JND- Was ist der Tod?


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Für den Ungläubigen könnte nichts schrecklicher sein als der Tod. Er wird mit Recht' und auch in Übereinstimmung mit der Schrift „der König der Schrecken" genannt, denn er ist der gerichtliche Abschluss des Seins des ersten Adam. Und dann heißt es: „danach aber das Gericht" (Hebr. 9, 28). Nicht nur aber im Blick auf das äußere, leibliche Leben des Menschen ist der Tod etwas Schreckliches; nein, er ist es noch weit mehr, wenn wir ihn in Verbindung mit der 'sittlichen Natur, dem inneren Leben des Menschen betrachten. Alles das, worin er sein Heim gefunden, was seine Gedanken, ja, sein ganzes Sein beschäftigt, kommt zu einem Abschluss, zu einem Ende für immer. „Sein Geist geht aus, er kehrt wieder zu seiner Erde; an selbigem Tage gehen seine Pläne zu Grunde" (Ps. 146, 4). Der Mensch sieht in dem Tode das Ende seiner Hoffnungen und Erwartungen, seiner Gedanken und Pläne. Die Quelle von allen versiegt; er kann auf nichts mehr rechnen. Der geschäftige Schauplatz, auf welchem sein Leben sich abspielte, kennt ihn nicht mehr. EP selbst versagt und verschwindet. Niemand steht noch in Beziehung zu ihm, als zu dem Schauplatz dieser Welt gehörend. Seine Natur ist zusammengebrochen, ohnmächtig geworden in ihrem Gegenstand gegen diesen Herrn und 'Gebieter, dem sie unterworfen ist, und der erbarmungslos seine Rechte geltend macht.

Aber so ernst das ist, ist es doch bei weitem noch nicht alles. Der Mensch, als in dieser Welt lebend betrachtet, versinkt allerdings in das Nichts. Aber warum? Die Sünde ist in die Welt gekommen, und mit der Sünde das Gewissen, mit der Sünde Satans Macht, ja, noch mehr, mit der Sünde auch Gottes Gericht. Der Tod ist der Ausdruck, der Zeuge von allen diesen Dingen. Er ist der Lohn der Sünde, ein Schrecken für das Gewissen; er ist Satans Macht über den Menschen, denn der Teufel hat die Macht des Todes (Hebr. 2, 14). Kann Gott hier helfen? Ach, der Tod ist ja Gottes Gericht über die Sünde. Gerade er scheint der Beweis zu sein, dass die Sünde nicht unbeachtet und ungestraft bleiben kann. Er ist, als der Zeuge des Gerichts Gottes, erst recht eine Geißel des Gewissens und zugleich der Beweis der Schuld des Sünders angesichts des kommenden Gerichts, gleichsam der Gerichtsbeamte, der den verurteilten Missetäter abführt. Er ist das Siegel, welches dem Fall, dem Verderben und der Verurteilung des ersten Menschen aufgedrückt ist. Und der unwiedergeborene Mensch besitzt nichts als seine alte, von Adam ererbte, gefallene Natur. Er kann nicht vor Gott bestehen. „Tod" ist auf ihn geschrieben, denn er ist ein Sünder und kann sich selbst nicht erretten. Er ist überdies schuldig und schon dem Gericht verfallen. Nun aber ist Christus gekommen. Er ist in den Tod, in unseren Tod hinabgestiegen, Er, der Fürst des Lebens. Wunderbare Wahrheit! Und was ist die Folge davon? Was ist der Tod jetzt für den, der an Ihn glaubt? Lasst uns miteinander diese herrliche Dazwischenkunft Gottes zu unseren Gunsten und ihre Kraft und Bedeutung ein wenig zu ergründen suchen.

Wir haben gesehen, dass der Tod die Schwachheit des Menschen, die Auflösung seines Ichs, die Macht Satans, das Gericht Gottes und der Sold der Sünde ist. Aber alles das steht in Verbindung mit dem ersten Adam, dessen Teil, eben der Sünde wegen, Tod und Gericht ist. Auch haben wir den doppelten Charakter des Todes gesehen, wie er einerseits den Zusammenbruch des Lebens oder der Lebenskraft im Menschen bedeutet, und andererseits das Gericht Gottes bezeugt, ja, den Menschen demselben entgegenführt (Hebr. 9, 27). Nun, Christus ist für uns zur Sünde gemacht worden; Er hat sich dem Tode unterzogen und ist durch ihn hindurchgegangen in diesem seinem Charakter als Satans Macht und Gottes Gericht. Dem Tode mit seinen Ursachen, in jedem seiner Charakter, ist Christus begegnet.

Das Gericht Gottes ist voll und ganz von Jesu getragen worden, ehe der Tag des Gerichts kommt. Er ist durch den Tod als Sold der Sünde hindurchgegangen. So hat der Tod, als eine Ursache des Schreckens für die Seele, völlig und in jedem Sinne seine Macht für den Glauben verloren. Es mag sein, dass ein Gläubiger durch den Tod geht, dass er stirbt, aber notwendig ist das gerade nicht mehr. Christus hat die Macht des Todes so völlig gebrochen, dass der Apostel an die gläubigen Korinther schreiben konnte: „Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden" (1. Kor. 15, 51). So auch in seinem zweiten Briefe: „Wir, die in der Hütte sind, seufzen beschwert, wiewohl wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben" (2. Kor. 5, 4). So groß und herrlich wird sich die Macht des Lebens in Christus erweisen.

Aber der Tod ist nicht nur für den Glauben beseitigt, nein, er ist auch „unser", wie uns derselbe Apostel sagt (1. Kor. 3, 22). Indem unser hochgelobter Herr für uns in den Tod ging, sind gerade Tod und Gericht uns zum Heil geworden. Die Sünde, deren Lohn der Tod war, ist durch den Tod hinweggetan, das Gericht ist für uns getragen worden. Der Tod hat deshalb keine Schrecken mehr für unsere Seele. Er ist nicht ein Zeichen des Zornes, sondern der gesegnetste und völligste Beweis der Liebe, weil Christus für uns in ihn eintrat. Von der ganzen Macht des Gesetzes, die gegen uns war, sind wir auch durch den Tod befreit, denn das Gesetz herrscht nur über den Menschen, solange er lebt; in Christus sind wir aber dem Gesetz gestorben. Gott ist, vermittelst des Todes, der Sünde und dem Gericht begegnet. Mit einem Wort, indem Christus, der Sündlose, in Gleichheit des Fleisches der Sünde und für die Sünde auf diese Erde kam, wurde unser ganzer Zustand, wie er in dem ersten Adam war, behandelt, und zwar so, dass Christus sich allen seinen Folgen in gerechter Weise unterzogen hat; und nun sind durch den Tod, der alte Mensch, die Macht Satans, die Sünde, das Gericht, ja, selbst die Sterblichkeit — kurz, alle die Dinge, die mit dem alten (oder sündigen) Menschen verbunden sind — für den Glauben vorüber und auf immer abgetan. Wir leben vor Gott jetzt in dem Auferstandenen, welcher alles das, was dem Alten angehörte, für uns erduldet hat. Gott hat sich in Christus mit dem alten Menschen, samt allen seinen Früchten und Folgen für uns, beschäftigt, und der Tod hat uns von allem befreit, was zu dem alten Menschen gehörte und seiner wartete.

Zunächst sind Verdammnis und Gericht gänzlich vorüber; die Seele ist vor Gott annehmlich gemacht. Das schreckliche Urteil, das über uns hing, ist an einem anderen vollzogen worden, so dass wir entsprechend der Gerechtigkeit Gottes, jetzt von demselben befreit sind. Die Fluten, welche die Ägypter verschlangen, standen wie eine Mauer zur Rechten und Linken von Israel und bildeten so den Pfad des Entrinnens für das Volk aus Ägypten. Das war die „Rettung Jehovas"; Ägypten und seine Knechtschaft lagen für immer hinter ihnen. Der Tod bedeutet auch für uns Befreiung und Rettung.

Zweitens sind die, welche des Christus sind, in der Kraft Seiner Auferstehung lebendig gemacht. Er selbst ist ihr Leben geworden. Sie können, wenn ich mich so ausdrücken darf, das Leben des alten Menschen setzt wohl entbehren, denn sie besitzen das des neuen. Aber Er, der als der Auferstandene jetzt ihr Leben ist, ging durch den Tod, und die Seinigen haben das Recht und werden aufgefordert, sich der Sünde für tot zu halten, Gott aber lebend in Christus Jesu (Röm. 6, 10. '11).

Gewinn ist in jeder Weise der Tod für uns nur, wenn die Wünsche und Neigungen des neuen Menschen bei uns wirklich vorhanden sind. Ja, welch eine Befreiung und Kraft bringt er uns dann! Der „alte", sündige, stets hindernde und belästigende Mensch ist für den Glauben gestorben (Röm. 6, 6). In ihm war ich, als verantwortliches Geschöpf, verloren und unfähig, Gott zu begegnen. „Als", sagt der Apostel, „wir im Fleische waren, wirkten die Leidenschaften der Sünden, die durch das Gesetz sind, in unseren Gliedern, um dem Tode Frucht zu bringen" (Röm. 7, 5). Doch in Röm. 8, 9 lesen wir: „Ihr aber seid nicht im Fleische, sondern im Geiste, wenn anders Gottes Geist in euch wohnt." Das Fleisch ist nicht mehr unser Standort vor Gott. Die Berufenen Jesu Christi haben sich in ihm als verloren und verderbt erkannt. Es war die Stellung des ersten Adam vor Gott, und sie befanden sich einst darin. Das Gesetz sprach Tod und Gericht darüber aus. Aber diese sind nicht mehr im Fleische, sondern im Geiste, nicht mehr in Adam, sondern in Christus.

So sagt auch der Apostel im Blick auf Satzungen: „Wenn ihr mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerfet ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt?" (Kol. 2, 20). Wir nehmen nicht mehr die Stellung von in der Welt Lebenden ein, sondern sind mit Christus gestorben. Darum ist auch alles, was uns dazu helfen kann, dies in unserem praktischen Leben zu verwirklichen, wie Trübsale, Leiden, Schmerzen, nur Gewinn für uns. Es macht unser Gestorbensein mit Christus zu einer Wahrheit und Wirklichkeit und befreit uns so praktisch von dem alten Menschen. Ja, „in jeder Hinsicht ist darin das Leben meines Geistes" (Jes. 38, 16). Mein Geist wird auf diese Weise mehr und mehr gelöst und befreit von den verfinsternden und tötenden Einflüssen des alten Menschen. Diese Leiden und Zerbrechungen des eigenen Lebens sind in geistlichem Sinne die Einzelheiten des Todes. Aber des Todes wessen? Des Todes des alten Menschen. Es ist also alles Gewinn.

Wenn nun drittens der Tod tatsächlich an einen Gläubigen herantritt, was ist es, das da stirbt? Nur das, was sterblich ist, was dem alten Menschen angehört. Könnte das neue Auferstehungsleben sterben? Nein, dieses Leben ist ja in Christus durch den Tod gegangen. Es kann nicht sterben; es ist Christus selbst. Beim Heimgang des Gläubigen lässt es einfach den Tod dahinten; es verlässt das, was sterblich ist. Der Gläubige selbst ist ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem Herrn. Das Leben aus Gott war bis dahin äußerlich mit dem Sterblichen verbunden; nach dem Tode aber ist das nicht mehr der Fall. Wohl erwartet der wahre Glaube einen größeren Triumph, nämlich „überkleidet" zu werden; doch das ist lediglich eine Frage der Macht Gottes. Der alte Mensch kann, Gott sei Dank, nie wieder vor Ihm aufleben (Röm. 6, 6), und Gott wird unsere sterblichen Leiber wegen Seines in uns wohnenden Geistes lebendig machen. Das Leben Christi wird sich in einem verklärten Leibe offenbaren. Wir werden dem Bilde des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern (Röm. 8, 29). Das ist alles die Frucht der Macht Gottes. Doch mittlerweile ist der Tod stets Befreiung; denn da wir ein neues Leben besitzen, so werden wir durch den Tod nur von dem alten Menschen befreit, der sich uns immer wieder hindernd und hemmend in den Weg stellen will. Wir gehen hin, um bei Christus zu sein. Wie lieblich und erquickend ist dieser Gedanke! Haben wir einmal diesen Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Menschen verstanden, sowie die Wirklichkeit des neuen Lebens, das wir in Christus besitzen, so wird der Tod des alten lediglich als ein wahrer und wirklicher Gewinn von uns erkannt und erfunden werden. Wohl ist Gottes Zeit ohne Zweifel stets die beste; denn Er allein weiß, welches Maß von Erziehung und Übung nötig ist, um unsere Seelen für Ihn zu bilden. Es kann also sein, dass Er uns erhält, um die ganze Macht jenes Lebens in Christus kennen zu lernen, so dass das Sterbliche verschlungen wird von dem Leben, und wir den Tod überhaupt nicht sehen. Doch wenn der Tod das Aufhören des alten Menschen bedeutet, so ist er auch das Aufhören der Sünde, der Hindernisse und Prüfungen. Wir sind fertig mit dem alten Menschen, in welchem wir vor Gott schuldig waren, ja, wir haben in gerechter Weise mit ihm abgeschlossen, weil Christus für uns gestorben ist, und wir sind für immer fertig mit ihm, weil wir in der Kraft des neuen Menschen leben. Das ist der Tod für den Gläubigen. „Abzuscheiden und bei Christus zu sein, ist weit besser/" Betrachten wir den Tod als Gericht, so hat Christus ihn für uns erduldet; denken wir an die Macht der Sünde, so erkennen wir, dass wir gerade in diesem Tode der Sünde gestorben sind; und handelt es sich um das tatsächliche Sterben, so ist der Tod für uns die Befreiung von der Sterblichkeit selbst, um bei Christus zu sein in dem neuen Menschen, der Ihn genießt.

Leben wir hienieden, um dem Herrn zu dienen, so lohnt es sich, den Schmerz dieser Welt auf unserem Herzen zu tragen; dieser Schmerz ist dennoch nicht weniger Schmerz, wie groß und herrlich die Segnung auch immer sein mag, die uns in demselben tröstet. Für uns ist das Leben Christus, und das Sterben Gewinn; denn genau genommen, ist es nur der alte Mensch, der stirbt. Selbstverständlich setzt dieses den Besitz des Lebens aus Gott voraus; und wenn es sich um unser praktisches Leben handelt, so muss das Herz mit anderen Dingen erfüllt sein als mit dem, worin der alte Mensch sein Leben hat.


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