israel. Dann enthüllt Lukas das Geschlechtsregister Christi, indem er bis auf Adam zurückgeht, und offenbart durch sein ganzes Evangelium hindurch die Gnade, die in dem Sohne des Menschen erschienen ist, um den Menschen jetzt schon zu segnen, und zwar auf eine himmlische Weise. Dieses Evangelium beschäftigt sich nicht wie das des Matthäus mit den Haushaltungen, sondern es stellt, ganz abgesehen von allen Haushaltungen, die Gnade Gottes, und zwar eine gegenwärtige Gnade dar, die himmlische Gnade durch das Evangelium, die gegenwärtige Lage der Dinge in Bezug auf Gott und die Menschen. Es entspricht nach seinem Maße dem Zeugnis und der Lehre Pauli sowie auch der Apostelgeschichte. Obgleich nun der Schächer ein leuchtendes Beispiel der Macht der Gnade und des Glaubens war, indem er Christus gerade dann als Herrn bekannte als alle anderen Ihn verwarfen, so ging dennoch selbstredend seine Erkenntnis nicht weiter als die seiner Landsleute. Demnach richteten sich seine Gedanken auf das kommende Reich. Er war dessen gewiss, dass der, welcher neben ihm am Kreuze hing, zur bestimmten Zeit in Seinem Reiche kommen würde, und in dieser Zuversicht bat er Ihn, sich seiner dann zu erinnern. Die Antwort des Herrn war in Übereinstimmung mit dem soeben erwähnten Charakter des ganzen Evangeliums. Es war, als wenn Er sagte: Du sollst nicht einmal so lange warten; ich bringe dir jetzt schon das Heil durch Gnade; heute, an diesem selbigen Tage, wirst du mit mir im Paradiese der würdige und paffende Genosse des Christus in der Glückseligkeit sein.

Dies ist also das Teil der Toten in Christus; sie befinden sich in der Glückseligkeit bei Ihm, sie sind ausheimisch vom Leibe aber einheimisch bei dem Herrn. Ich kenne schon die jämmerliche Ausflucht, die manche hier gebrauchen, indem sie die Stelle also gelesen haben wollen: „Wahrlich, ich sage dir heute, dass du mit mir im Paradiese sein wirst." Dadurch wird ihr nicht nur ihre Bedeutung im Einklänge mit dem ganzen Charakter dieses Evangeliums genommen, sondern es ist auch die ganze Satzordnung entstellt und der Sinn vernichtet. Das Wörtchen „heute" steht am Kopf des Satzes, um die Entgegnung auf das Wort des Räubers, „wenn du in deinem Reiche kommst," ganz besonders zu betonen. Es ist kindisch jenes Wörtchen mit des Herrn feierlichen Versicherung: „Wahrlich, ich sage dir," verbinden zu wollen und zerstört die Anspielung auf die Bitte des Schächers, der nur hoffen wollte, dass Christus, wenn Er in Seinem Reiche kommen würde, sich seiner erinnern möchte. „Nein," sagt der Herr mit Seinem feierlichen „wahrlich," „du sollst nicht einmal so lange warten, sondern wirst heute noch mit mir im Paradiese sein." Was würde denn das Wort: „Wahrlich, ich sage dir heute" für einen Sinn haben? Es würde die ganze Feierlichkeit der Aussagen des Herrn vernichten, während die Worte: „Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein," weit über die Hoffnung des Räubers hinausgingen und uns andere als die irdischen Freuden des Reiches offenbaren, die unser harren, wenn wir aus dieser Welt scheiden, um bei dem Herrn zu sein.

Die Bosheit der Juden war das Werkzeug, wodurch die Verheißung des Herrn für den Räuber in Erfüllung ging, sowie dieselbe Bosheit auch das Mittel zur Ausführung des Erlösungswerkes war, welches den Schächer berechtigte bei Jesu im Paradiese zu sein. Es war dies auch die Erwartung des Stephanus, als der Tod ihm bevorstand. Er sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus, und sagte: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf." Nahm ihn nun der Herr zu sich oder nicht? Oder machte Er einfach seinem Dienst und seiner Freude ein Ende, indem Er ihn einschlafen hieß?

Der Zwischenzustand ist also nicht die Herrlichkeit; denn zu deren Besitz gehört auch unser Leib. Wir lesen: „Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit"; und was die Lebenden betrifft, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, so lesen wir: „Der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit." Aber der Zwischenzustand bedeutet die Glückseligkeit inzwischen dort, wo nichts stören kann. Man ist bei Christus selbst, der Quelle unaussprechlicher Freude. Wir können versichert sein, dass Paulus und Stephanus in ihren Hoffnungen nicht getäuscht sind, und dass der Herr dem Räuber Wort gehalten hat. Ich frage jedes aufrichtige Herz, ob die in 2. Kor. 5, in Philip. 1 und in Apstg. 7 herrliche Zuversicht und Hoffnung, sowie die an den Räuber gerichteten Worte des Herrn ein Einschlafen und eine Bewusstlosigkeit bedeuten können? Als der Herr den Zustand des reichen Mannes sowie den des Lazarus nach dem Tode schilderte, wollte Er etwa damit zeigen, dass der Gottlose oder der Gerechte eingeschlafen war und von nichts wusste? Man wird mir vielleicht entgegnen, dies sei ein Bild, und ich gebe es zu. Aber ein Bild wovon? Es ist sicherlich nicht ein Trugbild, und stellt uns ganz gewiss nicht Menschen vor, welche eingeschlafen sind und die weiter nichts wissen.

Wenn überdies 2. Kor. 5, 6—8 einen glückseligen Zustand bei dem Herrn bezeichnet, so will uns dieses Wort nichts anderes sagen als dass es, wenn wir sterben, nur Glückseligkeit für uns bei Ihm gibt. Beachten wir auch, dass es in diesem Abschnitt gerade ums Sterben handelt. (Siehe 2. Kor. 1,9; 4, 8 — 18.) Wiederum bezeichnet das Wort „ausheimisch vom Leibe, einheimisch bei dem Herrn" nicht die Auferstehung, sondern besagt, dass man den Leib verlässt und nicht, wie es bei der Auferstehung der Fall ist, dass man den Leib wieder- nimmt; das Abscheiden, um bei Christus zu sein, ist nicht etwa Sein Kommen, um. die Toten in Christus aufzuerwecken oder uns zu verwandeln. Auch hier wiederum (Phil. 1) redet der Apostel vom Sterben und Leben und sagt, das Sterben sei Gewinn.

Wie die Geister der Toten in Christus Ihn genießen, können wir nicht sagen; dies bereitet uns aber keine Schwierigkeiten. Mein Geist genießt schon jetzt Christus, trotz des ihn umgebenden irdenen Gefäßes. Es heißt: „Welchen ihr, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, liebet; an welchen glaubend, obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket." Wir haben Ihn nicht gesehen und sehen Ihn auch jetzt nicht, dennoch lieben wir Ihn und frohlocken. Es ist also nicht etwa mein Leib, der Ihn genießt, sondern meine Seele und zwar in geistlicher Weise, trotz aller Hindernisse des irdenen Gefäßes. Stürbe ich nun, so wird sie Ihn genießen ohne Störung und zwar als einheimisch bei dem Herrn. Der Gläubige kann vollkommen gewiss sein, dass er einheimisch bei dem Herrn sein wird, so wie er diesen Leib verlässt, und wenn Seine Gegenwart ihm jetzt schon Freude bereitet, so wird auch dann die ungetrübte Freude Seiner Gegenwart ihm zuteil werden. Es kann niemand mehr als ich auf der Wiederkunft und Erwartung des Herrn sowie auf der Wichtigkeit der Auferweckung bestehen. Immer wieder komme ich darauf zurück, so oft sich mir bei den Gläubigen eine Gelegenheit dazu darbietet; aber um keinen Preis möchte ich im Blick auf die Toten in Christus dadurch die Wahrheit: „dass für Gott alle leben," in irgend einer Weise schwächen, noch die vollkommene Freude, Glückseligkeit und den „Gewinn," bei dem Herrn zu sein, wenn wir sterben, im geringsten Maße verringern. Dieses alles hat mit Recht über manches Sterbebett himmlisches Licht verbreitet, wie es, wenn der Herr noch verziehen sollte, auch fernerhin der Fall sein wird.

Die Schrift redet mit großer Klarheit über die Glückseligkeit der Toten in Christus und zeigt uns, dass bei Ihm zu sein etwas weit Besseres ist als der erfolgreichste Dienst hienieden. Sie redet aber auch in einer ebenso klaren und ausdrücklichen Weise von dem Kommen des Herrn zur Aufnahme der Seinen, und dieses leitet den vollkommenen und endgültigen Zustand der ewigen Glückseligkeit ein, der mit der Hochzeit des Lammes beginnt, und in welchem sie alsdann allezeit bei dem Herrn sein werden.


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