JND- Die Gnade Gottes


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(Auszüge aus einem Vortrag über Tit. 2, 11—14).

Der Zusammenhang, in welchem der in diesen Versen enthaltene Umriss der göttlichen Wahrheit steht, ist sehr beachtenswert. Das Kapitel belehrt uns über die Art des Betragens, welches das Christentum von denen fordert, die sich zu demselben bekennen, was auch ihre Stellung in diesem Leben sein mag. Es lehrt, was sich für alte Männer und alte Frauen geziemt; es sagt uns, wie die jungen Frauen sich zu verhalten haben, und wodurch die Jünglinge sich auszeichnen sollen. Es behandelt fernerhin das tagtägliche Betragen, welches die Herren von ihren Knechten erwarten können. Es legt diesen Unterwürfigkeit und Gehorsam auf und verbietet Frechheit und Unehrlichkeit. Sodann heißt es: „Auf dass sie die Lehre, die unsers Heiland-Gottes ist, zieren in allein. Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, dass wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben sollen in dem jetzigen Zeitlauf, erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unsers großen Gottes und Heilandes Jesu Christi, der sich selbst für uns gegeben hat, auf dass er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich selbst ein Eigentums-Volk, eifrig in guten Werken."

Dass die Stelle gerade in diesem Zusammenhang steht, hat seinen bestimmten Grund. Dieser ist in dem Umstand zu finden, dass während die Menschen sich mit dem Ausdruck des bloßen äußerlichen Betragens zufrieden geben und sich zufrieden geben müssen, (denn weiter können sie nicht gehen), das Wort Gottes sich mit der Zurechtweisung der inneren Beweggründe und Quellen beschäftigt, denen das Betragen entspringt. Noch mehr, kein Betragen kann vor Gott annehmlich sein, welches nicht aus einem Seiner heilbringenden Gnade unterworfenen Herzen hervorgeht, und welches nicht täglich von derselben Gnade beherrscht wird. Vorschriften können denen nicht gegeben werden, welche sich dein „Glaubensgehorsam" unterworfelt haben.

Was diese Gnade Gottes betrifft, so machen selbst Christen große Fehler. Während die Welt das Christentum schätzt wegen der Wohltaten, welche es stets begleiten, wie z. B. die Zivilisation und seines erhaltenden Einflusses auf die Gesellschaft u. s. w., beschäftigen sich oft die Christen zu sehr mit den Wirkungen der Gnade Gottes bei denen, welche die Gegenstände dieser Gnade sind, und lassen dadurch die Betrachtung dieser Gnade selbst, was ihren göttlichen und absoluten Charakter, sowie ihre erste große Wirkung betrifft, mehr oder weniger außer Acht. Ich meine damit, dass in den meisten Fällen die Gedanken auf das gerichtet werden, was die Gnade lehrt. Aber die Gnade Gottes unterweist uns erst dann, nachdem sie uns das Heil gebracht hat. Wie viele mag es wohl nicht geben, welche sich bemühen, die subjektive Kraft dieser Gnade, wie man sagt, klar zu legen, welche aber zugleich hinsichtlich ihrer objektiven Kraft ganz im Finstern tappen. Wohlthuend und nötig ist es ja, dass wir uns der Unterweisung der Gnade Gottes unterwerfen, und besonders wenn die Lektion darin besteht, dass „wir die Gottlosigkeit und weltlichen Lüste verleugnend, besonnen, gerecht und gottselig leben sollen in dem jetzigen Zeitlauf." Allein wir dürfen die absolute Kraft jener Gnade in dem, was sie bringt, nicht übersehen oder unterschätzen. Die Gnade Gottes ist heilbringend; sie bringt den Verlorenen in erster Linie Heil, und sodann unterweist sie diejenigen, welchen sie Heil gebracht hat.

„Die heilbringende Gnade Gottes ist erschienen allen Menschen." Dies ist die kurze Beschreibung der Dazwischenkunft Gottes in unendlicher Liebe durch die Erscheinung des Herrn Jesu Christi, um die Erlösung zu vollbringen.

Abgesehen von den Wirkungen und Früchten der Gnade Gottes in denen, welche die Gegenstände derselben sind, gibt es diese wunderbare Dazwischenkunft Gottes in unendlicher Güte. Gott ist auf den Schauplatz des Verderbens und des Todes, welcher durch die Sünde gekommen war, erschienen, und setzt sich ins Mittel, um dem Menschen vollkommene Befreiung von all dein zu verschaffen. Die Gnade Gottes bringt Errettung in diese Welt, wo Sünde, Tod und Satans Macht den Zustand des Lebens des Menschen bezeichnen, und zwar abgesehen von all den Wirkungen jener Gnade, die sich in dem Frieden des Gewissens, in Heiligkeit oder in Glückseligkeit bei denen, die da glauben, erweisen. Diese Gnade an und für sich beansprucht unsere Bewunderung, ehe wir von deren gesegneten Früchten reden. Das Heil, welches die Gnade bringt, hat seinen eigenen, besonderen Charakter, sowohl als die Dazwischenkunft Gottes in Liebe und Macht, als auch hinsichtlich der Stellung zu Gott, in welche es seine Gegenstände versetzt.

Der Anfang und das Ende der christlichen Laufbahn als die Früchte dieser Dazwischenkunft Gottes in Gnade finden wir hier ausgezeichnet. Es sind nämlich Errettung und Herrlichkeit. Der Pfad des Gläubigen liegt zwischen diesen Extremen. Die Gnade und die Herrlichkeit sind unzertrennlich miteinander verbunden. Das Betragen oder der Wandel, die Herzensübungen, die Prüfungen, der Kampf und der Dienst liegen alle zwischen diesen beiden Außenpunkten und werden von Gott in dem Maß geschätzt, in welchem die Gnade und Herrlichkeit ihnen ein Gepräge verleihen; jedoch was das Heil betrifft, wurde es allein dadurch zuwege gebracht, dass Christus in Gnade erschien, denn „Gnade und Wahrheit sind durch Jesus Christus geworden". Die Herrlichkeit wird ebenfalls allein dadurch vollendet werden, dass Christus in Herrlichkeit erscheinen wird. Dies will uns die Stelle sagen. „Die Gnade Gottes ist erschienen heilbringend für alle Menschen." Sodann wird hinzugefügt: „erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unsers großen Gottes und Heilandes Jesu Christi." Inzwischen und in einem Sinn nebenbei teilt uns die Stelle mit, dass die Gnade, welche das Heil bringt, uns unterweist, „dass wir, die Gottlosigkeit und weltlichen Lüste verleugnend, besonnen, gerecht und gottselig leben sollen in dem jetzigen Zeitlauf," während nach dem 14. Vers der Zweck, zu welchem Christus sich selbst für uns hingab, den Beweggrund zur Heiligkeit bei uns bilden soll, wie wir lesen: „Der sich selbst für uns hingegeben hat, auf dass er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich selbst ein Eigentums-Volk eifrig in guten Werken."

Dies ist somit eine höchst praktische Wahrheit. Sie stellt uns die Wirkungen vor, welche die Liebe Christi bei den Gläubigen hervorbringt.

Betrachten wir den Charakter der Befreiung oder Errettung, welche diese wunderbare Dazwischenkunft Gottes in Gnade mit sich bringt, etwas näher. Diesen werden wir aber nicht durch das Studium der Theologie kennen lernen, sondern nur dadurch, dass wir uns in erster Linie Klarheit über den Zustand des Menschen verschaffen, wie uns derselbe im Worte Gottes vorgestellt wird und durch die Leiden und den Tod Christi erwiesen worden ist. Was auch das Maß der durch die Sünde entstandenen Entfernung von Gott sein mag, so beseitigt die Errettung, welche die Gnade Gottes bringt, diese vollständig. „Denn es hat ja einmal Christus für Sünden gelitten, der Gerechte für den Ungerechten, auf dass Er uns zu Gott führe." Die Sünde trennt schon ihrer Natur nach von Gott; denn das Licht kann nicht Gemeinschaft mit der Finsternis haben. Doch es steht geschrieben: „Jetzt aber, in Christus Jesu, seid ihr, die ihr einst ferne wäret, durch das Blut des Christus nahe geworden." Sünde, Tod, die Macht Satans, sowie das Gericht Gottes — all dieses bezeichnet den Zustand des Menschen. Und die ganze Frage von dem Zustand des Menschen musste erledigt werden, ehe das volle Heil verkündigt werden konnte. Den Menschen aus seiner Versunkenheit und moralischen Verdorbenheit herausnehmen und ihn auf den Weg zur Glückseligkeit zu bringen, selbst wenn so etwas möglich wäre, genügte allem nicht. Das Gewissen muss beruhigt werden; und dies kann nur dadurch erreicht werden, dass der Mensch jede Forderung der Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes erledigt, sowie auch jede mögliche Folge der Sünde beseitigt steht. Nun, es ist dies die Errettung, welche die Gnade Gottes bringt. Sie bringt ewiges Leben in das Bereich des Todes; denn „Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in seinem Sohne." Sie bringt die göttliche Gerechtigkeit dorthin, wo alles dem Gericht Gottes verfallen ist. Denn „den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm." Sie bringt Befreiung aus der Gewalt Satans, denn es heißt: „Auf dass er (Christus) durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel". Noch mehr, die Errettung, welche die Gnade Gottes bringt, versetzt uns in die Stellung und Annehmlichkeit vor Gott und macht uns zu Teilhabern des Lebens und der Herrlichkeit Desjenigen, durch den die Errettung zuwege gebracht worden ist. Sie kennt keinen anderen Maßstab und trägt keinen niedrigeren Charakter als diesen. Was kann mit dieser Liebe verglichen werden?

Die Gnade Gottes unterweist uns, und diese Unterweisung ist für uns von der größten Wichtigkeit; jedoch muss das Herz zuerst die heilbringende Kraft dieser Gnade an sich erfahren haben, denn ohne die Erkenntnis der Errettung würde die Unterweisung zwecklos sein.

Die Gnade Gottes bringt somit der Seele eine vollkommene Befreiung aus den Folgen der Sünde. Noch mehr, sie versetzt uns in die Gegenwart Gottes gemäß der Annahme, welche der Herr Jesus Christus dort gefunden hat; denn was dieser Errettung zu Grunde liegt, ist Sein Gehorsam, Sein Leiden um der Sünde willen, die Vollgültigkeit und Annehmlichkeit Seines Opfers sowie die Kraft Seiner Auferstehung. „Und gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt."

Diese Gnade trägt überdies einen alles umfassenden Charakter. „Die Gnade Gottes ist erschienen heilbringend für alle Menschen," gerade wie die Sonne für alle Menschen ohne Unterschied scheint, auch wenn sich manche vor ihrem Lichte verbergen. „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe." „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst."

Dieselbe Gnade nun unterweist die, welchen sie das Heil schon gebracht hat. Sie unterweist uns, „dass wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben sollen in dem jetzigen Zeitlauf." Beachten wir, dass es die Gnade ist, welche uns lehrt und sonst nichts. Die Gnade, welche uns Heil gebracht hat, fährt fort, in uns zu wirken. Der Charakter des Christen wird somit durchaus nicht durch menschliche Beweggründe gebildet, ebenso wie das Heil, dessen er sich erfreut, nicht durch menschliche Mittel oder Kraft bewirkt worden ist.

Zum Anschluss an das Gesagte möchte ich auf 1. Tim. 3, 16 aufmerksam machen. Die Kraft dieser Stelle wird von wenigen verstanden. Der Apostel schreibt damit Timotheus wissen möchte, wie er sich zu verhalten habe „im Hause Gottes", und stellt ihm das vor Augen, was allein wahre Gottseligkeit hervorbringen kann. Er sagt: „Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleische, gerechtfertigt im Geiste, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, ausgenommen in Herrlichkeit."

Diese Stelle wird oft angeführt oder so ausgelegt, als wenn sie von dem Geheimnis der Gottheit oder von dem Geheimnis der Person Christi redete. Es handelt sich aber hier um das Geheimnis der Gottseligkeit, um das Geheimnis, durch welches alle wahre Gottseligkeit hervorgebracht wird — um die göttliche Triebfeder zu all dem, was in dem Menschen Gottseligkeit genannt werden kann. „Gott geoffenbart im Fleische" ist das Vorbild und die Kraft der Gottseligkeit, sowie ihr Maßstab und ihre Quelle. Gottseligkeit wird jetzt nicht mehr, wie es unter dem Gesetz der Fall war, durch göttliche Verordnungen oder Vorschriften hervorgebracht, sondern sie entspringt, wie aus dieser Stelle hervorgeht, aus der Erkenntnis der Menschwerdung, des Todes, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesu Christi. Die Erkenntnis Seiner Person als „Gott geoffenbart im Fleische", die Vollkommenheit Seines Gehorsams, (gerechtfertigt im Geiste), der Gegenstand der Betrachtung der Engel, der Gegenstand des Zeugnisses und des Glaubens in der Welt und Seine jetzige Stellung als der in Herrlichkeit Aufgenommene, all dieses gibt der wahren Gottseligkeit ihren Ursprung und Charakter.

In dieser Weise haben wir Gott kennen gelernt, und die Erkenntnis Gottes bringt Gottseligkeit hervor. Diese letztere hängt mit der Unterweisung der Gnade Gottes zusammen, welche, wie wir gesehen haben, zwischen der Errettung, die uns die Gnade gebracht hat, und der Verwirklichung der „glückseligen Hoffnung" liegt. Sie lehrt uns die Gottseligkeit und die weltlichen Lüste verleugnen, weil diese sowohl mit dem wahren Zweck der Errettung, als auch mit dem Charakter und der Stellung, in welche uns dieselbe als die aus dem gegenwärtigen, bösen Zeitlauf herausgenommenen versetzt, im Gegenspruch stehen. Das Kreuz und die Herrlichkeit, eins wie das andere, verbieten die Gottlosigkeit und das Leben in weltlichen Lüsten. Die Welt hat Christus gekreuzigt, und bei der Erscheinung der Herrlichkeit werden weltliche Lüste sicherlich keinen Platz haben. „Denn alles was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust." Alles wird durch die Erscheinung der Herrlichkeit verzehrt werden. Diese Besonnenheit, Gerechtigkeit und Gottseligkeit unter den Gläubigen aber sollen als Zeugnis für die Welt dienen, während solches für den Gläubigen sich auch vor Gott geziemt, und zwar als das Zeugnis und der Beweis von der umgestaltenden Kraft Seiner kostbaren Gnade.

Die Errettung, welche die Gnade Gottes bringt, löst jede Frage, was Sünde und Verdammnis betrifft, zwischen Gott und der Seele; und die Erscheinung der Herrlichkeit wird, alle die, welche Christi sind, in den Genuss der Gegenwart Gottes, in den vollendeten Sieg Christi und in den Besitz alles dessen, was uns für Seine Gegenwart in Herrlichkeit paffend machen kann, bringen. „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen" (Phil. 3, 20. 21). „Also wird auch der Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um Vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Male denen, die Ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Seligkeit" (Hebr. 9, 28). Wir sind in der Hoffnung errettet worden, und unsere Zuneigungen werden dadurch gebildet, dass wir den Sohn Gottes aus den Himmeln erwarten — Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn. Während der Gläubige, was die Seele betrifft, jetzt schon in den Besitz und in den Genuss dieses Heiles getreten ist, erwartet er das, was alles andere in den Schatten stellt. Der, welcher in Leiden und Kummer aber auch in unendlicher Liebe die Errettung bewirkt hat, wird kommen, um uns zu Sich zu nehmen, auf dass wo Er ist, auch wir seien. Wir werden Ihn sehen, wie Er ist, und dann werden wir Ihm gleich sein.

Der Schluss unseres Schriftworts stellt uns in rührender Weise den wahren Beweggrund zur Heiligkeit vor. Es heißt: „Der sich selbst für uns gegeben hat, auf dass er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich selbst ein Eigentums-Volk, eifrig in guten Werken." Dieser Vers stellt uns das Ziel vor, welches die Errettung in dem praktischen Wandel der Gläubigen in dieser Welt verfolgt. Und wie erhaben ist der Beweggrund zur Heiligkeit, welcher uns in den Worten: „Der sich selbst für uns gegeben hat" vorgestellt wird! Möchten wir doch dies beherzigen!



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