F Lavington: Meine kostbare Narde- Das Haus wurde von dem Geruch der Salbe erfüllt


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Wenn es eine Sache gibt, die man sich für sich selbst und für alle geliebten Kinder Gottes mehr als alles andere wünscht, dann ist es jene Beständigkeit der Zuneigung zur Person des Herrn Jesus Christus, unseres kostbaren Erlösers, die in dem Wort "Hingabe" enthalten ist.

Indem Er das mächtige Erlösungswerk vollbracht hat, das Gott verherrlicht und unsere Seelen gerettet hat, hat der gepriesene Herr einen ganz besonderen Anspruch auf Sein erlöstes Volk erworben; und wir können in Wahrheit sagen, dass Er die unsäglichen Leiden von Golgatha ertragen hat, nicht nur, damit wir vor dem Abstieg in die Grube bewahrt werden, sondern damit Er selbst zum beherrschenden und höchsten Objekt unserer erneuerten Zuneigung wird. Diese gesegnete und glückliche Antwort wird sicher ungehindert an dem ewigen Tag erfolgen, der uns jenseits dieses Schattens des Todes erwartet; in der Offenbarung, wenn die Tür des Himmels geöffnet wird (Kap. 4) und sich die ganze Szene vor dem Blick des geliebten Jüngers ausbreitet, wird die Tatsache dargestellt, dass das Lamm trotz des ihm eingeräumten äußeren Platzes in der abschließenden Epoche der Christenheit (Offb 3,20) der höchste Gegenstand der himmlischen Anbetung und Freude ist.

Aber das, wofür Sein Herz heute besonders dankbar ist, ist, dass Er in der Zeit Seines „Königtum[s] und dem Ausharren in Jesu" für uns das leitende Motiv unseres Lebens sein sollte; und wenn unsere Seelen etwas von Seiner Würdigkeit und Seiner Herrlichkeit erfahren haben, wenn unsere Augen nur auf jenem Antlitz ruhen, von dem das Licht der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes ausgeht (2. Korinther 4), dann ist es nicht schwer, alles als Verlust zu betrachten. "Die Herrlichkeit jenes Lichtes" (Apg 22,11) erfüllt den Blick unserer Seele, die Augen unseres Herzens, so wie sie es bei dem Apostel Paulus tat. Möge Gott diese Tatsache einem jeden von uns deutlicher offenbaren.

Die Stimme der Geliebten des Königs im „Lied der Lieder" drückt diese Verbundenheit mit Seiner Person und die Freude an Seiner Gegenwart aus, wenn sie in Sein Gemach geführt wird (Lied der Lieder 1,4) und Ihn an Seinem Tisch betrachtet, während ihr Duft ihren Dank und ihre Anbetung in dankbarem Wohlgeruch ausstößt (V. 12). Sie mag viel von ihrer eigenen Trägheit und Unwürdigkeit zu entdecken haben, aber Seine treue Liebe triumphiert am Ende, und Er wird der Höchste unter Zehntausenden (Kap. 5,10), während sie das wundersame Geheimnis lernt: "Ich bin meines Geliebten und nach mir ist sein Verlangen" (Kap. 7,11). Die Liebe, die große Wasser nicht auszulöschen vermögen und Ströme nicht zu überfluten (Spr 8,7), hat jedes Hindernis überwunden.

Johannes 12 enthält die bekannte Szene im Haus von Bethanien, wo der himmlische Fremdling, der bald aus dieser Welt scheiden und zum Vater gehen wird, im Kreise Seiner Herzensliebe zu Tische liegt. Es war sechs Tage vor dem Passahfest, an dem das Blut jenes Lammes, das Gott ersehen hatte (1. Mose 22,8; Johannes 1,29) - jenes kostbare Blut -, vergossen werden sollte, und das Grab, das sich für Lazarus geöffnet hatte, sollte sich für den Sohn Gottes schließen. Mit welcher Freude empfingen diese beiden hingebungsvollen Schwestern ihren Bruder von den Toten wieder, und welche Gefühle der Dankbarkeit und des Dankes erfüllten die wiedervereinigte Familie, als ihr Herr und Meister, der ihren Kummer ertragen und vertrieben hatte, in ihre Mitte kam, um ihre Freude zu teilen! Es ist nicht mehr der König an Seinem eigenen Tisch, sondern der König in bescheidener Gestalt, ein Fremdling in der Schöpfung Seiner eigenen Hände, der herabgestiegen ist, um der Mann der Schmerzen zu sein und in vollkommener Gnade am Tisch derer Platz zu nehmen, die in Trauer waren, auf dass Er das Vertrauen ihrer Herzen gewinnen möge.

Wie gesegnet fruchtbar sein Herabsteigen ist, zeigte sich im Folgenden; denn angesichts der Freude des Lazarus, des Dienstes der Martha, des Interesses der Jünger und der Begehrlichkeit des Judas wird ein Herz in seinen tiefsten Tiefen bewegt. Für Maria überwältigte der Gedanke, dass derjenige, den sie zu lieben und zu verehren gelernt hatte, in den Tod gehen würde, ihr ganzes Inneres. Welchen Wert hatten selbst die zartesten Bande der Erde oder ihre kostbarsten Gegenstände, wenn Er, der Herr von allem, die Auferstehung und das Leben, nur ein Grab finden sollte. Für sie schlossen sich die irdischen Hoffnungen mit dem Tod Jesu für immer, und sie weihte Ihm, jenen gesegneten Füßen, ihr kostbares Salböl; denn alles verlor seinen Wert in der Wertschätzung eines Herzens, das wusste, dass Christus zu den Toten gezählt werden würde. Um zu sehen, wie weit die Einsicht der anderen von ihrem Verständnis für den Augenblick entfernt war, braucht man nur den selbstsüchtigen Einwand des Judas zu lesen (in den leider auch die Elf verfielen - vgl. Mt 26,8), und die göttliche Billigung und Rechtfertigung des Herrn selbst. "Erlaube ihr, es auf den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben" (Joh 12,7), ist der Beweis dafür, dass Jesus die Tat wohl verstanden hat, auch wenn sie von allen missverstanden werden sollte. Kein Wunder, dass das ganze Haus mit dem Geruch des Salböls erfüllt war, denn Maria hatte "das gute Teil" gewählt, die Selbstverleugnung, die bereit sein konnte, dass alles, was sie hienieden für wertvoll hielt, mit ihm ins Grab hinabsteigen sollte.

Das ist die schöne Frucht, die die Liebe Jesu zu ihrer Zeit in dieser unfruchtbaren Welt aus Herzen wie dem unseren hervorbringt. So zeigt sich die "erste Liebe" des Heiligen, die um ihres Herrn und Meisters willen bis in den Tod gehen würde (Joh 13,37). Doch wie sehr müssen wir auf einem solchen Weg der Hingabe von Seiner Kraft unterstützt werden, sonst verlieren wir unsere erste Liebe, wie es in Ephesus geschah (Offb 2,4); oder wir lernen wie Petrus durch traurige und bittere Erfahrung, dass unsere Liebe schnell abkühlt, wenn wir nicht von einer Kraft angetrieben werden, die stärker ist als die natürliche Zuneigung, und wir werden Christus zutiefst entehren. Aber Gott sei Dank, Er bewahrt die Schritte Seiner Heiligen (1. Sam. 2,9; Spr. 2,8) und kann uns vor dem Straucheln bewahren (Judas 24). Durch Seine Fürsprache in der Höhe und die Waschung unserer Füße auf dem Weg ist unser gnädiger Hoher Priester in der Lage, unsere erneuerte Zuneigung zu Seiner Person zu erhalten und die Frische und Blüte der "ersten Liebe" zu bewahren.

Bei keinem Seiner Heiligen zeigt sich diese Kraft mehr als bei dem Apostel Paulus, als er aus seinem römischen Kerker an seine geliebten Philipper schreibt, er sei nun "wie Paulus, der Alte". Fast dreißig Jahre waren vergangen, seit die "Herrlichkeit jenes Lichtes" seiner Seele einen Erlöser offenbart hatte, Jahre unablässiger Mühsal und Leiden und "außer dem, was ausergewöhnlich ist ... die Sorge um alle Versammlungen" (2 Kor 11,23-28). Doch nun, am Ende seines Weges angekommen, wird er von den Menschen und den Versammlungen, die er so sehr liebte, getrennt; und der ergebene Diener erfährt um diese Zeit, dass ganz Asien sich von ihm abgewandt hatte, und selbst unter denen, die ihm Freude und Erquickung gewesen waren, schämten sich einige seiner Kette als "Gefangener des Herrn" (2. Tim. 1,15, 16; Eph. 4,1). Doch in seinem Brief an die Philipper finden wir keine eitlen Vorwürfe, kein Bedauern. Er hat den Preis berechnet, und in Kapitel 3 sagt der alte Mann, während er sich daran erinnert, was er so lange zuvor getan hatte (V. 7): "Aber was irgend mir Gewinn war, habe ich um Christi willen für Verlust geachtet". Er geht die Liste dessen durch, worauf er stolz war - nicht auf schlechte Dinge, sondern auf Dinge, die das Fleisch rühmen konnte und die dadurch noch attraktiver wurden, dass sie zwar zu einer Haushaltung gehörten, die vergangen war, aber von Gott selbst stammten; Paulus kannte ihren Wert, er hatte ihre Macht gespürt, aber er hatte Christus so sehr kennengelernt, dass seine Seele jetzt nicht mehr zurückschreckt. „Ja, wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe“ (V. 8) Ich sehe ihn vor mir, wie er mit seinem Kästchen voller Narde in der Hand alles, was ihm lieb und teuer war, dem verherrlichten Herrn weiht. Alles war mit ihm ins Grab hinabgestiegen, und der Wunsch seiner Seele ist nun, dass er "auf irgend eine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten" (V. 11), zu einem Platz mit Christus in einer todesfreien Szene der Herrlichkeit. Und wenn dieser Gefangene in der Opfergabe, die durch Epaphroditus geschickt wurde, "einen duftenden Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig" finden konnte, können wir sagen, dass diese Gefängniszelle für das Herz Christi "mit dem Geruch der Salbe erfüllt" war.

Möge der Herr uns lehren, was diese Hingabe ist, die Ihm alles als einen vernüftigen Dienst weiht (Röm 12,1).


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