JND- Die letzten Worte Davids


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2. Sam. 22. 23, 1-7.

Die zwei Gesänge Davids, welche uns in diesen Kapiteln aufbewahrt worden sind, — sein Lied, als der Kamps mit all seinen Feinden zu Ende war und der Herr ihn errettet hatte aus ihren Händen und aus der Hand Sauls, und sein Lied, als er am Ende seiner eignen Laufbahn stand — beide hier unter der Leitung des Geistes Gottes zusammengestellt — bilden einen merkwürdigen Gegensatz zueinander.

Wenn David, am Ende seiner Prüfungen angelangt, zurückschaut auf seine Bedränger, über die er den Sieg erlangt hat, so weiß er von nichts als Freude und Triumph zu singen. Nachdem er aber die Verheißungen Gottes erlangt und genossen, hören wir ihn sagen: „Mein Haus ist nicht also bei Gott." Das Ende all seiner Trübsale durch die Hand Sauls ist jubelnde Freude, Kraft in seinem Gott. — „Mich umfingen die Wogen des Todes, die Ströme Belials erschreckten mich; die Bande des Scheols umringten mich, es ereilten mich die Fallstricke des Todes." Aber diese tiefen Übungen, so bitter für die Natur, haben ihn die herrliche Errettung Gottes erfahren lassen, während er bekennen muss, nachdem ihm Gott wirklich den Platz der Ehre und Segnung gegeben, der ihm verheißen war: „Mein Haus ist nicht so bei Gott." Wohl war er nicht ohne Trost, daran sein Herz sich halten konnte: „Er hat mir doch einen ewigen Bund gesetzt, geordnet in allem und verwahrt." Dessen getröstete er sich, indem er vorwärts schaute auf den „Morgen ohne Wolken", dessen Glanz einst auch über ihm aufgehen würde; aber was seine Segnungen hienieden betraf, so musste er an ihrem Ende sagen: „Mein Haus ist nicht so bei Gott."

Diese Gegensätze lassen uns den Segen der Trübsale erkennen und lehren uns, nicht zu wünschen, nur um jeden Preis schnell ans derselben herauszukommen. Denn wie mit David, so ist es auch mit uns. Wir haben sehr zu wachen, wenn Gott uns Segnungen und Erfolg irgendwelcher Art schenkt. Schwierige Umstände, die uns darniederhalten, treiben uns zu Ihm hin und bringen in der Erfahrung Seiner großen Güte nur Freude und Lob hervor, während die Wirkung günstiger Umstände, die uns emporheben, oft nur Betrübnis ist. Wie oft ist es vorgekommen, dass ein Gläubiger, unter dem Druck der Umstände und im Bewusstsein seiner Schwäche, sich ganz auf Gott geworfen fühlte, der sein Schreien hörte und ihm half, ihn segnete, ihn wohl auch rechtfertigte und ihm die Achtung anderer und vielleicht einen gesegneten Einfluss über sie schenkte. Aber dann stand, zufrieden mit dem, was er erlangt hatte, das Gefühl der eignen Schwäche verlor sich und damit auch die Abhängigkeit von Gott, durch die allein uns und anderen durch uns Segen zufließen kann, und er wurde ein vergleichsweise unnützes Glied in der Versammlung Gottes. O möchte es doch den Wunsch in uns Hervorrufen, hienieden mit dem Herrn Jesu zu leiden. Sein Pfad für uns ist, näher und näher zu Ihm und dem Vater hinzukommen, indem wir stets weniger von den Dingen hienieden erwarten und begehren.

Es sind also drei Dinge, welche uns in diesen Kapiteln besonders entgegentreten, und eines davon ist wohl geeignet, uns als ernste Warnung zu dienen.

Erstens, das Resultat all der Drangsale Davids durch die Hand Sauls.

Zweitens, die Folge seiner Erhöhung auf den Thron und des Genusses all der irdischen Segnungen, mit denen er umgeben war.

Und endlich, die Freude, mit welcher der Sänger Israels, am Ende seines Weges stehend, vorwärts schaute auf den „Morgen ohne Wolken", der da kommen sollte.

Lasst uns vor allem die Warnung zu Herzen nehmen und ernstlich wachen gegen die schlimmen Wirkungen, welche ein Erfolg irgendwelcher Art nur zu leicht auf unsre schwachen Herzen ausübt. Aber lasst uns zugleich auch aufschauen zu Ihm, in welchem uns alle Segnungen sicher und verwahrt sind, und vorwärts auf den herrlichen Tag Seines Kommens, der sie uns vollkommen und auf immer bringen wird.

Es ist von tiefem Interesse für uns, in der Geschichte Davids, wie die Psalmen sic uns geben, die äußeren und inneren Erfahrungen, die Gefühle, die Beziehungen zu Gott zu finden, welche die Wirkungen des Geistes Christi in ihm waren, und durch die er zu einem Vorbild seines Sohnes und Herrn wurde.

Der erste dieser Gesänge enthält eine Anspielung auf die ganze Geschichte Israels und der Wege Gottes mit diesem Volke, deren moralische Bedeutung David durch seine eignen Erfahrungen erkennen gelernt hatte. Wir finden darin alle die wechselvollen Szenen und Umstände, die Drangsale und Triumphe, durch welche hindurch er geführt wurde, um endlich als Haupt der Nationen auf dem Thron seines eigenen, unter ihm so gesegneten Volkes zu sitzen.

In Kap. 23 haben wir die „letzten Worte Davids." Und hier erfahren wir, wo, inmitten des tiefen Bewusstseins seines Fehlens, sein Auge und sein Herz ruhte. Er trauerte über fein Haus, dessen Beziehungen zu Gott nicht die seinigen waren, aber seines Herzens Trost und Erwartung war der „Morgen ohne Wolken" und Der, welcher ihn einführte, der Herrscher in Gottesfurcht, in dem die Herrlichkeit Gottes sich entfalten sollte. Auch für die Söhne Belials würde Er kommen und in Seinem Gericht sie wegwerfen, „wie Dornen, die man wegwirft." In das tiefe Gefühl des kommenden Verfalls mischt sich die freudige Zuversicht der Unwandelbarkeit der Verheißungen Gottes, welche Ja und Amen sein sollten ü? dem Gesalbten, dem Sprössling seines Hauses.

Lasst uns auch, Geliebte, wenn alles, was wir um uns her und in uns selbst sehen, uns manchen Seufzer auspresst, suchen, durch die Kraft des Geistes Gottes uns darüber zu erheben und uns Christi zu freuen, und der Hoffnung, die wir in Ihm haben, aber zugleich auch einzutreten in die Gemeinschaft Seiner Leiden, während wir hienieden noch auf dem Wege sind.

Sehen wir nun ein wenig, was David war, bis zur Zeit seiner Erhöhung. Wie in manchen anderen, so war es auch in seinem Falle das in den Augen der Menschen Aussichtslose, Verachtete, was Gott erwählte. Denken wir an Sarah, an Rebekka, an Zacharias und Elisabeth. Auch hier bei David waren die Dinge gar nicht natürlichen Gedanken entsprechend. Von Saul heißt es, dass kein Mann unter den Kindern Israel schöner war als er, „von seiner Schulter an aufwärts war er höher als alles Volk", ein vollkommenes Bild natürlicher Kraft. Aber wen erwählt Jehova hier? Den Jüngsten aus seines Vaters Haus, einen Knaben, der „das Kleinvieh hütet."

Samuel geht, von Gott gesandt, nach Bethlehem, um aus den Söhnen Isais einen König zu salben an Sauls statt. (1. Sam. 16, 8.) Sieben gehen an ihm vorüber, aber keinen derselben hat der Herr erwählt. „Sind das die Knaben alle?" fragt er. „Noch ist der Jüngste übrig" wird ihm zur Antwort, „und siehe, er hütet das Kleinvieh." Und als David geholt ward und vor Samuel trat, da bezeichnet ihn der Geist Jehovas als den Gesalbten des Herrn. Was in Isais Augen groß war, wurde von Gott beiseitegelassen. Seine sieben Söhne waren ansehnliche Männer, aber es war der Jüngste, der die Schafe hütete, der am wenigsten Geachtete, den Gott vorzog und für sich erwählte.

Von da an wich der Geist Gottes von Saul und ein böser Geist ängstigte ihn. David, als des Lautenspiels kundig, wird vor ihn gebracht, aber von anderen jedenfalls wenig beachtet, denn als Saul nach Davids Sieg über den Philister Abner frägt, wer dieser junge Mann sei, kann er es ihm nicht sagen. Und auch seine Brüder fragen ihn verächtlich, warum er hinabgekommen und wem er jene wenigen Schafe überlassen habe in der Wüste.

Aber was finden wir bei David selbst? Ein tiefes Bewusstsein davon, dass die Kraft Gottes mit ihm sei und ein völliges sich selbst Vergessen in den Schwierigkeiten, welchen er auf dem Wege der Pflicht begegnet.

Ein Löwe und ein Bär fallen die Herde an, die ihm von seinem Vater übergeben worden, und weil es darum seine Sache ist, dieselbe zu schützen, wirft er sich ohne Furcht sowohl dem Löwen als dem Bären entgegen und erschlägt sie. Er tut diese Heldentaten einfach, weil die Pflicht ihn dazu leitet und er bei deren Erfüllung sich nicht um Schwierigkeiten kümmern darf.

Wir sehen in diesem Davids Glauben. Der Glaube hat Gott und die Pflicht gegen Ihn im Auge, und das macht für ihn alles einfach. Lass ein Kind einen schweren Stein zu heben versuchen, es kostet ihm große Anstrengung. Rufe einen starken Mann, und er ist ihm wie nichts. So zählt der Glaube auf die Kraft Gottes, anstatt sich irgendwie auf sich selbst zu stützen, und tut einfach im Aufblick zu Ihm das, was er auf seinem Wege zu tun findet. David hatte das getan und war sich bewusst geworden, dass in der Kraft Gottes alles überwunden werden könne. Er hatte in der Zurückgezogenheit das Geheimnis, sie zu gebrauchen, gelernt, und war so auf das vorbereitet worden, was der Herr ihm später zu tun geben wollte.

Die Regierung Sauls ist immer noch gewissermaßen von Segen begleitet, denn wir lesen, dass, wo er sich hinwandte, da setzte er seine Feinde in Furcht. Obwohl böse, seine eigene Ehre suchend und als König verworfen, lässt der Herr Seinem Volke doch immer noch durch ihn Segen zufließen, aber Sein Auge ruhte schon auf David, Seinem Auserwählten.

Die Philister sind wieder versammelt, um gegen Israel zu streiten (s. Kap. 17). David geht, gesandt von seinem Vater, zum Feldlager mit Mundvorrat für seine Brüder, und hört dort des Philisters höhnende Herausforderung. Der Jüngling, der in aller Einfachheit, auf dem Wege treuer Pflichterfüllung, da wo keines Menschen Auge ihn sah, erfahren hatte, wie treu der Gott Israels sei, ist erstaunt, dass das Volk Gottes sich Hör Goliath fürchtet. Er fragt: „Wer ist dieser Philister, dieser Unbeschnittene, dass er die Schlachtreihen des lebendigen Gottes höhnen sollte?" Wie konnten sie sich fürchten, und wenn er auch noch so mächtig war, mit dem lebendigen Gott auf ihrer Seite? Seine Brüder schieben seinem Kommen falsche Beweggründe unter, aber er geht einfach vorwärts, mit Gott und in Seiner Kraft. Ob er als Hirte, dessen Sache es war, die Schafe zu schützen, den Löwen oder den Bären erschlagen musste, oder ob er jetzt diesem Philister entgegentrat — war es nicht einerlei? Er hatte in seinen früheren Taten nichts Besonderes erblickt, hatte sie nicht erzählt und sich ihrer nicht gerühmt, bis jetzt, wo es nötig und nützlich ist, „und dieser Philister, dieser Unbeschnittene, soll sein wie einer von ihnen, weil er die Schlachtreihen des lebendigen Gottes gehöhnt hat." Und so geht er vorwärts in der Kraft des Glaubens. Er erwartet nicht Hilfe von den Israeliten hinter ihm — er lehnt die ihm angebotene Rüstung Sauls ab — er macht sich keine Gedanken über den Speer, der so dick ist wie ein Weberbaum — die Frage ist für ihn nur: Sollte dieser Philister den Gott Israels höhnen dürfen? und er sagt zu ihm: „An diesem Tage wird dich Jehova in meine Hand überliefern." Er weiß, in was für Beziehungen Israel zu Gott steht und handelt im Glauben darnach. Und ob er auch allein den Kampf unternehmen muss, so ist er sich doch tief bewusst: „der Streit ist Jehovas" und um Seine Ehre handelt es sich heute in Israel, und darum kann „dieser Philister" nicht obsiegen. Mit der Schleuder und dem Stein aus dem Bach erschlägt er ihn und haut ihm mit seinem eigenen Schwerte den Kopf ab, wie es von dem Herrn Jesus gesagt ist, dass „Er durch den Tod zunichtemachte den, der die Macht des Todes hatte."

Davids Herz verließ sich auf die Treue und Macht Gottes, die er kennen gelernt hatte, auf die er fortan in allen Umständen vertraute. Der Glaube ist immer durch dieses gekennzeichnet, Gott ist ihm alles, die Umstände nichts. Ob es ein Löwe oder ein Bär oder ein Philister sei, den es zu überwinden gilt, macht wenig aus. Gottes Kraft, die man im Verborgenen brauchen gelernt hat, bleibt immer dieselbe und ist genug für alle Umstünde. Gott ist fein großer, alles andere beherrschender Gegenstand.

Nach diesem singen sie im Reigen: „Saul hat feine Tausende geschlagen und David seine Zehntausende." Dadurch wird David der Gegenstand des Hasses seines Herrn. „Und Saul sah scheel auf David von selbigem Tage an und hinfort."

Und nun beginnt für David bald eine Zeit voll bittrer Prüfungen und Gefahren; aber wie lieblich ist es, zu sehen, welchen Weg er inmitten derselben ging. Umringt von mächtigen Feinden, ist er sich nur tief seiner Schwäche und Ohnmacht bewusst und hat nie einen Gedanken daran, sich selbst zu rächen. Er tut keinen Schritt, ohne Gott zu fragen, außer in einem Fall, wo die Züchtigung dafür dann auch nicht ausblieb. Alles ist gegen ihn, listige Feinde verfolgen seine Bewegungen und er hat es mit einer Macht zu tun, die er nicht beseitigen kann noch darf. Saul trachtet bald nach seinem Leben (1. Sam. 18, 10. 11), aber David anerkennt durch alles hindurch, dass die Macht des Königs, so ungerecht dieser sie auch gebraucht, ihm doch von oben gegeben sei, und dass seine Person nicht angetastet werden dürfe. Dadurch ist er gezwungen, sich fest an den Herrn zu klammern, um für alles, was er tut. Seine Weisung und Leitung zu haben.

Gerade so ist es auch jetzt mit den Gläubigen, welche oft deutlich genug die feindliche Macht fühlen müssen, die ihnen entgegensteht, ohne dass sie sie aus dem Wege schaffen können. Es bleibt uns nur eines übrig, nämlich im Gefühl unsrer völligen Schwäche unsre Zuflucht in allen Dingen zum Herrn zu nehmen, bei jedem Schritt unseres Weges von Ihm abhängig zu sein.

Die Feindschaft Sauls war zuletzt zum vollen Ausbruch gekommen und hatte David aus seiner Nähe getrieben. Er entflieht in die Höhle Adullam (1. Sam. 22) und sammelt dort, flüchtig und verworfen, aber dadurch zugleich auch getrennt von dem, worüber das Gericht Gottes bald kommen sollte, seine tapferen Männer um sich. So bitter für die Natur, so heilsam und fördernd ist diese Wendung der Dinge für die Übung seines Glaubens. Er lernt auf den Herrn allein warten. „In meiner Bedrängnis rief ich zu Jehova, und ich rief zu meinem Gott."

Welch ein Bild wird uns im Anfang dieses Kapitels von Davids Stellung entworfen! „Jeder Bedrängte und jeder, der einen Gläubiger hatte, und jeder, der erbitterten Gemütes war", sammelte sich zu David. Aber bei diesen Elenden unter dem Volke finden wir den Propheten Gottes, den Priester Gottes und den Gesalbten Gottes. Alles, was in wirklicher Verbindung mit Gott stand und von Ihm anerkannt wurde, befand sich dort").

Begleiten wir David weiter auf seinem Wege. Überall zeigt er sich uns als den, der in der Abhängigkeit von Gott verharrt, der sich nicht selber rächen will, sondern voll Gnade handelt gegen Saul, wenn er ihn in seiner Gewalt hat. (Kapitel 24 und 25.) Aber er stützt sich so von Augenblick zu Augenblick auf die Kraft Gottes, dass er trotz des Bewusstseins seiner Schwäche, trotz des niederdrückenden Gefühls seiner Lage, in der Gegenwart Sauls bei aller Demut doch stets den Hähern Standpunkt einnehmen kann. Gerade wie Jakob, der selbst bei der Erinnerung an die kummervollen bösen Tage seiner Wallfahrt dennoch Pharao segnen konnte. Er, ein alter, schwacher Mann, ist sich in Gegenwart der Macht und Herrlichkeit dieser Welt doch tief seiner Verbindung mit Gott und der hohen, unabhängigen Stellung bewusst, welche ihm dieselbe der Welt gegenüber verleiht. Und bei allem Bekenntnis seiner Schwachheit nimmt er diese Stellung ein, wie der Glaube es immer tut, denn „der Geringere wird von dem Bessern gesegnet."

David musste, Sauls wegen, ein elendes, kummervolles Leben führen, aber als Abisai zu ihm sagt: „Gott hat heute deinen Feind in deine Hand überliefert", da antwortet er: „Jehova lasse es ferne von mir sein, meine Hand auszustrecken gegen den Gesalbten Jehovas." Und auch zu Saul spricht er: „Jehova richte zwischen mir Und dir, und Jehova räche mich an dir; aber meine Hand soll nicht gegen dich sein ... Er sehe zu und führe

meine Streitsache und verschaffe mir Recht von deiner Hand." Wie ähnlich ist er hier dem Herrn Jesu, der Böses mit Gutem vergalt und „sich dem anheimstellte, der da recht richtet."

Und dies zu tun, solange sie noch hienieden inmitten ihrer Feinde sich befindet, ist die Versammlung Christi berufen. Wenn wir nur Gottes Ehre suchen, so werden wir auch nicht stark in Versuchung kommen, uns selbst zu rechtfertigen. Wir mögen wohl bitten, um der Ehre der Wahrheit willen —- „gelästert, bitten wir" — aber nie hochmütig für uns selbst aufstehen. „Wenn ihr ausharret", sagt Petrus, „indem ihr Gutes tut und leidet, dies ist wohlgefällig vor Gott." (1. Petrus 2, 20.) Das kann freilich nur der Glaube annehmen und tun; nur er vermag über die Dinge hinweg zu gehen und sie Gott anheim zu stellen, weil er vorwärts schaut auf den „Morgen ohne Wolken," wann der erscheint, der dann alles in Ordnung bringen wird. Dann werden wir überreich entschädigt werden für irgendetwas, das wir, Gutes tuend, hier litten, denn Er selbst wird ja unser Teil sein! Jetzt gilt es Ihm nachzuahmen, Gutes zu tun und dafür zu leiden, wenn es so der Wille Gottes ist; aber wir haben diesen Trost dabei: „es ist wohlgefällig bei Gott."

Zuletzt (Kap. 28) befindet sich Saul in der traurigen, schrecklichen Lage, dass der Herr von ihm gewichen ist. Er sieht feinen Untergang sich nahen und er muss erliegen, ohne dass der Herr ihm antwortet, weder durch Träume, noch durch die Urim, noch durch Propheten. Alles hat ihn verlassen und die Hand des Herrn ist mit dem Manne, den er verfolgt hatte.

Dann fällt Saul, es fällt Jonathan, und David nimmt das Königreich an sich.

Aber wie verschieden von dem Vorhergehenden ist manches, das wir von jetzt ab an ihm sehen, wie verändert sein Benehmen in mancher Hinsicht.

„Ich wohne in einem Hause von Ledern", sagt er, „und die Lade des Bundes Jehovas wohnt unter - Teppichen." Und er nimmt sich vor, den Tempel zu bauen, ohne ein Wort von Gott darüber zu haben. Die Sache selbst war gut, aber doch fehlt ihm hierin das Verständnis für die Gedanken des Herrn, weil er Ihn nicht darüber gefragt, noch auf Ihn gewartet hat. Die unmittelbare Abhängigkeit vom Herrn, die ihn früher gekennzeichnet hat, ist einem gewissen Selbstvertrauen gewichen, einer gewissen Sicherheit und Trägheit, welcher nur zu bald die Tatsünden des Ehebruchs mit Bathseba und des Mordes an Uria folgen. Und später fehlt er wiederum im Vertrauen gegen den Herrn, indem er das Volk zählen lässt.

Die Antwort auf seinen tiefen Fall ist das Wort des Herrn durch den Propheten, dass das Schwert nimmer von Davids Hause weichen sollte. David erkennt seine Sünde, demütigt sich vor dem Herrn und erhält Vergebung derselben, aber er trägt die Folgen davon — das Schwert weicht nie mehr von seinem Hause.

So sehen wir ihn z. B. beim Heraufbringen der Bundeslade zuerst die Philister — die Welt — nachahmte, anstatt die Verordnung des Herrn zu beobachten.

So zeigt uns dieser letztere Teil der Geschichte Davids, welche Wirkung selbst die Segnungen erfüllter Verheißungen, ja selbst die Resultate unsers eigenen Glaubens auf uns haben können, wenn wir infolgedessen dem Fleische nachgeben und unsere Waffen ablegen. Nicht dass David, wie Saul, im Fleische begann und im Fleische endigte, und für sich und seine Familie keinen Segen vom Herrn davontrug; im Gegenteil haben wir in ihm ein höchst liebliches Bild des Glaubens, der Demut und Gnade, bis zu der Zeit, da er König ward. Ja der Herr hatte gesagt: „Ich habe David gesunden, einen Mann, der nach meinem Herzen ist." Nicht dass sein Benehmen immer so war, aber auf ihm selbst ruhte Gottes Blick mit Wohlgefallen, weil er in einfachem Glauben auf Ihn schaute und in manchen Beziehungen Seine Gnade offenbarte, und so durfte er auch reichen und ewig dauernden Segen vom Herrn empfangen.

Aber lasst uns lernen aus feiner Geschichte und möge sie uns zugleich zur Warnung dienen. Wenn ein David zu schwach war, die Segnungen erfüllter Verheißungen und die Belohnung seines Glaubens und seiner Treue zu ertragen, wie haben wir nötig, zu wachen und zu beten! O wohl uns, dass die Gnade Gottes immer da ist, uns zurecht zu weisen und -wiederherzustellen. Wie kostbar ist es, ihre Wirksamkeit bei David zu sehen, wie sie ihn zur Reue und Demütigung vor seinem Gott bringt. Sie wirkt auch in uns die Gesinnung, die allein unsre Sicherheit ist, die Gesinnung, die, wie Phil. 2 sagt, „in Christus Jesu war", die uns bereit macht, hinunter, hinunter, hinunterzugehen, uns immer zu demütigen. Demütig, hatte David als König ebenso sehr den Segen und die Hilfe des Herrn, wie zur Zeit, da er von Saul verfolgt war, wie ein Rebhuhn auf den Bergen.

In Davids „letzten Worten" drückt sich, wie wir gesehen haben, das tiefe Bewusstsein aus, dass sein Haus nicht den Gedanken Gottes entspreche; aber sein Herz richtet sich daran auf: „Er hat mir doch einen ewigen Bund gesetzt, geordnet in allem und verwahrt; denn dies ist all meine Rettung und all mein Begehr, obwohl er es nicht sprossen lässt."

Und wo findet die Versammlung Christi ihren Trost und Halt und ihre Freude, wenn sie auf das Verderben blickt, das in ihrer Mitte ist? Gibt es ein Herz, in dem der Heilige Geist wohnt, das nicht niedergebeugt ist im Blick daraus, wie wenig wir den Gedanken des Herrn entsprechen als das Haus des wahren David, der als Sohn über dasselbe gesetzt ist? Ja es mag uns wohl Trauer und Schmerz erfüllen, wenn wir an Ihn denken, und an den Preis, den Er bezahlt hat, um uns zu Mitbürgern der Heiligen und Hausgenossen Gottes zu machen. Aber wiederum ist Er auch unser Trost, in dessen Person einst Davids Haus verherrlicht werden wird inmitten der Nation, die jetzt „weithin geschleppt und gerupft" ist; und wir werden eins mit Ihm sein in Seiner Herrlichkeit als dem Haupt Seines Leibes, der Versammlung. Auch wir können- von einem Bund reden „geordnet in allein und verwahrt", dem Ratschluss Gottes, den Er vor Grundlegung der Welt in sich gefasst hat.

Nur dass dieser sichere Grund, auf dem wir stehen, nicht etwa die Wirkung habe, uns gleichgültig zu machen über den Verfall, den wir überall in der Versammlung sehen, und über die Unehre, die dadurch auf Christus und Sein Haus fällt. Wenn David dies bei seinem Hause tief fühlte, obwohl dessen ewige Segnung ihm gewiss war, sollte es bei uns nicht ebenso sehr der Fall sein? Sollte uns nicht mächtig das Gefühl beherrschen, dass es unser Erstes und Letztes sein sollte, Seine Ehre zu suchen, an einem Orte, wo Ihm so viel Unehre angetan wird? Und dies besonders, weil es uns geoffenbart ist, dass unsre Segnung und Verherrlichung so innig mit Ihm verknüpft und in Ihm uns fest und sicher sind bis auf jenen Tag, da Er in Herrlichkeit erscheinen wird und wir mit Ihm? Wie schrecklich wäre eine gleichgültige Gesinnung in dieser Hinsicht, hervorgerufen und unterstützt durch den Gedanken, dass wir ja nichts zu riskieren haben; gleich schrecklich, wenn auch nicht so greifbar böse wie ein Wandel, bei welchem die Gnade Gottes zum Deckmantel der Bosheit gemacht wird.

Aber wie nötig haben es unsere Seelen in der Tat und wie herrlich ist es, auf etwas Sicheres sich stützen zu können. Zu wissen, dass das, was vor uns liegt, das Kommen des Herrn ist und Segnungen, die uns nicht entrissen werden können, das ist's, was unsere Herzen wahrhaft erfreut und auch einen großen praktischen Wert für unseren Wandel hat. Denn bei wem findet man unter den Menschen am ehesten Liebe und warme Gefühle? Nicht bei demjenigen, der ein Heim und einen Kreis hat, wo solche in Tätigkeit sind? Und so ist es für uns als Gläubige höchst wichtig, dass wir einen solchen Ort haben und darin daheim seien, wo unsere Herzen ruhen und immer wieder erfüllt werden können mit dem, was gut und rein und heilig ist, mit Gott selbst, der in Seiner Liebe sich uns mitteilen und uns zeigen wollte, was Er ist. O möchte unser Wandel dort sein, wo unsere Segnungen uns aufbewahrt sind, deren Mittelpunkt und Quelle Gott ist.

Die Zeit wird kommen, wo Seine Gedanken und Ratschlüsse auch vor der Welt offenbar werden, an dem Tage, da alle Dinge dem Herrn Jesu unterworfen sein werden und Er über sie regieren wird als der Gerechte, „der Herrscher in Gottesfurcht", wenn die Macht des Bösen beseitigt sein wird und die, in denen sie gewirkt hat, „wie Dornen, die man wegwirft."

Gottes Ratschluss wird dann auch hierin erfüllt sein, dass der Mensch Haupt und Mittelpunkt und Spender- all Seiner Segnungen sein wird in der Person des Herrn Jesu Christi. In jeder Haushaltung, die Gott wieder mit bestimmten Segnungen einführte, hat der Mensch immer wieder gesündigt und ist fehlgegangen, und er wird wieder von Gott abweichen, selbst nachdem er Seine geoffenbarte Herrlichkeit gesehen hat. Aber es ist Einer, auf den Sein Herz sich verlassen kann, der wahre Melchisedek, der König der Gerechtigkeit und des Friedens, der durch Seine Erscheinung vom Himmel die Fülle des Segens einführen wird. Schon jetzt besitzen wir ein Leben, das vom Himmel ist, aber es macht uns seufzen über all die Verwirrung und Sünde, inmitten deren wir uns befinden. Dann jedoch wird ein Zustand herrschen, der unserm himmlischen Leben völlig entspricht, weil er Gott und Seinen Segensgedanken für die Menschen entspricht.

Alles wird dann seinen Platz einnehmen gemäß seiner Beziehung zu dem Herrn Jesu Christus, und die Versammlung, als Seine Braut, wird dann in dieser Stellung mit Ihm offenbar werden.

Israel seinerseits desgleichen. Es wird dann als Nation vereinigt sein unter dem gerechten Herrscher, dem „Herrscher in Gottesfurcht. Und" er wird sein wie das Licht des "Morgens, wenn die Sonne aufgeht, ein Morgen ohne Wolken: von ihrem Glanze nach dem Regen sprosst das Grün aus der Erde." „Siehe, Tage kommen", spricht Jehova, „da ich dem David einen gerechten Spross erwecken werde; und er wird als König regieren und verständig handeln, und Recht und Gerechtigkeit üben im Lande. In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in Sicherheit wohnen; und dies wird Sein Name sein, womit man Ihn nennen wird: Jehova, unsre Gerechtigkeit." (Jer. 23, 5. 6.) Und wenn Er herrscht, so werden wir mitherrschen, als die verbunden mit Ihm, wie das Weib mit dem Manne, an Seiner Herrlichkeit teilhaben. Er ist „das Haupt Seines Leibes, der Versammlung", wir „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt."

Und so auch die Heiden, für die Israel der Mittelpunkt des Segens auf Erden sein wird, denn „auf Ihn werden die Nationen hoffen." „Und es wird geschehen an jenem Tage: der Wurzelspross Jsais, welcher dasteht als Panier der Völker, nach Ihm werden die Nationen fragen und Sein Ruhort wird Herrlichkeit sein." (Jes. 11, 10.) „Und in Ihm wird man sich segnen; alle Nationen werden Ihn glücklich preisen." (Ps. 72, 17.)

Und endlich sind „alle Dinge durch Ihn und für Ihn geschaffen", und als „treuer Schöpfer" wird Er auch dieses unendliche Gebiet wieder völlig mit sich in Einklang bringen, und dadurch die Gewalt völlig offenbaren, die Ihm jetzt schon gegeben ist.

„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden", sagt er, jetzt aber „sehen wir Ihm noch nicht alles unterworfen."

Was uns betrifft, so wird die Erwartung dieser herrlichen Segnungen aus Erden doch stets in den Hintergrund gedrängt durch die Erwartung der Offenbarung Seiner selbst, durch den sie kommen werden. Und bis die Macht des Bösen beiseite gesetzt sein wird, werden wir, im Verhältnis zu der Wirksamkeit des Geistes in uns, uns beschwert fühlen und seufzen; sollen wir dies aber auf die rechte Art, als Heilige tun, so darf es seinen Grund nicht in unsrer eignen Sünde oder in unseren unheiligen Verbindungen haben, sondern in der Gleichgesinntheit mit dem Herrn Jesu, der sich deshalb in dieser Welt beschwert fühlte, weil Er für Gott abgesondert und in Seinen Zuneigungen rein und heilig war. Je mehr dies bei dem Heiligen vorhanden, desto mehr ist er den Angriffen Satans ausgesetzt — desto mehr auch wird er die „Männer Belials" gegen sich haben, die der Hand der Gnade und ihrem sanften Zuge gegenstehen. Sie sind „allesamt wie Dornen, die man wegwirst, denn mit der Hand ergreift man sie nicht. Und der Mann, der sie anrührt, versieht sich mit Eisen und Speeresschaft; und mit Feuer werden sie gänzlich verbrannt an ihrer - Stätte." Auch unter dem Weizen ist Unkraut ausgewachsen, und da wir berufen sind, in allem gemäß der Gnade zu handeln, können wir es nicht aus dem Felde schaffen; wir können es aber auch nicht in Weizen verwandeln. Man muss es stehen lassen „bis zur Ernte", wo es „in Bündel gebunden" und verbrannt werden wird.

David trug sich nicht mit dem Gedanken, sein Haus wieder herzustellen, nachdem es von dem Wege Gottes abgewichen und dieser Sein Urteil über dasselbe gesprochen hatte. Er fühlte, dass er dafür die Zeit erwarten müsse, wo Gott selbst in dem „gerechten Spross" alles wieder in Ordnung bringen werde. Und ähnlich ist es auch jetzt mit uns, die wir zurückschauen können auf alle die Zeugen, die sich Gott erwählt hat, und sehen, wie sie alle gefehlt haben; und es ist von dem Menschen auch nichts anderes zu erwarten. Paulus hatte es erfahren, als er schrieb: „es stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich .... Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich." (2. Tim. 4, 16. 17.) Er ist unsre Hilfsquelle, der Mittelpunkt alles Segens für uns, und der «lebendige Glaube versteht es, daraus zu schöpfen. Er erwartet nicht eine neue Ausgießung des Heiligen Geistes, weil wir so schwach und untreu geworden sind, sondern hält Gottes Wort fest und zählt auf Seine Treue trotz unsrer Untreue. „Wenn wir untreu sind, Er bleibt treu. Er kann sich selbst nicht verleugnen." Aber es ist gut, wenn wir nicht nur so sprechen, sondern auch wirklich leben in den herrlichen Dingen, die Er uns gegeben und die in Seinem Herzen für uns sind. Denn es hat „kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und ist in keines Menschen Herz gekommen, was Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben; uns aber hat es Gott geoffenbart durch Seinen Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes." (1. Kor. 2, 9.10.) Dieser Geist nimmt von den Dingen Christi und verkündigt sie uns, und durch Ihn vermögen wir auch etwas zu verstehen von der Herrlichkeit, in welcher Er wiederkommen und allen offenbar werden wird. O wie viel Freude, Ruhe und Trost gibt es uns, mit diesen Dingen beschäftigt zu sein, denn Er, der im Himmel und auf Erden ihr Mittelpunkt ist, ist der Gegenstand der Zuneigungen, welche der Heilige Geist in der Seele geschaffen hat und Seine Herrlichkeit ist ihre Wonne und Befriedigung.

O möge alles dies seinen praktischen Einfluss auf unsre Herzen und Gewissen nicht verfehlen, sondern in uns die Früchte hervorbringen, die sich im ersten Teil seiner Geschichte so lieblich bei David zeigen. Einfalt des Herzens und Treue gegen den Herrn wird uns über kurz oder lang von Verbindungen lösen, die damit unvereinbar sind und uns vielleicht in eine Höhle Adullam führen, wo wir erfahren können, was es heißt, Gemeinschaft zu haben mit den Leiden Christi; aber wo auch alle die innigen Beziehungen zu Gott erweckt und entwickelt und Seine Liebe und die Gemeinschaft mit Ihm genossen werden, wie es Davids Teil war. Und nicht nur dies, sondern wie oft umgab ihn auch sein Gott mit Rettungsjubel gerade zu jener Zeit, als er im Vorbild noch dem verworfenen König Israels gleich war.

Möge der Herr diese Einfalt des Herzens in uns bewirken und geben, dass wir die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden kennen.


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