JND- Die Erfahrungen Abrahams und Jakobs


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Das Leben Abrahams und Jakobs enthält wichtige Belehrungen für uns. Es ist wahr, dass weder das Gesetz, noch die Fülle der Gnade bis jetzt geoffenbart waren; aber im allgemeinen waren die Grundsätze des Lebens des Glaubens, welches auf den Verheißungen Gottes beruhte, dieselben, wie wir dies auch aus Hebr. 11 ersehen.

„Wir alle straucheln oft." Abraham selbst zeigte einen Mangel an Glauben in einigen Fällen; aber im allgemeinen war sein Leben ein Wandel des Glaubens mit Gott. Daher sind auch seine Erfahrungen anderer Art, viel vertraulicher mit Gott und einfacher als diejenigen Jakobs. Seine Geschichte ist kurz und an Zwischenfällen nicht sehr reichhaltig; dagegen sind die Mitteilungen Gottes an diesen Patriarchen zahlreicher und mannigfaltiger. In seiner Geschichte finden wir viel in Bezug auf Gott und wenig bezüglich des Menschen. Er blieb, einen Fall ausgenommen, stets im Lande der Verheißung. Wohl war er noch ein Fremdling und Pilger im Lande, weil eben die Kanaaniter da wohnten (1. Mose 12, 6); aber er pflegte Gemeinschaft mit Gott und wandelte vor Seinen Augen.

Als Gott ihn im Anfang berufen hatte, war er der Berufung nicht ganz, gefolgt Er verließ wohl sein Land und seine Verwandtschaft, nicht aber seines Vaters Haus und so kam er nicht nach Kanaan. Wohl hatte er schon manches aufgegeben — er war von Ur in Chaldäa weggegangen; allein er kam nur bis Haran und wohnte daselbst. (1. Mose 11. 31. 32). So ist es mit dem Herzen, welches noch nicht gelernt hat, dass es Gott ganz und gar angehört. Nur in dem Maße, in welchem wir der Berufung Gottes entsprechen, können wir in die Verheißung eingehen.

Nach dem Tode Tarahs, seines Vaters, reiste er ab wie wir lesen: „Und sie zogen aus, zu gehen in das Land Kanaan, und sie kamen in das Land Kanaan" (Kap. 12, 5). Hier sehen wir die Stellung des himmlischen Volkes. Durch die Gnade und die Macht Gottes in eine himmlische Stellung versetzt, wovon Kanaan bekanntlich ein Bild ist, wohnen sie dort; sie haben alles in Verheißung, aber noch, nichts im Besitz. Der Herr hatte sich Abraham geoffenbart, als Er ihn berief; Er offenbart sich ihm aufs neue in dem Lande, welches er jetzt kannte und in Besitz nehmen sollte. „Deinem Samen will ich dieses Land geben" (Vers 7). Solches ist unsere Zuversicht zu Gott, dass wir das, was wir jetzt schon als Fremdlinge kennen, in der Zukunft wirklich besitzen werden.

„Und er baute daselbst Jehova, der ihm erschienen war, einen Altar." Er dient Gott und genießt Gemeinschaft mit Ihm. Dann zieht er an einen anderen Ort und schlägt da sein Zelt auf: er baut wieder einen Altar dem Herrn und ruft den Namen Jehovas an (Vers 8). Er ist ein Pilger im Lande der Verheißung, und das ist eigentlich seine ganze Geschichte. Wir wohnen in den himmlischen Örtern, wir genießen sie durch den Glauben und haben Gemeinschaft mit Gott, der uns dahin gebracht hat. Das Zelt Abrahams sowie sein Altar bezeichnen den Charakter seiner ganzen Geschichte und begreifen alle die Erfahrungen des Glaubens in sich.

Sein Unglaube führt ihn nach Ägypten (Vers 10—21). Dort hatte er keinen Altar, und eine ägyptische Magd wurde später der Anlass seines Falles und eine Quelle der Beunruhigung für ihn. Sie ist, wie wir aus Gal. 4, 24. 25 ersehen, ein Vorbild vom Gesetz; denn das Gesetz und das Fleisch stehen immer in Verbindung miteinander. Die Gnade Gottes führt Abraham zurück; allein er findet nicht «her einen Altar, als bis er an den Ort gelangt ist, an dem er im Anfang sein Zelt aufgeschlagen, und bis er zu dem Altar kommt, den er früher errichtet hatte. Hier pflegt er von neuem Gemeinschaft mit Gott (Kap. 13, 3. 4).

Die Verheißungen Gottes sind das Teil Abrahams. Er lässt Lot nehmen, was er will: „Ist nicht das ganze Land vor dir? Trenne dich doch von mir! Willst du zur Linken, so will ich mich zur Rechten wenden, und willst du zur Rechten, so will ich mich zur Linken wenden: „Und Lot hob seine Augen auf, und sah die ganze Ebene des Jordans, dass sie ganz bewässert war, bevor Jehova Sodom und Gomorra verderbt hatte, wie ein Garten Jehovas, wie das Land Ägypten, wenn man nach Zoar kommt. Und Lot erwählte sich die ganze Ebene des Jordans (Vers 9 — 11). Lot ist das Vorbild eines weltlichen Gläubigen. Er nimmt, was für die gegenwärtige Zeit das beste Teil zu sein scheint, und wählt den Ort, über welchen das Gericht Gottes verhängt ist. Abraham hatte dem Fleische nach alles verlassen und Gott zeigt ihm den ganzen Umfang der Verheißung. Er lässt ihn das Land durchwandern und sichert ihm alles für immerdar (Verse 14—18). Lot, der weltliche Gläubige, wird von den Fürsten der Welt überwunden. Abraham befreit ihn; mit dem Gesinde seines Hauses überwindet er die Kraft des Feindes (Kap. 14, 1—21). Von der Welt will er nichts nehmen, sondern spricht zu dem Könige von Sodom: „Ich hebe meine Hand auf zu Jehova, zu Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt: Wenn vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich nehme von allem, was dein ist auf dass du nicht sagest: Ich habe Abraham reich gemacht" (Kap. 14, 22. 23).

Darauf offenbart sich Gott dem Abraham als sein Schild und sein sehr großer Lohn. Er verheißt ihm einen Samen zu einer Zeit, als sein Leib schon erstorben war. Indem er nun durch den Glauben gerechtfertigt war, erhielt er die Bestätigung der Verheißungen von Gott, der sich durch ein Opfer, ein Vorbild des Opfers Christi verpflichtet. Dann wird ihm das Erbteil in seinen Einzelheiten vorgestellt (Kap. 15).

Indem Abraham den Ratschlägen des Fleisches folgt, will er für einen Augenblick die Verheißung durchs Gesetz, d. i. durch Hagar, erfüllt sehen. Er lernt aber dadurch nur, wie unmöglich es ist, dass das Kind des Gesetzes erben kann mit dem Kinde der Verheißung (Kap. 16). Darnach offenbart sich ihm Gott aufs Neue als der Allmächtige. Er teilt ihm mit, dass er zum Vater vieler Nationen werden sollte, und dass Er für immerdar sein Gott sein werde (Kap. 17, 1—14). Der Same wird gemäß der Verheißung wiederum verheißen (Kap. 17, 15—19).

Darauf besucht Gott noch einmal den Abraham und gibt ihm bestimmte Verheißungen in Bezug auf die baldige Geburt seines Sohnes (Kap. 18, 9—15). Er betrachtet ihn als Seinen Freund, indem Er sagt: „Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich tun will? (Kap. 18, 17). Er teilt ihm seine Gedanken in Betreff der Welt mit, und Abraham unterhält sich mit Ihm in allem Frieden und aller Vertraulichkeit. Er bittet für diejenigen, welche den Herrn vergessen hatten (Kap. 18, 23—33). Abraham musste auch in dem Falle Ismaels noch erfahren^ dass das Gesetz Trübsal und Angst hervorbringt- während er am Hofe Abimelechs zu lernen hatte, dass der Unglaube, wenn er wirksam ist, nur Verwirrung und Unannehmlichkeit zur Folge hat. Allein Gott wacht in Seiner Treue sowohl über ihm, als auch über der Mutter des verheißenen Samens.

Darnach wurde Abraham aufs äußerste geprüft sodass er alles nach dem Fleische und selbst die Verheißungen aufgeben musste. Die Verheißungen in einem im Vorbilde auferstandenen Christus aber sind Christus selbst und in Ihm der ganzen geistlichen Nachkommenschaft Abrahams befestigt, s. Kap. 22, 15—19; vergl. Gal. 3, 16—18).

Somit hat Abraham durch einen Fall gelernt, dass weder das Gesetz noch die Verheißung dem Fleische etwas nützen; im Allgemeinen aber bestanden seine eigentlichen Erfahrungen in der Pilgerschaft und Anbetung, während er im Lande der Verheißung wohne. Wie schon bemerkt, wurde sein Leben als ein Ganzes durch das Zelt und den Altar gekennzeichnet. Die ganze Erfahrung, das ganze Leben des gläubigen Abrahams, fasst beinahe nur Anbetung, Fürbitte und göttliche Mitteilungen in sich, und auf diese Weise lernte er letztere immer klarer und genauer verstehen. Seine Zeit brachte er in dem Lande zu, zu welchem ihn Gott berufen hatte. Die Offenbarungen Gottes waren für ihn reich, süß und wunderbar; seine Erkenntnis über Gott war vertraulich und tief, seine persönlichen Erfahrungen glücklich und einfach; denn er wandelte mit dem Gott, der sich ihm in Gnade geoffenbart hatte.

Wir wollen nun etwas näher auf das Leben und die Geschichte Jakobs eingehen.

Jakob war Erbe derselben Verheißung, und als ein Gläubiger schätzte er sie; aber er vertraute nicht einzig' und allein auf Gott, Er wandelte nicht wie Abraham in täglicher Gemeinschaft mit Gott.

Wohl hatte er Verheißungen empfangen; allein seine Erfahrungen waren mannigfaltiger als die Abrahams. Obgleich er am Ende seines Lebens sagen konnte: „Der Engel, der mich erlöst hat von allein Uebel.... (1. Mose 48, 16), so musste er doch hinzufügen: „Wenig und böse waren die Tage meiner Lebensjahre und sie haben nicht erreicht die Tage der Lebensjahre meiner Väter in den Tagen ihrer Fremdlingschaft (Kap. 47,9). Die Mannigfaltigkeit seiner Erfahrungen sind ein Beweis seiner Untreue.

Gemäß dem Rate seiner Mutter bediente er sich unheiliger Mittel, um den Segen seines Vaters zu erlangen, und musste aus Furcht vor dem betrogenen aber gottlosen Bruder das Land der Verheißung verlassen (Kap. 27, 43). Jetzt hat sich seine Lage ganz verändert; sein Unglaube hat ihn aus dem Lande der Verheißung vertrieben. Seine Pilgerschaft ist nicht, wie - die Abrahams, in dem Lande, sondern außerhalb desselben. Wohl bewacht ihn Gott, leistet ihm Beistand und bewahrt ihn; aber er wandelt nicht mit Gott. Er hat keinen Altar, bis er nach einer Reihe von schmerzlichen Erfahrungen zurückkehrt (Kap. 33, 20). Er entbehrt der völligen Gemeinschaft mit Gott, bis er wieder an den Ork gelangt, an dem er sich das letzte Mal der Offenbarung Gottes erfreut hatte und durch Seine Verheißungen gestärkt worden war. Einundzwanzig Jahre lang hatte er es mit Menschen zu tun gehabt, welche ihn betrogen und unterdrückten, während ihn Gott heimlich bewahrte; allein, einen Altar außerhalb des verheißenen Landes konnte er nicht haben.

Auch wir beten an und haben Gemeinschaft mit Gott wenn wir im Geiste in den himmlischen Örtern wohnen, wo Gott selbst uns unseren eigentlichen Platz gegeben hat. Bewegen wir uns aber -außerhalb dieses Platzes, so können wir keine Gemeinschaft mit Ihm haben, obgleich Er uns durch Seine Gnade und Treue zu bewahren weiß.

Am Ende der 21 Jahre sagt Gott dem Jakob, dass er zurückkehren solle. Er muss aber von seinem Schwiegervater wie ein schuldiger Flüchtling fliehen. Es ist unmöglich, von der Welt unbefleckt zu bleiben, wenn wir die himmlische Gemeinschaft mit Gott verloren haben: und es ist schwer, nichts von dem, was der Welt angehört, mitzubringen, wenn wir jene Gemeinschaft preisgeben (Kap. 31). Gott aber ist treu. Jetzt fängt für den Jakob eine Reihe von Erfahrungen an, welche aber nichts anderes sind, als die Folge seiner Entfernung von Gott.

Jakob, von Laban befreit, fetzt seinen Weg gen Kanaan fort, während Gott, um ihn zu trösten und zu stärken, ihm die Schar Seiner Engel entgegenschickt (Kap. 32, 1). Doch trotz dieser Ermutigung von Gott, erneuert der Unglaube, welcher durch die Befreiung von der Gefahr nicht weggenommen wird, die Furcht Jakobs vor seinem Bruder Esau. Man wird der Schwierigkeiten des Glaubenspfades nicht dadurch los, dass man denselben aus dem Wege geht, sondern diese Schwierigkeiten müssen durch die Kraft Gottes überwunden werden. Jakob hatte sich selbst diese Schwierigkeiten bereitet, weil er sein Vertrauen nicht uns Gott gesetzt hatte. Die Heerscharen Gottes waren ganz vergessen, während die Scharen Esaus, der jetzt keinen Hass mehr in seinem Herzen gegen seinen Bruder nährte, den schwachen Jakob erschreckten (Kap. 32, 7). Jetzt musste er seine Zuflucht zu allerlei Mitteln nehmen, um den vermuteten und gefürchteten Zorn seines Bruders abzuwenden. Dennoch denkt Jakob an Gott; er erinnert Ihn daran, dass Er ihm gesagt habe, er solle doch zurückkehren; er bittet Ihn inbrünstig. Er möge ihn aus den Händen seines Bruders retten; er gedenkt des Zustandes, in welchem er das Land verlassen und erkennt, dass Gott ihm alles, was er besaß, gegeben hatte (Kap. 32, 9—11). Sein Gebet aber zeigt seine grundlose Furcht; er erinnert Gott an Seine Verheißungen, als ob es möglich wäre, dass Ec sie vergäße. Glaube ist wohl vorhanden, über die Wirkung des Unglaubens entwirft ein buntes, verworrenes Bild. Nicht allein hat der furchtsame Jakob seine Herden vorausgeschickt, um Esau zu versöhnen (Kap. 32, 13—20), sondern er schickt seine ganze Familie über den Bach und bleibt allein dahinter (Verse 22 —24). Sein Herz ist voller Angst. Gott aber, der alles leitet, erwartet ihn daselbst. Wenn Er auch nicht zuließ, dass Esau ein Haar von dem Haupte Jakobs antastete, so musste Er selbst ihn doch richten und in das Licht Seiner Gegenwart bringen; denn in keiner anderen Weise konnte er das Land der Verheißung mit Gott genießen. Gott ringt mit ihm in der Finsternis, bis der Tag anbricht (Vers 24). Es ist hier nicht Jakob, der nach eigenem Antrieb mit Gott ringt, sondern Gott ringt mit ihm.

Er kann ihn nicht einfach segnen, wie den Abraham, sondern muss zuerst dem Unglauben seines Herzens entgegentreten. Jakob muss die Folgen seines Betragens in Erfahrung bringen; er muss sogar leiden, weil Gott ihn segnen will, nichtsdestoweniger ist die Liebe Gottes darin wirksam. Er gibt Jakobs Kraft um auszuharren in dem Kamps, den er führen muss, um die Segnungen zu erlangen, Kraft, um mit Ausharren auf sie zu warten. Er muss aber den bleibenden Beweis seiner Schwachheit und früheren Untreue behalten; das Gelenk seiner Hüfte wurde verrenkt, während Gott mit ihm rang (Vers 25H Und nicht allein das, sondern Gott weigert Sich auch, ihm Seinen Namen unbedingt zu offenbaren. Er segnet den Jakob; Er gibt ihm einen Namen zum Andenken an seinen Glaubenskampf, aber Er offenbart Sich selbst nicht. Wie groß ist hier der Unterschied zwischen Jakob und Abraham! Diesem offenbart Gott unaufgefordert Seinen Namen, damit er Ihn völlig erkenne; denn Abraham wandelte im Allgemeinen mit Ihm in der Kraft dieser Offenbarung. Er hatte keinen Kampf mit Gott; und weit davon entfernt, sich vor seinen Verwandten zu fürchten, überwindet er die Macht der Könige dieser Welt. Er ist dort wie ein Fürst unter den Einwohnern des Landes; Gott unterhält sich oft mit ihm; und, anstatt mit Gott zu ringen, um einen Segen für sich zu erlangen, bittet Abraham für andere. Er sieht das Gericht der Welt von der Höhe, auf der er in Gemeinschaft mit Gott stand. Doch kehren wir zu der Geschichte Jakobs zurück!

Trotz alledem ist feine Furcht immer noch nicht gewichen. Obwohl er von Gott durch das Mittel seines Kampfes gesegnet wurde, zittert er noch immer vor seinem Bruder Esau. Er teilt seine Kinder und feine Weiber nach dem Maße seiner Zuneigungen, sodass die Geliebtesten am entferntesten von Esau waren. Jetzt erst wagte er es, seinem Bruder entgegenzugehen; aber er täuscht ihn doch noch. Er lehnt die Begleitung Esaus ab und verspricht, ihm etwas langsamer nach seiner Residenz bei Seir nachzufolgen (Kap. 32, 14); allein Jakob wandte sich nach Sukkot (Vers 17).

Jetzt ist Israel (Jakob) im Lande; doch da er so lange Zeit fern von Gott umherwanderte, versteht «r es noch nicht, ein Pilger mit Gott zu sein. Er kauft ein Feld bei Sichem und lässt sich nieder an -einem Ort, an dem Abraham nur ein Fremdling war, und wo er, den Willen Gottes erkennend, nicht einen Fußbreit besaß (Vers 19). Erst bei Sichem und nachdem er wieder im Lande ist, baut er einen Altar; der Name des Altars deutet die Segnung Israels an, aber nicht den Namen des Gottes der Verheißung. Er nennt den Altar: „Gott, der Gott Israels" (Kap. 33. 20). Die Dankbarkeit erkennt wohl die Segnungen, welche Jakob empfangen hat, aber der Gott, der ihn segnet, ist noch nicht geoffenbart.

Alsdann finden wir Verderbnis und Gewalttätigkeit in seiner Familie (Kap. 34). Der Zorn seiner grausamen und gottlosen Söhne treibt ihn aus seiner falschen Ruhe, die nicht in Gott gewurzelt war; allein die Treue Gottes bewahrt ihn aufs neue. Jakob hatte bis jetzt noch nicht an den Ort gedacht, woselbst Gott ihm bei seiner Abreise die Verheißung gegeben, und woselbst Jakob versprochen hatte anzubeten, wenn er durch die Hilfe Gottes zurückgekehrt sei. Gott selbst beruft ihn jetzt dorthin, indem Er zu ihm sagt: „Mache dich auf, und ziehe hinauf nach Bethel und wohne daselbst, und mache daselbst einen Altar dem Gott, der dir erschienen ist, als du flohst vor deinem Bruder Esau" (Kap. 35, 1). Gott, der ihn bewahrt, geleitet und gezüchtigt, hatte ihn vorbereitet in Seine Gemeinschaft einzutreten. Vorher aber musste er fein falsches Heim, das ohne Gott war, aufgeben. Er sollte in Bethel, dem Hause Gottes wohnen und daselbst dem Gott, der Sich ihm zuerst geoffenbart hatte, einen Altar bauen. Wir sehen hier die sofortige Wirkung der Gegenwart Gottes, die er trotz allen seinen Erfahrungen bis jetzt noch nicht kennen gelernt hatte. Der Gedanke an diese Gegenwart erinnert ihn alsbald an die falschen Götter, die noch unter seinem Hausgerät sich befanden. Diese falschen Götter waren die Folgen seiner Verbindung mit der Welt; Rahel hatte sie früher aus Furcht vor Laban in den Kamelsattel gelegt. Jakob wusste wohl, dass sie da waren, denn er sprach zu seinem Hause und zu allen, die bei ihm waren: „Tut hinweg die fremden Götter, die in eurer Mitte sind, und reiniget euch, und wechselt eure Kleider; und wir wollen uns aufmachen und hinaufziehen nach Bethel, und ich werde daselbst einen Altar machen dem Gott, der mir geantwortet hat am Tage meiner Drangsal und mit mir gewesen ist auf dem Wege, den ich gewandelt bin. Und sie gaben Jakob alle fremden Götter, die in ihrer Hand, und die Ringe die in ihren Ohren waren, und Jakob vergrub sie unter der Terebinthe, die bei Sichern ist (Kap. 35, 2—4). Der Gedanke an die Gegenwart Gottes erinnerte ihn an die fremden Götter, und erweckt in seiner Seele das Bewusstsein, dass die Götter, die Gegenstände der Huldigung dieser Welt, unmöglich mit dem treuen Gott zusammen behalten werden können. Nichts anderes kann dieses Bewusstsein erwecken; alle Erfahrungen können nicht die Wirkung haben, welche die Gegenwart Gottes in einer Seele hervorbringt. Solche Erfahrungen sind nützlich, um uns zu demütigen, und sind ein Mittel, um uns von uns selbst los zu machen; doch kann nur das Licht der Gegenwart Gottes unsere tiefsten und wohlbekannten, obgleich verborgenen Götzenbilder in uns verurteilen lassen, und uns von ihnen reinigen. Abraham waren sowohl die Götzenbilder, als auch die Erfahrungen Jakobs fremd.

Die Furcht Gottes herrschte jetzt über die Feinde Jakobs, sodass die sie ihn trotz der mörderischen Gewalttätigkeit seiner Söhne nicht verfolgten (Kap. 35, 5). Jetzt konnte sich Gott dem Jakob offenbaren, und, wenngleich dieser gelähmt blieb, ging alles vor sich, als wenn er vorher nicht eine einzige Erfahrung gemacht hatte. Jakob war nun in Bethel angelangt, von wo er abgereist war. Hier baut er dem Gott, der ihm die Verheißungen gegeben hatte, und ihm immer treu gewesen war, einen Altar. Der Name seines Altars erinnert uns nicht mehr an den gesegneten Jakob, sondern an Den, welcher segnet und an dessen Wohnung. Es heißt nicht: Altar Gottes, des Gottes Israels, sondern: Altar des Gottes von Bethel, d. h. des Hauses Gottes (Kap. 35, 7). Gott redet jetzt mit Jakob, ohne im Geringsten seine früheren Erfahrungen zu erwähnen. Jene waren nötig, um Jakob zu züchtigen, und um ihn von sich selbst zu entleeren, weil er untreu gewesen war. Gott selbst erschien ihm jetzt, und zwar ungebeten. Wir lesen im 9. Verse: „Und Gott erschien dem Jakob wiederum, als er aus Paddan-Aram kam, und segnete ihn." Er gibt ihm auch den Namen „Israel", als wenn Er ihm denselben niemals gegeben hätte, und offenbart ihm Seinen Namen, ohne dass Jakob ihn darum gebeten hätte. Er unterhält sich mit ihm, wie früher mit Abraham. Er erneuert und befestigt ihm die Verheißungen, Wenigstens die, welche sich auf Israel beziehen, und, nachdem Er Seine Mitteilungen beendet hatte, „fuhr er auf von ihm; denn er hatte ihn besucht" (Kap. 35, 13).

Jakob war also nach einer Reihe von Erfahrungen zu dem Orte zurückgekommen, wo er Gemeinschaft mit Gott haben konnte, zu der Stellung, in welcher sich Abraham durch die Gnade Gottes beinahe stets erhielt. Jakob dient uns als Warnung, Abraham dagegen als Vorbild. Jener hat wohl den Herrn durch Seine Gnade aufs Neue gefunden; aber er hat nicht die zahlreichen und so segensreichen Erfahrungen gemacht wie dieser, er bittet auch nicht für andere. Das Höchste, was Jakob erlangt hat, ist der Ausgangspunkt Abrahams, die Wohnstätte seiner Seele. Dies war sozusagen der gewöhnliche Zustand, worin er mit Gott lebte. „Und Abraham verschied und starb in gutem Alter, alt und der Tage satt, und ward versammelt zu feinen Völkern." Jakob aber sagt: „Wenig und böse waren die Tage meiner Lebensjahre, und sie haben nicht erreicht die Tage der Lebensjahre meiner Väter in den Tagen ihrer Fremdlingsschaft" (1. Mose 25, 8; 47, 9).

Unser Vorrecht ist es, zu wandeln wie Abraham gewandelt hat; unsere Zuflucht, dass, wenn wir untreu find („denn Gott ist treu, der nicht zulassen wird, dass wir über unser Vermögen versucht werden“), Gott treu bleibt und uns am Ende aus aller Gefahr herausführen wird. Möge Gott uns Gnade geben, dass wir uns in Seiner Nähe aufhalten, dass wir mit Ihm wandeln, und dass unsere Erfahrungen uns dahin führen mögen, in Seiner Liebe und in Seiner Natur zu wachsen (Kol. 1, 9—12).


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