Der Schreiber dieser Seiten (er hofft, nicht deren Verfasser)
möchte, was immer Gott ihm im Dienen darreichen
mag, hinzufügen zu dem Fortschritt der Kirche
durch die verschiedenen Übungen, denen ihr Glaube
ausgesetzt ist. Er kann nicht daran zweifeln, daß vieles
von der moralischen Wahrheit, von der die folgenden
Betrachtungen abhängen, in den Gedanken der Gläubigen,
derer, die das göttliche Wort studieren, verwirklicht
worden ist; jedoch fühlte er in der geringen Gemeinschaft
— trotz vielen Umgangs — die solche miteinander
haben, daß die Äußerung dieser Gedanken durch
den Segen Gottes vielleicht die Aufmerksamkeit der
Gläubigen auf ihre eigentlichen Ziele lenken und sie der
Kirche vom göttlichen Worte her deutlicher kundtun
könnte; sowie daß sie folgüch durch ihre Aufnahme
deren (der Kirche) Wesen und Verhalten bestimmen
könnte; dies möchte unter dem Segen Gottes zu großer
Beständigkeit in den Handlungen führen, möchte sie befestigen,
stärken, sie in ihren eigenen Hoffnungen gründen
und sie mit mehr Klarheit und Kraft die Gnade
Gottes der Welt gegenüber darstellen lassen; auch
möchte sie Gläubige zu ausdrücklicherem Vertrauen auf
die Tätigkeiten des göttlichen Geistes hinführen und
dazu, weniger auf das Planen der Menschen und menschliches
Zusammenarbeiten zu bücken, oder auf das, was
sich am Ende als menschliche Interessen herausstellt.
Während die Ziele und Vorsätze der Gläubigen ihrem
Wesen nach sehr unterschiedlich sind und weit unter
den Standard fallen, für den Gott sie gesammelt hat und
den Er als einfiußgebenden Gegenstand ihres Glaubens
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und folglich der Beweggründe ihres Verhaltens vorgesehen
hat, sind doch Trennung und Sektierertum —
selbst in der Barmherzigkeit der Vorsehung Gottes —
zwangsläufig das Ergebnis, ob dies den Charakter der
Staatskirche oder der Dissidenten (Andersgläubige) annimmt.
Ich setze hier voraus, daß die großen Wahrheiten des
Evangeliums der Glaube sind, zu dem die Kirchen sich
bekennen, wie es in allen aufrichtigen protestantischen
Kirchen ist. Denn die gerechte Folge der Annahme der
Evangeliumstatsachen im Glauben und ihr Zweck im
Menschen ist die Reinigung der Wünsche in Liebe —
ein Leben für Ihn, der für uns starb und auferstand —
ein Leben der Hoffnung auf Seine Herrlichkeit. Darum
Einheit vorauszusetzen, wo das Leben der Kirche gänzlich
unvereinbar ist mit den gerechten Folgen ihres
Glaubens, heiße voraussetzen, daß der Geist Gottes in die
moralische Unvereinbarkeit des entarteten Menschen
einwilligen würde und daß Gott Sich damit begnügt,
daß Seine Kirche unter die Herrlichkeit ihres großen
Hauptes hinabsinkt, sogar ohne ein Zeugnis darüber,
daß Er dadurch verunehrt wird. In Wahrheit ist es
niemals so gewesen: Gerichte von draußen bezeichneten
Sein Mißfallen eine längere Zeit, während sie fiel, und
als sie völlig in der Abtrünnigkeit versunken war, erweckte
Er Seine Zeugen, die seufzen und schreien sollten wegen
der Greuel, die in ihr getan wurden; die in der großen
Finsternis geistlichen Verständnisses gegen die moralische
Verderbtheit, die die Kirche überwältigt hatte, zeugten,
und die, in der Anerkennung, daß der Herr Jesus sie aus
dieser gegenwärtigen bösen Welt erlöst hatte, die Abtrünnigkeit
der bekennenden Kirche bezeugten. Als es
Gott gefiel, dieses Zeugnis an einen Platz der öffentlichen
Bestätigung zu rücken, — während die Wahrheit
lehrmäßig (so möchten wir glauben) zur Gründung und
Erbauung des Glaubens der Gläubigen völlig entwickelt
war, — so folgt keinesfalls daraus, daß die Kirche hierauf
aus dem Tiefstand in Geist und Kraft völlig herauskam
und den Charakter annahm, den sie im Vorsatz ihres
Urhebers hat, und ein angemessenes und deutliches
Zeugnis Seiner Gedanken der Welt gegenüber wurde.
Dies war in der Tat, so gesegnet die Reformation auch
gewesen sein mag — und wir sind alle verpflichtet, sie
sehr dankbar anzuerkennen —, nicht der Fall; sie war
sehr offenkundig mit menschlicher Tatkraft vermischt.
Und obgleich die Darlegung des Wortes als das, worauf
die Seele ruhen konnte, gnädiglich gewährt wurde, blieb
immer noch viel von dem alten System in der Verfassung
der Kirchen, was keinesfalls des Ergebnis der Entfaltung
des Sinnes Christi war, als das Licht und die Autorität
des Wortes aufgestellt wurden. Das gab dem Zustand und
der Praxis der Kirche (wie vortrefflich einzelne auch
gewesen sein mögen) einen Charakter, der, wie viele
erkannten, nicht das erreichte, was Gott annehmlich war;
und da die Autorität des Wortes als Grundlage der
Reformation anerkannt worden war, suchten viele, ihm
vollkommener zu folgen, wie sie vermuteten. Deshalb
entstanden die ganzen Zweige von Andersgläubigen und
von der Staatskirche Getrennten, und zwar im Verhältnis
zu der Weltlichkeit oder Entfremdung von Gott
in der Körperschaft, die öffentlich als die Kirche anerkannt
war. Denn es muß beachtet werden, daß seit der
Zeit, da das Papsttum die Oberhand über die Nationen
hatte bis vor kurzem, unter denen, die an der Wiederbelebung
der Religion teilgehabt haben, jenes im allgemeinen
die Kirche genannt worden war, die als solche
von den Herrschern dieser Welt angenommen wurde,
aber nicht von Personen, die aus der Gewalt der Finsternis
errettet und in das Reich des Sohnes Seiner Liebe
versetzt waren, die „zu der Versammlung der Erstgeborenen,
die in den Himmeln angeschrieben sind"
gekommen waren.
Diese Beobachtungen sind in gewissem Maße auf die
ganzen großen nationalen protestantischen Körper-
Schäften anwendbar, seit die äußere Form und Verfassung
so in den Vordergrund traten, was ursprünglich,
als es um Befreiung von Babylon ging, nicht der Fall war.
Aus all dem ergab sich eine regelwidrige und prüfende
Folgerung, nämlich, daß die wahre Kirche Gottes überhaupt
keine anerkannte Gemeinschaft hat. Es gibt,
nehme ich an, keines ihrer Glieder, das jetzt nicht zugibt,
daß einzelne Kinder Gottes in all den verschiedenen
Benennungen gefunden werden können, die den gleichen
reinen Glauben bekennen; wo aber ist ihr Band der
Vereinigung ? Nicht, daß ungläubige Bekenner mit dem
Volke Gottes in ihrer Gemeinschaft vermischt sind,
sondern das Band der Gemeinschaft ist nicht die Einheit
des Volkes Gottes, sondern in Wirklichkeit (als eine
Tatsache) seine Unterschiede.
Die Bande nomineller Vereinigung sind derart, daß sie
die Kinder Gottes voneinander trennen; anstatt daß
Ungläubige mit ihnen vermischt gefunden werden (an
sich ein unvollkommener Zustand), wird das Volk
Gottes in einzelnen inmitten von Körperschaften der
bekennenden Christen gefunden, verbunden in Gemeinschaft
auf anderen und verschiedenen Grundlagen
— in der Tat überhaupt nicht als das Volk Gottes
erkenntlich. Die Wahrheit davon, denke ich, kann nicht
verleugnet werden, und sicherlich ist es ein sehr ungewöhnlicher
Zustand, in dem die Kirche sich befindet.
Ich denke, das Studium der Kirchengeschichte (indem
daran gedacht wird, was die wahre Kirche Gottes ist)
wird uns befähigen, das zu erklären. Dies ist nicht meine
jetzige Absicht, da ich lediglich über den Grundsatz
dieses erforschenden, stärkenden Merkmals schreibe, auf
welchem jene, die den Herrn fürchteten, sich oft miteinander
unterredeten. Aber es muß sicherlich eine
große praktische Bedeutung für das Urteil jener bilden,
die, da sie Jerusalem lieben, es bedauern, es im Staube
zu sehen — jene, die „auf den Trost Israels" warten.
Ich glaube wirklich, daß es eine allmähliche Entfaltung
des Volkes Gottes durch Absonderung von der Welt
geben wird, von der viele jetzt vielleicht wenig halten.
Der Herr wird bei Seinem Volke in der Stunde der Versuchung
gegenwärtig sein und sie in dem Verborgenen
Seiner Gegenwart verbergen; aber es ist nicht meine
Absicht, meinen eigenen Gedanken darüber mutmaßlich
zu folgen. Wir können bemerken, daß das Volk Gottes
seit der zunehmenden Ausgießung* Seines Geistes eine
Art Heilmittel für die Uneinigkeit (offenkundig ein unvollkommenes,
wiewohl nicht unwahres) in der Bibelgesellschaft
und in missionarischen Anstrengungen gefunden
hat; das gab dem einen eine Art lose Einheit im
gemeinsamen Anerkennen des Wortes, in der man bei
näherer Untersuchung finden wird, daß sie in unvollständiger
Weise den Keim wahrer Einheit in sich birgt,
obwohl in ihrer Kraft nicht enerkannt,—dem anderen eine
Einheit von Wünschen und Handlungen, welche in
Gedanken jenem Reiche zustrebte, dessen mangelnde
Kraft gefühlt wurde. Und hierin fanden sie eine gewisse
Erleichterung für jenes Gefühl des Mangels, welches das
Wirken des göttlichen Geistes in ihnen hervorgerufen
hatte.
Aus dem Zustand, von welchem ich gesprochen habe,
ergaben sich andere Versuche, entweder das Streben
nach Erkenntnis oder der Wunsch nach geistlichem
Leben, indem sie sich Übungen unterzogen, oft auf
Gefahr für den einzelnen in (wie man es sich vorstellen
kann) mißverstandenen Bemühungen, eine Absonderung
oder Wiedervereinigung der Gläubigen hervorzubringen,
und sie nahmen dabei einen Boden in ihrer Absonderung
ein, der ganz verschieden von gewöhnlichen Andersgläubigen
wie auch von der öffentlichen Kirche war. Der
Geist und der Wunsch, in welchem vieles davon ausgeführt
wurde, war zweifellos in vielen Fällen das aufrichtige
Sehnen einer durch den Geist Gottes getriebenen
Gesinnung; aber oft hatte es Mängel gezeigt, weil man
nicht praktisch Seines Willens harrte und wenn auch
zweifellos ein Teil jenes Zeugnisses von dem, was die
Kirche war, abgegeben wurde, was mit der Schwachheit
unserer Natur und der tatsächlichen Stellung der Kirche
übereinstimmte, ja, selbst wenn auf höchster Stufe, so
hat es doch aus dem erwähnten Grunde versagt, da es in
der Tat dem allgemeinen Fortgang der göttlichen Ratschlüsse
vorauslief. Aber jene Bemühungen des Geistes
in uns (denn ich glaube, solche waren es) verdienen
sicherlich ernste Aufmerksamkeit des Volkes Gottes.
Dieses schmerzliche Bewußtsein unseres unermeßlichen
Abstandes von jener echten Darstellung des Vorsatzes
Gottes in Seiner Kirche, dieses Suchen nach Seiner
Kraft und Herrlichkeit müßte uns zur Dankbarkeit
führen, daß Er immer noch so mit uns handelt, und dazu,
es als ein Pfand jener Treue anzunehmen, die das Volk
Gottes zur rechten Zeit in der Herrlichkeit des Herrn
leuchten lassen wird. Es sollte uns auch dazu führen,
fleißig zu suchen, was in den Gedanken Christi über
den Pfad der Gläubigen an dem jetzigen Tage ist, damit
er — obwohl nicht genau nach ihren eigenen Wünschen,
— doch vollkommen dem entspricht, was Sein gegenwärtiger
Wille für sie ist. Wir wissen, daß es der Vorsatz
Gottes in Christo war, alle Dinge im Himmel und auf
Erden zusammenzubringen; mit Ihm Selbst versöhnt
durch Ihn; und daß die Kirche, obschon zwangsläufig
unvollkommen in Seiner Abwesenheit, so doch durch
die Tatkraft des Geistes das Zeugnis hiervon auf der
Erde sein sollte, indem die zerstreuten Kinder Gottes
versammelt werden. Gläubige wissen, daß alle, die aus
dem Geiste geboren sind, eine wesentliche Einheit des
Sinnes haben, um so einander als Brüder zu kennen und
zu lieben. Doch das ist nicht alles, selbst wenn es praktisch
erfüllt wäre, was aber nicht der Fall ist; denn sie
sollten alle so eins sein, damit die Welt erkennen könnte,
daß Jesus von Gott gesandt war; hierin müssen wir alle
unser klägliches Versagen bekennen. Ich werde nicht so
sehr versuchen, Maßregeln für die Kinder Gottes hier
vorzuschlagen, als vielmehr heilsame Grundsätze festzustellen;
denn für mich ist es offenbar, daß es von
dem wachsenden Einfluß des Geistes Gottes und Seiner
unsichtbaren Belehrung herrühren muß; aber wir mögen
beachten, was wirkliche Hindernisse sind, und worin
jene Einheit bestand.
An erster Stelle ist nicht eine formelle Vereinigung der
nach außen hin bekennenden Körperschaften das Wünschenswerte
; es ist wirklich überraschend, daß nachdenkliche
Protestanten das wünschen sollten; weit davon entfernt,
Nutzen zu bringen, stelle ich mir vor, es würde unmöglich
sein, daß solch eine Körperschaft überhaupt als
die Kirche Gottes anerkannt werden könnte. Es würde
ein Gegenstück zur römischen Einheit sein; wir würden
das Leben der Kirche und die Kraft des Wortes verloren
und die Einheit des geistüchen Lebens gänzlich ausgeschlossen
haben. Welche Pläne auch in der Vorsehung
liegen mögen, wir können nur nach den Grundsätzen
der Gnade handeln; und wahre Einheit ist die Einheit
des Geistes, und sie muß durch die Tätigkeit des Geistes
bewirkt sein. In der großen Finsternis der Kirche war
bisher die äußere Trennung die meiste Hilfe, nicht nur
wegen des Eifers (was im allgemeinen durchaus zugegeben
wird), sondern auch wegen der Autorität des
Wortes, was als Mittel zum Leben der Kirche dient; und
die Reformation bestand nicht, wie gewöhnlich gesagt
worden war, in der Einsetzung einer reinen Form der
Kirche, sondern im Herausstellen des Wortes und der
großen christlichen Grundlage und dem Eckstein:
„Rechtfertigung aus Glauben", worin Gläubige Leben
finden können. Doch außerdem können wir, wenn der
Blick, der auf den Zustand der Kirche geworfen worden
ist, richtig ist, urteilen, daß der ein Feind für das Werk
des Geistes Gottes ist, der die Interessen irgendeiner
besonderen Benennung sucht; und daß jene, die an „die
Macht und Ankunft unseres Herrn Jesu Christi" glauben,
sich sorgfältig vor solch einem Geiste bewahren sollten;
denn es hieße die Kirche in einen Zustand, der durch
Unwissenheit und Ununterwürfigkeit dem Worte gegenüber
veranlaßt war, zurückzuzerrren und ihre schlimmsten
und antichristlichsten Ergebnisse zur Pflicht zu
machen. Dies ist eine äußerst listige und vorherrschende
geistige Krankheit: „ . . . der uns nicht nachfolgt", selbst
wenn Menschen wirklich Christen sind. Möge das Volk
Gottes zusehen, ob sie nicht die Kundwerdung der
Kirche durch diesen Geist hindern. Ich glaube, es gibt
kaum eine öffentliche Handlung christlicher Menschen
(wenigstens bei dem höheren geistlichen Stand oder bei
jenen, die in den bekennenden Kirchen tätig sind), die
nicht davon angesteckt ist; jedoch ist ihre Tendenz
offenkundig feindlich für die Belange des Volkes Gottes
und für die Offenbarung der Herrlichkeit Christi.
Christen sind sich wenig bewußt, wie dies in ihren Gedanken
vorherrscht; wie sie das Ihrige suchen, nicht das,
was Jesu Christi ist; und wie das die Quellen der Gnade
und geistlichen Gemeinschaft austrocknet; wie es die
Ordnung ausschließt, der Segen anhaftet — das Zusammenkommen
im Namen des Herrn. Keine Versammlung,
die nicht im Sinn hat, alle Kinder Gottes auf der
ganzen Grundlage des Reiches des Sohnes einzuschließen,
kann die Fülle des Segens finden, weil sie ihn nicht in
Betracht zieht, — weil ihr Glaube ihn nicht umfaßt.
Wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind,
ist Sein Name dort der Nachweis des Segens; weil sie in
der Fülle der Kraft der unwandelbaren Interessen des
ewigen Reiches zusammengekommen sind, in welchem
es dem herrlichen HERRN gefallen hat, Sich Selbst zu
verherrlichen und Seinen Namen und Sein rettendes
Heil in der Person des Sohnes durch die Kraft des
Geistes kundzutun. Deshalb gehen sie in dem Namen
Christi (wie groß auch das Maß des Glaubens sein mag)
in die vollen Ratschlüsse Gottes ein und sind Mitarbeiter
Gottes. Deshalb wird das, worum sie auch bitten mögen,
ihnen werden, damit der Vater in dem Sohne verherrlicht
werde. Aber die wahre Grundlage, auf der diese
Verheißungen ruhen, ist zerbrochen und ihre Folgerichtigkeit
dahin durch die Bande der Gemeinschaft, die
nicht nach dem Ziele des Vorsatzes Gottes in Christo
gebildet sind. Ich sage zwar nicht, daß sie nicht ein
schwaches Maß geistlicher Nahrung finden mögen,
welches, obschon im allgemeinen einseitig in seinem
Wesen, dazu angetan sein mag, ihre persönliche Hoffnung
auf ewiges Leben zu stärken. Aber die Herrlichkeit des
Herrn ist der gläubigen Seele sehr nahe und in dem
Maße, wie wir sie suchen, wird persönlicher Segen zu
finden sein. Das läßt mich in der Tat an jene denken (da
zweifellos alle ein gesondertes Teil von der Form der
Kirche haben), die die Kleider des Heilandes unter sich
verteilten; wohingegen um Seinen Leibrock, der nicht
zerrissen werden konnte, der seinem Wesen nach unzertrennbar
war, das Los geworfen wurde, wessen er sein
sollte; aber währenddessen läßt man Seinen Namen, die
Gegenwart der Kraft, dessen Leben sie alle in passender
Weise vereinen würde, bloßgestellt und verunehrt. Ich
fürchte tatsächüch, daß diese zu sehr in die Hände jener
gefallen sind, die sich nicht um Ihn kümmern, und daß
der Herr Sich nie wieder mit ihnen bekleiden wird, wie
sie im gegenwärtigen Zustand gesehen werden. In der
Tat, es könnte nicht sein, wenn Er in Seiner Herrlichkeit
erscheint. Ich sage das nicht aus Anmaßung oder Abneigung
(denn die Schmach dessen ist eine drückende
Last, es ist ein demütigender, sehr betrübender Gedanke),
aber auf jenen zweiten Tempel, der durch die Barmherzigkeit
Gottes nach der langen babylonischen Gefangenschaft
errichtet wurde, haben wir zu sehr vertrauen
gelernt als „der Tempel des HERRN, der Tempel des HERRN
ist dies"; wir waren hoffärtig wegen des heiligen Berges
des HERRN; wir haben ihn angeblickt, wie er mit schönen
Steinen und Weihgeschenken geschmückt ist; und haben
aufgehört, auf den Herrn des Tempels zu sehen, haben
beinahe aufgehört, durch Glauben zu wandeln oder
Gemeinschaft zu haben in der Hoffnung der Wiederkehr
des Boten des Bundes, um die Herrlichkeit dieses letzten
Hauses zu sein. Der unreine Geist des Götzendienstes mag
ausgekehrt worden sein; aber die große Frage bleibt
immer noch; Ist die wirksame Gegenwart des Geistes
des Herrn da, oder ist es nur leer, gekehrt und geschmückt
? Wenn wir überhaupt gesegnet worden sind,
haben wir nicht Ihn, von Dem es kam, durch Stolz und
Selbstgefälligkeit außer acht gelassen und versucht, es
zu unserer eigenen Ehre zu machen, anstatt su Seiner
Herrlichkeit voranzugehen? Laßt uns nun, vom Herrn
geliebte Brüder, die ihr Ihn in Aufrichtigkeit liebt und
euch über Seine Stimme freuen würdet, zu dem praktischen
Erfordernis unserer gegenwärtigen Situation
übergehen. Laßt uns Seinen Sinn, wie er uns betrifft,
erwägen. Der Herr hat Seinen Vorsatz in Ihm kundgetan,
und wie diese Vorsätze verwirklicht werden. Er hat
uns das Geheimnis Seines Willens kundgetan nach
Seinem Wohlgefallen, das Er Sich vorgesetzt hat in Sich
Selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles
unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus,
das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist,
in Ihm, in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben
— zusammen und in Christo; Epheser i. In Ihm allein
können wir diese Einheit finden; aber das gepriesene
Wort (wer kann dankbar genug dafür sein ?) wird uns
weiter belehren. In bezug auf die irdischen Glieder
heißt es, daß Er die zerstreuten Kinder Gottes in eins
versammelte. Und wie geschieht das ? Daß ein Mensch
für sie sterben sollte. Wie unser Herr, vorausschauend
auf die Frucht der Mühsal Seiner Seele, sagen konnte:
„Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle
zu mir ziehen. Dies aber sagte er, andeutend, welches
Todes er sterben sollte". Es ist demnach Christus, der
ziehen will — der zu Sich Selbst zieht (und nichts
geringeres oder wenigeres als dies kann Einheit hervorbringen,
„wer nicht mit mir sammelt, zerstreut"); und
Er zieht zu Sich, indem Er von der Erde erhöht ist.
Mit einem Worte, Sein Tod ist der Mittelpunkt der
Gemeinschaft, bis Er wiederkommt, und darauf beruht
die ganze Kraft der Wahrheit. Demgemäß ist das Teilnehmen
an dem Abendmahl des Herrn das äußere
Zeichen und Mittel der Einheit — „denn ein Brot, ein
Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an
dem einen Brote". Und was bezeichnet Paulus als die
wahre Absicht und das Zeugnis dieses Brauchs ? Daß
wir, sooft wir dieses Brot essen und den Kelch trinken,
den Tod des Herrn verkündigen, bis Er kommt. Hier
wird also das Wesen und das Leben der Kirche gefunden
— das, wozu sie berufen ist, worin die Wahrheit
ihrer Existenz besteht und worin allein wahre Einheit
ist. Sie hegt im Verkündigen des Todes des Herrn,
durch dessen wirksame Kraft sie versammelt waren, und
dies ist die fruchtbare Saat der eigenen Herrlichkeit des
Herrn; das ist in der Tat das Versammeln Seines Leibes,
„die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt"; sie wird
verkündigt in der Zuversicht Seines Kommens, „wenn
er kommen wird, um . . . verherrlicht zu werden in
seinen Heiligen und bewundert in all denen, die geglaubt
haben". Demgemäß ist das Wesen der Einheit, die bei
Seinem Kommen in Herrlichkeit zum Vorschein kommen
wird, Gleichförmigkeit mit Seinem Tode, durch
den all jene Herrlichkeit bewirkt wurde. Und man wird
im Ergebnis finden, daß Gleichförmigkeit mit Seinem
Tode unsere Gestaltung für die Herrlichkeit mit Ihm
bei Seinem Erscheinen sein wird; wie der Apostel
wünscht, „ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung
und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem
ich seinem Tode gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine
Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus
den Toten". Haben wir Glauben in diesen Dingen ? Wie
werden wir es zeigen ? Indem wir nach diesen Anweisun-
gen unseres Herrn handeln, die gegründet sind auf Seine
göttliche Kenntnis der Gegenstände des Glaubens. Was
folgt auf die Erklärung des Herrn, daß Seine Herrlichkeit
durch Seinen Tod hervorkommen muß ? „Wer sein
Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in
dieser Welt haßt, wird es zum ewigen Leben bewahren.
Wenn jemand mir dient, so folge er mir nach; und wo
ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn mir jemand
dient, so wird der Vater ihn ehren". Der Diener soll
geehrt werden. Wenn wir Diener sein möchten, müssen
wir solche sein, die Dem folgen, der für uns starb. Und
wenn wir Ihm folgen, wird unsere Ehre darin bestehen
bei Ihm in Seiner Herrlichkeit und der Herrlichkeit
Seines Vaters und der heiligen Engel zu sein. Es erweckt
große Dankbarkeit, daß, trotz der Zerstreuung der Kirche
dadurch, daß sie eine Körperschaft dieser Welt geworden
ist, und ihrer sehr unvollkommenen Wiederbelebung
durch die Enthüllung der freien Hoffnung der Herrlichkeit,
Gläubige einen Weg vor sich haben, der im
Worte bezeichnet ist; wenn es uns auch jetzt noch nicht
gegeben ist, die Herrlichkeit der Kinder Gottes zu sehen,
so sollte doch der Pfad jener Herrlichkeit in der Wüste
uns geoffenbart sein. Wir sind in der Lehre gewiß, daß
der Tod des Herrn, in welchem die freie Gabe kam, die
alleinige Grundlage ist, auf der eine Seele im Blick auf
die ewige Herrlichkeit gegründet ist. In Wahrheit wende
ich mich nur an solche, die daran glauben. Unsere Pflicht
als Glaubige ist es, Zeugen von dem zu sein, was wir
glauben. „Ihr", sagt der Gott der Juden durch den Propheten
Jesaja, „seid meine Zeugen", als Er die falschen
Götzen in Frage stellt; und wie Christus der treue und
wahrhaftige Zeuge ist, so sollte es auch die Kirche sein.
„Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches
Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum
Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt,
der euch berufen hat aus der Finsternis zu seinem wunderbaren
Licht", 1. Petrus 2:9.
Wovon sollte demnach die Kirche ein Zeugnis sein —
gegen die götzendienerische Herrlichkeit der Welt ?
Eben von der Herrlichkeit, in die Christus eingegangen
ist, durch ihre praktische Gleichförmigkeit mit Seinem
Tode; von ihrem wahren Glauben an das Kreuz dadurch,
daß sie der Welt gekreuzigt sind und die Welt ihnen. Einheit,
die Einheit der Kirche, zu der der Herr täglich
hinzutat, „die gerettet werden sollten", war da, als auch
nicht einer sagte, daß etwas sein eigen wäre und ihr
Bürgertum im Himmel war; denn sie konnten nicht in
der gemeinsamen Hoffnung darauf geteilt sein. Dies
knüpfte die Herzen der Menschen notwendigerweise
zusammen. Der Geist Gottes hat es aufzeichnen lassen,
daß eine Spaltung wegen der Güter der Kirche aufkam,
sogar bei ihrer besten Verwendung, auf Seiten derer, die
daran beteiligt waren; denn dabei konnte es Spaltung
geben, dabei können selbstsüchtige Interessen sein.
Wünsche ich, daß die Glaubigen die Kirchen verbessern ?
Ich bitte sie dringend, daß sie sich selbst verbessern
dadurch, daß sie in gewissem Maße der Hoffnung ihrer
Berufung entsprechen. Ich bitte sie dringend, ihren
Glauben an den Tod des Herrn Jesu zu zeigen und ihr
Rühmen in der herrlichen Gewißheit, die sie dadurch
erhalten haben, und zwar durch Gleichförmigkeit damit,
— ihren Glauben an Sein Kommen zu zeigen und es im
Praktischen durch ein Leben, das dem darauf gerichteten
Verlangen angemessen ist, zu erwarten. Laßt sie gegen die
Weltlichkeit und Blindheit der Kirche zeugen, aber in
ihrem eigenen Verhalten in Übereinstimmung sein. „Läßt
eure Gelindigkeit kundwerden allen Menschen".
Wenn der Geist der Welt sich durchsetzt (ich bin
überzeugt, wie sehr er die Oberhand gewinnt, sind sich
überhaupt nur wenige Gläubige bewußt), kann geistliche
Einheit nicht bestehen. Wenige Gläubige wissen überhaupt,
wie der Geist, der allmählich der Herrschaft der
Abtrünnigkeit die Tür geöffnet hat, immer noch seinen
verwüstenden und vergiftenden Einfluß über die beken-
nende Kirche ausgießt. Sie denken, weil sie von ihrer
jahrhundertelangen Herrschaft befreit wurden, sind sie
frei von dem eigentlichen Geiste, der diese aufkommen
ließ, und weil Gott eine große Befreiung geschallt hat,
sollen sie deshalb zufrieden sein. Nichts könnte ein
Zeugnis größerer Entfremdung der Gesinnung vom Geiste
der Verheißung sein, welcher, da der Kampfpreis der
Berufung Gottes nach oben vorgestellt ist, immer dieser
nachjagt, immer Gleichförmigkeit mit Seinem Tode
sucht, um hinzugelangen zur Auferstehung aus den
Toten. Man wartet auf den Herrn und, mit aufgedecktem
Angesicht Seine Herrlichkeit anschauend, werden wir
verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit. Denn, laßt uns fragen: Ist die Kirche Gottes,
wie die Gläubigen sie haben möchten ? Glauben wir
nicht, daß sie als Körperschaft gänzlich von Ihm abgewichen
ist ? Ist sie wiederhergestellt, damit Er bei
Seinem Erscheinen in ihr verherrlicht sein wird ? Hat
die Vereinigung der Gläubigen die von Ihm bestimmten,
besonderen Eigenschaften ? Gibt es nicht unbeseitigte
Hindernisse ? Ist nicht tatsächlich der Geist der Weltlichkeit
da, der im wesentlichen unvereinbar ist mit den
wahren Bedingungen des Evangeliums — dem Tode und
Wiederkommen unseres Herrn Jesu, des Heilandes ?
Können die Gläubigen sagen, daß sie nach der Vorschrift
handeln, ihre Gelindigkeit allen Menschen kundzutun ?
Ich glaube, Gott wirkt durch Mittel und Wege, an die
wenig gedacht wird; indem der Weg des Herrn bereitet
wird und Seine Steige gerade gemacht werden — wird
das Werk des Elias durch eine Mischung von Vorsehung
und Zeugnis getan. Ich bin überzeugt, daß Er die Menschen
gerade in den Dingen, deren sie sich gerühmt haben,
beschämen wird. Ich bin überzeugt, Er wird dem Stolz
der menschlichen Herrlichkeit beikommen! „Die hochmütigen
Augen des Menschen werden erniedrigt, und
die Hoffart des Mannes wird gebeugt werden; und
der HERR wird hoch erhaben sein, er allein, an jenem Tage.
Denn der HERR der Heerscharen hat einen Tag über alles
Hoffärtige und Hohe, und über alles Erhabene, und es
wird erniedrigt werden; und über alle Zedern des
Libanon, die hohen und erhabenen, und über alle Eichen
Basans; und über alle hohen Berge und über alle erhabenen
Hügel; und über jeden hohen Turm und über
jede feste Mauer; und über alle Tarsis-Schiffe und über
alle kostbaren Schauwerke. Und der Hochmut des
Menschen wird gebeugt und die Hoffart des Mannes
erniedrigt werden; und der HERR wird hoch erhaben sein,
er allein, an jenem Tage. Und die Götzen werden gänzlich
verschwinden. Und sie werden sich in Felsenhöhlen
und in die Löcher der Erde verkriechen vor dem Schrecken
des HERRN und vor der Pracht seiner Majestät, wenn
er sich aufmacht, die Erde zu schrecken. An jenem Tage
wird der Mensche seine Götzen von Gold, die man ihm
zum Anbeten gemacht hat, den Maulwürfen und Fledermäusen
hinwerfen, um sich in die Spalten der Felsen
und in die Felsenklüfte zu verkriechen vor dem Schrecken
des HERRN und vor der Pracht seiner Majestät, wenn er sich
aufmacht, die Erde zu schrecken". (Jes. 2: ir-21).
Aber es gibt etwas Praktisches für die Gläubigen, das
sie tun können. Sie können ihre Hände an viele Dinge
in sich selbst legen, die genaugenommen unvereinbar
mit der Kraft jenes Tages sind, Dinge, die zeigen, daß
ihre Hoffnung nicht darauf gerichtet ist, Gleichförmigkeit
mit der Welt, was zeigt, daß das Kreuz nicht die ihm
eigene Herrlichkeit in ihren Augen hat. Mögen sie diese
Dinge erwägen. Dies sind nur lose Andeutungen, doch
sind sie das Zeugnis des Geistes oder nicht ? Laßt sie
durch das Wort erprobt werden. Laßt die machtvolle
Lehre vom Kreuze allen Menschen bezeugt werden, und
laßt das Auge des Gläubigen auf das Kommen des Herrn
gerichtet sein. Aber laßt uns unserer Seelen nicht um
all die Herrlichkeit betrügen, die jene Hoffnung begleitet,
indem wir unsere Liebe Dingen zuwenden, die sich als
solche erweisen werden, die ihren Ursprung in dieser
Welt haben und in ihr enden. Werden sie Sein Kommen
überdauern ?
Ferner ist Einheit die Herrlichkeit der Kirche; aber
Einheit, um unsere eigenen Interessen zu sichern und zu
fördern, ist nicht die Einheit der Kirche, sondern Bündnisse
und die Verleugnung des Wesens und der Hoffnung
der Kirche. Einheit, die der Kirche, ist die Einheit des
Geistes und kann nur in den Dingen des Geistes sein
und kann deshalb nur in geistlichen Personen vollendet
werden. Es ist in der Tat der wesentliche Charakter der
Kirche, und das bezeugt dem Gläubigen nachdrücklich
ihren gegenwärtigen Zustand. Aber, frage ich, wenn die
bekennende Kirche weltliche Belange sucht, und wenn
der Geist Gottes unter uns wäre, wird Er dann der
Diener der Einheit bei solchen Bestrebungen sein ? Wenn
die verschiedenen bekennenden Kirchen es suchen, jede
für sich, ist keine Antwort nötig. Aber wenn sie sich
vereinigen und ein gemeinsames Interesse suchen,
mögen wir nicht getäuscht werden; es ist keineswegs
besser, wenn es nicht das Werk des Herrn ist. Es gibt
zwei Dinge, die wir in Betracht ziehen müssen. Erstens,
sind unsere Ziele in unserem Werke ausschließlich Ziele
des Herrn und keine anderen ? Wenn sie es nicht in den
voneinander getrennten Körperschaften gewesen sind,
werden sie es nicht in irgendeiner gemeinsamen Vereinigung
sein. Möge das Volk des Herrn das erwägen.
Zweitens, laßt unser Verhalten das Zeugnis unserer
Ziele sein. Wenn wir nicht in der Kraft des Reiches des
Herrn leben, werden wir gewißlich nicht in Übereinstimmung
sein, nach seinem Ziele zu trachten. Laßt es
unsere Sinne eingehen, während wir alle daran denken,
welches Gute wir tun mögen, um ewiges Leben zu ererben,
alles, was wir haben, zu verkaufen, unser Kreuz auf'
zunehmen und Christo zu folgen. Geht das nicht den
Herzen vieler sehr nahe ? Laßt uns darum die folgenden
Wahrheiten klar vor Augen halten — daß das, was
Gemeinschaften genannt wird (in bezug auf die Gedanken
des Herrn über Seine Kirche) Uneinigkeit ist und in der
Tat eine Ableugnung Christi und des Wortes. «Seid
ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise ?"
Ist Christus zerteilt ? Ist Er es nicht, soweit es unsere
ungehorsamen Herzen betrifft ? Ich frage die Gläubigen:
Wenn da Spaltungen unter euch sind, seid ihr nicht
fleischlich und wandelt nach Menschenweise ?
Ja, es gibt überhaupt keine anerkannte Einheit unter
euch. So lange die Menschen darauf stolz sind, Angehörige
der Staatskirche, Presbyterianer, Baptisten, Unabhängige
oder sonst etwas zu sein, sind sie antichristlich.
Wie sollen wir nun vereinigt werden ? Ich antworte,
es muß das Werk des- Geistes Gottes sein. Folgst
du dem Zeugnis jenes Geistes in dem Worte, wie es
praktisch auf dein Gewissen anzuwenden ist, damit
nicht jener Tag plötzlich über dich hereinbreche ?
„Doch wozu wir gelangt sind, laßt uns in denselben Fußstapfen
wandeln". „Laßt uns also gesinnt sein; und wenn
ihr etwas anders (d.h. verschieden) gesinnt seid, so wird
euch Gott auctL dies offenbaren" und uns den rechten
Pfad zeigen. Laßt uns ruhen auf dieser Verheißung
Dessen, der nicht lügen kann. Laßt die Starken die
Schwachheiten der Schwachen tragen und nicht sich
selbst gefallen. Die bekennenden Kirchen (besonders die
Staatskirchen) haben sehr gesündigt, weil sie auf Dingen
bestanden haben, die unwesentlich und hinderlich für
die Vereinigung der Gläubigen sind, und diese Schuld
liegt schwer auf den Hierarchien der verschiedenen
Kirchen. Gewiß ist Ordnung notwendig; aber wenn sie
sagten: „Die Dinge sind unwichtig und nichts in sich
selbst, deshalb kann man sie nach eigenem Belieben
gebrauchen", sagt das Wort des Geistes Christi: „Sie
sind unwichtig, deshalb werden wir eurer Schwachheit
nachgeben und nicht einem Bruder, für den Christus
gestorben ist, Anstoß geben". Paulus wollte für immer
kein Fleisch essen, wenn es das Gewissen eines schwachen
Bruders verletzt hätte, obwohl der schwache Bruder in
Unrecht war. Und warum bestand man darauf ? Weil es
Auszeichnung und einen Platz in der Welt einbrachte.
Wenn der Stolz der Autorität und der Stolz der Absonderung
aufgelöst wären (keines von beiden ist vom Geiste
Christi), das Wort des Herrn als alleinige, tatsächliche
Leitung angenommen würde und man danach trachtete,
daß die Gläubigen ihm entsprechen, würde uns viel
Gericht erspart werden, wenn wir auch vielleicht die
Herrlichkeit des Herrn nicht ganz und gar rinden werden,
und oftmals würde ein armer Gläubiger, auf den das
Auge des Herrn segnend gerichtet ist, Trost und Ruhe
finden. Doch zu solchen sage ich: Fürchtet euch nicht, ihr
wißt, wem ihr geglaubt habt, und wenn Gerichte kommen,
liebste Brüder, so hebet eure Häupter empor, „weil
eure Erlösung naht". Aber die Kirchen (wenn der Herr
noch Barmherzigkeit haben mag, denn Er kann sie nicht
in ihrem gegenwärtigen Zustand gutheißen, wie sie zugeben
müssen) mögen sich selbsc durch das Wort richten.
Laßt die Gläubigen die Hindernisse, die ihre eigene
Umgereimtheit zeigen und wodurch sie mit der Welt
verbunden und ihre Urteile verdreht sind, zur Herrlichkeit
des Herrn wegtun. Mögen sie miteinander Umgang
haben, indem sie nach Seinem Willen vom Worte her
trachten und sehen, ob nicht Segen damit verbunden
ist; auf jeden Fall wird Segen sie begleiten; sie werden
dem Herrn als solche begegnen, die auf Ihn gewartet
haben und können sich ungeheuchelt Seiner Errettung
erfreuen. Laßt sie beim Studium des zwölften Kapitels
vom Römerbriefe beginnen, wenn sie denken, sie sind
Teilhaber der unaussprechlichen Erlösung, die durch
das Kreuz bewirkt wurde.
Laßt mich an die bekennenden Kirchen in aller Liebe
eine Frage stellen: Sie haben den Römisch-Katholischen
oft und auch wahrheitsgemäß ihre Einheit im Glauben
der Lehre nach bekannt; warum ist dann keine tatsächliche
Einheit da ? Wenn sie bei sich gegenseitig Irrtümer
sehen, sollten sie nicht darüber gedemütigt sein ? Warum
nicht, wenn man soweit gelangt war, nach derselben
Richtschnur wandeln, dasselbe reden; und wenn in
irgend etwas verschiedene Meinungen sind (anstatt auf
dem Boden der Unwissenheit zu streiten), wartet im
Gebet, daß Gott dies auch ihnen offenbaren möge.
Sollten nicht jene unter ihnen, die den Herrn lieben,
darauf achten, ob sie nicht eine Ursache erkennen können
? Doch ich weiß wohl, bevor der Geist der Welt
nicht unter ihnen ausgefegt ist, kann es keine Einheit
geben, noch können die Gläubigen sichere Ruhe finden.
Ich befürchte, daß es „durch den Geist des Gerichts und
durch den Geist des Verderbens" kommen muß. Die
Kinder Gottes können nur einem folgen — der Herrlichkeit
des Namens des Herrn und das in Übereinstimmung
mit dem Wege, der in dem Worte bezeichnet ist;
wenn die bekennende Kirche stolz auf sich selbst ist und
dies vernachlässigt, bleibt ihnen nichts anderes zu tun
übrig—wie bei Ihm, der, damit Er das Volk mit Seinem
eigenen Blute heilige, „außerhalb des Tores gelitten"
hat, — als daß sie „zu ihm hinausgehen, außerhalb des
Lagers, seine Schmach tragend". Es wäre gut, ernstlich
das zweite und dritte Kapitel von Zephanja zu erwägen.
Was geht in diesem Augenblick in England vor, einem
Augenblick der Angst und der Bedrängnis wegen des
Gerichts, unter ihren Politikern und denkenden Menschen
? Nun, wir sehen, wie selbst die Kirchen die
Fürsprache von wirklich Ungläubigen benutzen (ich
sage es ohne Spott), um einen Anteil an den weltlichen
Vorteilen und Ehren dieser Welt zu bekommen oder sich
daran zu halten, einer Welt, aus der der Herr uns durch
Sein Kommen erlösen wollte. Entspricht dies Seinem
Eigentumsvolke ? Was habe ich mit diesen Dingen zu
tun ? Nichts. Da es aber Brüder gibt, die mit dem einen
oder anderen verbunden sind, muß jeder, der darüber
nachdenkt, mit seiner ganzen Kraft bezeugen, daß er sich
auf die eine oder andere Weise davon rein hält, damit er
nicht beschämt sei am Tage der Ankunft des Herrn.
Und viele, denen das Volk Gottes vertraute und auf
die man sich verließ als solche, die Verständnis haben,
gehen in dem Gefolge mit; und die Einfältigen, wie jene,
die Absalom folgten, gehen ihnen nach, ohne zu wissen,
wohin sie gehen.
Wir mögen wohl glauben, was diese Fürsprache ist.
Aber welch ein Ersatz für das Lehnen auf den Herrn
HERRN, den Heiland, wegen des geistlichen Wachstums
Seines eigenen Volkes als dessen Diener in Gebet und
Dienst um Seines Namens willen! — während wir wohl
annehmen können, daß ihre Fürsprecher sie nur als
Werkzeuge ihrer eigenen Parteivorhaben benutzen. Doch
solche Bündnisse können nicht gedeihen. Aber was soll
das Volk Gottes tun ? Mögen sie auf den Herrn warten,
warten gemäß der Belehrung Seines Geistes und durch
das Leben des Geistes in Gleichförmigkeit mit dem
Bilde Seines Sohnes. Laßt sie hinausgehen, den Spuren
der Herde nach, wenn sie wissen wollen, wo der gute
Hirte Seine Herde am Mittag weidet. Laßt sie denen
folgen, die durch Glauben und Ausharren die Verheißungen
ererben, und des Wortes gedenken: „Binde
das Zeugnis zu, versiegele das Gesetz unter meinen
Jüngern. Und ich will auf den HERRN harren, der sein Angesicht
verbirgt vor dem Hause Jakob, und will auf ihn
hoffen". Une wenn der Weg ihnen dunkel scheint,
mögen sie sich an das Wort von Jesaja erinnern: „Wer
unter euch fürchtet den HERRN ? wer hört auf die Stimme
seines Knechtes ? Wer in Finsternis wandelt, imd
welchem kein Licht glänzt, vertraue auf den Namen
des HERRN und stütze sich auf seinen Gott".
Wenn ich wiederum gefragt werde, was ich mit ihnen
zu tun habe, kann ich nur antworten, daß ich ernstlich
um sie besorgt bin; um die Andersgläubigen wegen ihres
lauteren Gewissens und oftmals tiefen Erfassens des
Sinnes Christi; und um die Kirche, wenn es auch nur
wegen der Erinnerung an jene Männer wäre, die, wie
sie auch äußerlich in dem verwickelt gewesen sein mögen,
was nicht von ihrem eigenen Geiste war, und versagten,
sich selbst davon zu befreien, im Innern reichücher von
dem Geiste Dessen, der sie berufen hat, getrunken zu
haben scheinen als alle anderen seit den Tagen der
Apostel; Männer, über deren Gemeinschaft ich mich
sehr freue — und ich bin dankbar dafür — und die ich
gern ehre. Aber gibt es niemand, der sich erinnert, wes
Geistes sie waren ? Wir haben viele Vorteile, die sie
nicht hatten. O möge doch Gott die Kraft Seines Geistes
in viele legen, um das Werk zu tun, während es noch
heute heißt. Möge Er doch den Geist des Schlummerns
von denen nehmen, die da schlafen, um sie auf Seinem
eigenen Pfade zu führen — dem schmalen, aber gesegneten
Wege, der zum Leben führt, der Weg, auf dem der
Herr der Herrlichkeit wandelte — jene, die Er erweckt
hat, damit sie im Lichte des Herrn wandeln.
Wenn aber irgend einer sagen wird: Wenn du dieses siehst,
was tust du selbst ? Ich kann nur tief das außergewöhnliche
und unendliche Zukurzkommen anerkennen und
darüber trauern und klagen; ich kenne die Schwachheit
meines Glaubens, aber ich suche ernstlich nach einer
Leitung. Und laßt mich hinzufügen, da so viele, die
führen sollten, ihren eigenen Weg gehen, sind solche, die
gerne gefolgt wären, langsam und kraftlos gemacht, aus
Furcht, sie könnten irgendwie vom geraden Wege
abirren, und hindern ihren Dienst, obschon ihre Seelen
gerettet sein mögen. Aber ich möchte ernstlich wiederholen,
was ich zuvor sagte: Es ist nicht möglich, die Einheit
der Kirche zu finden, bis das gemeinsame Ziel derer,
die ihre Glieder sind, die Herrlichkeit des Herrn ist,
welcher der Anfänger und Vollender ihres Glaubens ist:
eine Herrlichkeit, die in ihrem Glänze bei Seinem Erscheinen
kundgemacht werden wird, wenn die Gestalt
dieser Welt vergehen wird; und deshalb möchten wir
ihr entsprechen und im Geiste darin eingehen, wenn wir
mit Ihm einsgemacht sind in der Gleichheit Seines
Todes. Denn Einheit kann, dem Wesen nach, nur dort
sein; es sei denn, der Geist Gottes, der Sein Volk zusammenbringt,
versammelt sie zu Zwecken, die nicht
von Gott sind, und die Ratschlüsse Gottes in Christo
werden zunichte. Der Herr Selbst sagt: „Auf daß sie
alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir,
auf daß auch sie in uns eins seien, auf daß die Weh
glaube, daß du mich gesandt hast. Und die Herrlichkeit,
die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, auf
daß sie eins seien, gleichwie wir eins sind; ich in ihnen
und du in mir, auf daß sie in eins vollendet seien, und
auf daß die Welt erkenne, daß du mich gesandt und sie
geliebt hast, gleichwie du mich geiiebt hast".
O würden doch die Kirchen dieses Wort erwägen und
sehen, ob ihr gegenwärtiger Zustand nicht zwangsläufig
ihr Strahlen in der Herrlichkeit des Herrn oder das
Erfüllen jenes Vorsatzes, für welchen sie berufen sind,
ausschließt. Und ich frage sie: Schauen sie überhaupt
danach aus oder wünschen sie dies ? Oder sind sie
zufrieden, dazusitzen und zu sagen, daß Seine Verheißung
für immer gänzlich zu Ende gekommen ist ? Sicherlich,
wenn wir nicht sagen können: „Stehe auf, leuchte!
denn dein Licht ist gekommen, und die Herrlichkeit
des HERRN ist über dir aufgegangen", sollten wir sagen:
„Wache auf, wache auf; kleide dich in Macht, du Arm
des HERRN! Wache auf wie in den Tagen der Vorzeit, in den
Geschlechtern vor alters! Bist du es nicht, der Rahäb
zerhauen, das Seeungeheuer durchbohrt hat ?" Sicherlich
hat kein Auge gesehen und kein Ohr gehört, was Er
denen bereitet hat, die auf Ihn warten. Wird Er Seine
Herrlichkeit der einen oder der anderen Trennung geben?
Oder wo wird Er einen Ort dafür finden, wo sie unter uns
ruhen kann ? Oder seid ihr deshalb nicht betrübt, weil
ihr das Leben in euerer Hand (d.h. in dem, was ihr tut)
findet ? Doch Er wird sicherlich Sein Volk sammeln, und
sie werden beschämt sein.
Ich bin in dieser Schrift über meine ursprüngliche
Absicht hinausgegangen; wenn ich in etwas über das
Maß des Geistes Jesu Christi hinausgegangen bin, werde
ich Zurechtweisung dankbar annehmen und Gott bitten,
daß es vergessen wird.
Dublin, 1828 J. N. DARBY.
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